Nightcrawler - Kritik & Analyse

24.11.2014 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Filmanalyse zu Nightcrawler
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Unser Filmanalytiker beschäftigt sich diese Woche mit Nightcrawler von Dan Gilroy und erklärt, was diesen Film so besonders macht.

Vielleicht ist Regisseur Dan Gilroy der Bertolt Brecht von Hollywood, zumindest sein Debütfilm Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis kann es mit Brechts Dramen – besonders mit der „Heiligen Johanna der Schlachthöfe" – aufnehmen. Nach The Wolf of Wall Street, Margin Call und Killing Them Softly läuft nun erneut ein kapitalismuskritischer Film in den Kinos, der es in sich hat. Nightcrawler geht sogar noch einen erheblichen Schritt weiter und macht an einem prägnanten Beispiel fest, wie der Kapitalismus funktioniert und warum er letztlich tödlich ist. So klar, bestechend und furios inszeniert gab es das noch nie und man sollte sich davor hüten, das Werk als einen Film über einen Psychopathen zu verstehen.

Auch ist dies keine beißende Mediensatire, wie viele Kritiker meinten, sondern in erster Linie geht es Dan Gilroy darum, zu zeigen, wie Angebot und Nachfrage unser ganzes Leben bestimmen. Jake Gyllenhaal, einer der besten Schauspieler seiner Generation, ist ein Künstler der Verwandlung: Er spielt die amoralische Figur Lou mit einer eiskalten Abgründigkeit. Doch wir haben es hier nicht mit einem psychologisch hergeleiteten Charakter zu tun, sondern vielmehr mit der Personifikation des Systems, das wir Kapitalismus nennen. Lou hatte alle Gesetze der Ökonomie aufrichtig studiert, BWL-Online-Kurse absolviert, Ratgeberliteratur konsultiert und sich ganz und gar die Coaching- und Managmentsprache angeeignet, um nun – mit was auch immer – ein erfolgreicher Unternehmer zu werden. Lou ist eine Mischung aus Norman Bates (der selbst kein guter Geschäftsmann war und abgeschnitten von der Autobahn und damit vom Geldstrom ein Motel betrieb) und dem Photographen aus Blow Up (der als kalte Persona schon genügend Amoral für das Geschäft mitbrachte).

Von Alfred Hitchcock und Michelangelo Antonioni ausgehend, überführt Gilroy den Voyeurismus-Diskurs in den Kapitalismus-Diskurs. Ein genialer Einfall und ein genialer Film! Mehr dazu erfahrt ihr im Video.

Wolfgang M. Schmitt jun. analysiert in seinem Videoblog DIE FILMANALYSE mal ideologiekritisch, mal kulturwissenschaftlich und häufig polemisch populäre Filme der Gegenwart und der Vergangenheit.

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