Wir schauen The Walking Dead - Staffel 6, Folge 3

27.10.2015 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
MichonneAMC
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Thank You, die dritte Episode der sechsten Staffel von The Walking Dead, schließt unmittelbar an die Geschehnisse der vorherigen Folgen an. Die Beißer-Herde sorgt weiterhin für Chaos - und viele, viele Menschen müssen sterben.

Rückblickend auf die vergangenen Staffeln von The Walking Dead kann behauptet werden, dass die Serie sich bisher immer Zeit gelassen hat, bevor die Situation eskalierte. Doch diese Ruhe vor dem Sturm scheint mittlerweile keinen Platz mehr in der Zombie-Apokalypse von Robert Kirkman zu haben, schaut man sich drei Episoden der aktuellen Runde an. Mit Thank You erreicht der Story-Arc rund um die gigantische Beißer-Herde ihren bisherigen Höhepunkt.

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Drehbuchautorin Angela Kang verlagert das Geschehen wieder von Alexandria auf die Straße, sprich dorthin, wo die Staffel vor drei Wochen ihren Auftakt fand. Dementsprechend sorgt der Cliffhanger von First Time Again weiterhin für Ärger: Die Beißer-Scharen marschieren geradewegs auf die Safe Zone zu und Rick (Andrew Lincoln) und seiner Gruppe bleibt nichts anderes übrig als zu rennen.

They walk, we run.

Das Opening gestaltet sich dabei wie gewohnt eindrucksvoll. The Walking Dead-Veteran Michael Slovis setzt die Zombie-Action gekonnt in Szene, was vor allem durch die angenehm langen Einstellungen deutlich wird. Im Hintergrund: Das nervenaufreibende Dröhnen der Lastwagenhupe, das kein Durchatmen zulässt und auf schnelles Handeln drängt. Dazu veranstaltet Bear McCreary auf musikalischer Ebene ein pulsierendes Toben und Ricks drastische Ansagen erledigen den Rest, um den größtmöglichen Grad hektischer Anspannung zu erreichen: "If something's in front of you, you kill it. No hiding, no waiting. You keep going." Während Michonne (Danai Jekesai Gurira) und Glenn (Steven Yeun) routiniert nach den Regeln des unerbittlichen Überlebenskampfes spielen, entpuppen sich die Einwohner aus Alexandria als menschliche Stolpersteine. Ungeschickt bahnen sie sich ihren Weg durchs Unterholz und sorgen dabei in erster Linie für ein Déjà-vu nach dem anderen.

Wer Rick in Frage stellt, der stirbt. Diese wie viele andere Konstellationen, die Thank You in den folgenden Minuten definieren, gab es in den jüngsten Wochen zu genüge. Doch Angela Kang ist clever genug, dieser Redundanz auf der Metaebene zu begegnen. "Can I take a look?", fragt Michonne einen der Verwundeten aus Alexandria, der kurz zuvor mit einem lebenden Toten aneinandergeraten ist. "Is it bad?", fragt der Verletzte, während die Kamera für uns Zuschauer eine triefende Bisswunde auf seinen Rücken offenbart. Michonnes Antwort gestaltet sich als einfache wie eindeutige - und gleichzeitig reflektiert The Walking Dead in dieser unscheinbaren Sequenz mit beherztem Augenzwinkern das eigene Konzept: "It's about what you'd expect."

Als die kleine Gruppe von allen Seiten umzingelt wird, flüchtet sie in einen verlassenen Laden. Die Fenster sind mit Brettern vernagelt, nur spärlich fällt Licht in den dunklen Raum. Wieder bahnen sich altbekannte Elemente ihren Weg in die Episode und Heath (Corey Hawkins) mutiert zur Inkarnation aller moralischen Dilemmata, die Rick und Co. längst hinter sich gelassen haben, um zu überleben. Schließlich erhebt Michonne die Stimme und sagt den Alexandrianern, wo es lang geht, als wäre ein Damm gebrochen, der längst hätte brechen müssen.

Have you ever had to kill people because they had already killed your friends and were coming for you next? Have you ever done things that made you feel afraid of yourself afterward? Have you ever been covered in so much blood that you didn't know if it was yours or walkers' or your friends'?

Bäm! Das war mal wieder notwendig, nach all dem ärgerlichen Hin und Her, das Heath und seine Kollegen in den letzten Tagen verursacht haben. Genau an diesem Punkt nimmt Thank You eine unerwartete Wendung und steigert sich in jedem Belang. Angela Kang löst ihr angedeutetes Versprechen ein und erfüllt Erwartungen, indem sie diese gleichzeitig bricht. The Walking Dead zehrte schon immer von der Ungewissheit, dass jede Figur in der nächsten Szene sterben könnte. Zugegebenermaßen hat sich in der Serie aber eine gewisse Routine eingeschlichen, die den Tod als Privileg gesichtsloser Nebenfiguren deklariert. Ausschlaggebend dafür sind die größeren Gruppen (wie aktuell die Menschen der Safe Zone), die dafür gesorgt haben, das sich das Ensemble insgesamt erweitert hat und im Zweifelsfall Statist Nr. 27 ins Gras beißen musste.

In Thank You kämpfen nun jedoch Glenn und Nicholas (Michael Traynor) um ihr Überleben, nachdem sie sich von der anfänglichen Gruppe abgespaltet haben, um die Beißer-Herde mit Feuer und Rauch wegzulocken. Die Kombination ist gleichermaßen vertraut wie vielversprechend. Glenn hat sich unzählige Male als loyaler Runner erwiesen, der überaus fähig ist und weiß, worauf es ankommt. Mit Nicholas verbindet ihn bereits eine lange Kette an - mitunter brenzligen - Auseinandersetzungen. Nicht zuletzt wollte Ricks rechte Hand den Alexandrianer in der fünften Staffel töten, hat sich rechtzeitig aber von seinem Vorhaben abbringen lassen. Nicholas hat seitdem einen Wandel durchgemacht und sich dem omnipräsenten Überlebenskampf angepasst. Der Graben zwischen den einstigen Feinden ist bedeutend kleiner geworden; jetzt müssen sie zusammenhalten, um auch in Zukunft ihre Freundschaft ausbauen zu können.

Nicholas (Michael Traynor) blickt dem Ende entgegen.


Glenn (Steven Yeun) hat das Ende gesehen.

Wie auch der Rest ihrer ursprünglichen Gruppe verirren sich Glenn und Nicholas bei der Flucht in eine Sackgasse. Nur ein Müllcontainer bietet temporäre Sicherheit vor dem Beißer-Meer. Wie Haie umkreisen die Untoten die Unglücklichen, dann schafft Michael Slovis einen Moment für die Ewigkeit. Mit dem Einsetzen einer Zeitlupe verstummen die Hintergrundgeräusche. Obwohl es ein Bild absoluter Verzerrung ist, kann jedes noch so nebensächliche Detail mit unfassbarer Präzision wahrgenommen werden - sei es die rudernde Bewegung modernder Körperteile gen Himmel oder das durchdringende Klacken eines aufeinanderschlagenden Gebisses. Ruhe, Panik, Stille. Mit den titelgebenden Worten der Episode wendet sich Nicholas an Glenn, richtet die Waffe an seinen Kopf und drückt ab. Im Schock versucht Glenn Nicholas' fallenden Körper aufzufangen, wird dabei aber von der Wucht mitgerissen und landet ebenfalls auf dem Boden. Sofort fällt die Beißer-Menge begierig über seine Innereien her und nur Bear McCrearys anschwellende Musik kann dem unfassbaren Verlust Ausdruck verleihen.

Wenngleich mittlerweile unterschiedliche Theorien im Internet die Runde machen, dass Glenn überlebt haben könnte, glaube bzw. hoffe ich, dass sein Tod ein tatsächlicher war. So sehr mir die Figur über die vergangenen Jahre ans Herz gewachsen ist, so eindrücklich haben Angela Kang und Michael Slovis ein Ende für sie gefunden. Auf der einen Seite ist es mit Sicherheit kein Zufall, dass Glenn mit seinem ehemaligen Gegenpart das Zeitliche segnet. Auf der anderen Seite schließt sich in diesem tragischen Augenblick ein sehr schöner Kreis zum Beginn der Serie. Kurz vor seinem Tod haben Glenn und Rick ein letztes Mal Funkkontakt. "Good luck, dumbass", sagt er zu seinem langjährigen Freund - genauso wie sie sich umgekehrt in Guts kennenlernten. Zudem findet sich Rick erneut in einer Situation wieder, in der er in einem Fahrzeug gefangen ist. Trotzdem hat sich etwas gewaltig verändert: Nicht nur, dass an die Stelle des Panzers ein Wohnwagen tritt. Nein, auch die Gefahr, die von außen lauert, wurde erweitert - um den Menschen.

[Nachtrag: Glenns Tod wirkt tatsächlich etwas unvollständig für The Walking Dead-Verhältnisse, besonders wenn man überlegt, dass er eine der absoluten Kernfiguren ist und in der Comic-Vorlage ein gravierenderes Schicksal erfährt. Gleichzeitig finde ich die Nebensächlichkeit seines Ablebens beeindruckend, weil ein solches Ereignis zum Alltag der Zombie-Apokalypse gehört. Nicht jeder Tod einer Hauptfigur muss zwangsläufig mit besonderen Opfern konnotiert sein. Stattdessen wäre es vielleicht sogar wünschenswert, wenn er sich der schlichten wie frustrierenden Willkür dieser Welt anpasst. Was mich aber ärgern würde, sollte Glenn überleben: Bisher wissen nur wir Zuschauer von seinem Tod und sonst keine einzige Figur in der Serie. Sprich: Es wäre nur ein emotionaler Trick auf unsere Kosten ohne tatsächliche Auswirkung auf die eigentliche Geschichte von The Walking Dead. Und das fühlt sich nicht richtig an.]

Ein Meer aus Beißern

Was bisher geschah:

Staffel 6, Folge 1: First Time Again
Staffel 6, Folge 2: JSS

Die sechste Staffel von The Walking Dead läuft in Deutschland beim Pay-TV-Sender FOX .

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