StOrbit - Kommentare

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  • Ihr habt den falschen Link zu "Die Unbestechlichen" drin. Al Capone statt Watergate. Aber auch ein guter Film! :D

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      Zu Ehren des „Dude“, nun mein erster Kommentar auf MP.
      *SPOILER* werden auf keinen Fall nicht vorkommen.

      Er ist arbeitslos, trinkt, kifft, ist faul und unkonventionell. Und doch ist er Kult – der Dude!
      Aber warum?

      Das erste Mal sah ich den Film (Schande über mich) auf meinem Laptop, in einem Nachtbus in Vietnam, auf der Fahrt von Sa Pa nach Hanoi (nein kein Scherz). Krampfhafte Lachanfälle machten mich in jener Nacht schnell zur Hassfigur des ganzen Busses. Mein Kumpel ermahnte mich des Öfteren: „Alter?! Geht’s noch? Wir wollen schlafen! Die Vietnamesen glotzen uns böse an!“ Es war mir scheiß egal! Noch nie hatte mich ein Film so zum Lachen gebracht.

      Komödien haben bei mir generell einen schweren Stand, will ich doch nicht zum Lachen gezwungen werden. Leider ist dies die Realität des gegenwärtigen Kinos. Der Witz wird einem auf dem Silbertablett serviert, sodass ihn auch der letzte Hinterwäldler aus Timbuktu vollends begreifen kann. Masturbierende Affen, unsichere Highschool-Wallflower-Bitches, fluchende Teddybären, betrunkene Superhelden, etc.
      Versteht mich nicht falsch, ich schaue diese Filme auch und werde dabei unterhalten. Und doch fühle ich mich gefangen in einem Einheitsbrei. Grundideen werden nicht ausgereift und es wird kein Wert mehr auf Details, ein gutes Drehbuch „oder inhaltliche Werte gelegt. Das ist die Zukunft – 100% Elektronik“ (besser hätte es Mr. Treehorn nicht sagen können). Kommerz steht auf der Tagesordnung, egal ob ich das Radio einschalte oder in die Glotze schaue. Wo ist nur die Individualität geblieben?
      Ich habe sie in „The Big Lebowski“ für mich (wieder)entdeckt. Da sah ich doch ein Meisterwerk, das total aus der Norm fällt, deren Handlung mit meinem Leben 0,0% gemein hat und doch habe ich mich von einem Film noch nie dermaßen angesprochen und verstanden gefühlt.

      Jeffrey Lebowski ist nicht Jeffrey Lebowski. Er ist der DUDE! Und so sollten Sie ihn auch nennen, ist das klar?! Entweder so, oder seine Dudeheit, oder Duda, oder, oder auch El Duderino, falls Ihnen das mit den Kurznamen nicht so liegt.
      Der Dude ist ein Alt-Hippie, der wohl noch nicht mitbekommen hat, „dass die Revolution vorbei ist und die Penner verloren haben“. Er liebt Creedence Cleerwater Revival (wie auch ich), trinkt und kifft eine Menge (wie auch… ähm egal). Kurz gesagt er ist eben jener Individualist, der ich in gewisser Weise auch gerne wäre. Er gibt einen Dreck auf Gesellschaftliche Normen, wie: den Schönheitswahn in Los Angeles, fingierte Höflichkeit, falsche Freunde oder den Wochentag. Meine Güte, er scheißt sogar auf seinen richtigen Namen. Ich meine er hat ja Recht, oder?! Warum nicht? Warum nicht einfach so sein wie der Dude? Warum nicht immer einfach das tun, worauf man gerade Lust hat?
      Weil es für den Normalsterblichen nicht möglich ist. Zu gut wurden wir doch alle erzogen und in ein System eingegliedert, aus dem wir unmöglich ausbrechen können.

      Das macht ihn zu einem sehr ungewöhnlichen Helden. Ich vermute, das ist der Grund warum sich so viele Junge Leute (mich eingeschlossen) mit dem Dude besser identifizieren können, als mit irgendeinem scheinheiligen Superhelden. Schon verrückt, als Kind habe ich noch im Spider Man Schlafanzug geschlafen und heute hängt ein Poster von dem weltweit faulsten Sack an der Wand. Ein Außenstehender könnte annehmen, dass ich mich zurückentwickle.

      Ich hoffe ich habe nun zur Genüge geschildert, was (zumindest für mich) die Faszination an der unscheinbaren Figur, des Dude, ausmacht.

      Nun zum Film an sich.
      Ich habe ihn bisher mit mehreren Leuten gesehen. Und mir ist aufgefallen, dass jeder an verschiedenen Stellen lachen musste. Der Film ist auf sehr vielen verschiedenen Ebenen komisch, was auch ein Hauptgrund dafür ist, dass er (meiner Meinung nach) ein vollkommenes Meisterwerk ist.
      Keine einzelne Szene ist ein Lückenfüller. Alles ist bis ins kleinste Detail durchdacht. Und überall steckt eine Menge Humor drin, zumindest wenn man ihn entdeckt, versteht und sich auf ihn einlässt.
      Teilweise ist der Coen-Humor so unterschwellig, dass er vielen erst gar nicht auffällt (einer der Gründe, wieso ich mich niemals daran sattsehen kann).
      Nehmen wir die Szene, als der Dude, Walter und Donnie im Auto Burger essen, nachdem Walter die Corvette zerlegt hat. Scheiße verdammt. Ich könnte mich totlachen bei dem Gedanken, dass die drei nach der Aktion noch seelenruhig durch den Drive-In vom In&Out-Burger gefahren sind, der ja ganz in der Nähe von Larrys Haus liegt. Das ist natürlich nur ein Beispiel von vielen.

      Des Weiteren verstehen es die Coens (wie keine Anderen) uns zu zeigen, wie lächerlich unsere Gesellschaft doch noch sein kann (Beispielsweise in der Bestatter-Szene).
      Bereits mit den Charakteren schaffen sie es, eine Karikatur unserer Gesellschaft zu erschaffen.
      Wo man hinschaut nur Extreme: Der extrem faule Sack, der extreme Außenseiter, das extreme (Veteranen)Großmaul, die extreme Feministin, der extreme Butler (wie er im Buche steht), der extreme Geschäftsmann, die extreme Schlampe usw. Alles wird überspitzt. Ich meine das Bowlingass der Stadt heißt Jesus und ist Kinderschänder. Hallo?
      In gewisser Weise ist es doch eine Karikatur. Auf den ersten Blick entsprechen alle Personen einem gewissen Klischee. Die Coens bedienen sich dieser Klischees und erschaffen trotzdem Charaktere, die einprägsamer kaum sein könnten.

      Zu den Charakteren und Schauspielern:
      Die Person des Dude, wurde zur Genüge beschrieben. Bleibt mir nur noch eins: nämlich Jeff Bridges in meinen persönlichen Schauspielerhimmel zu loben! "Ich erwähne das, weil es manchmal auch einen Mann gibt... ich würd' nicht sagen einen Held... aber manchmal da gibts 'nen Mann, das ist der richtige Mann am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Der passt genau da hin. Und so einer war der Dude." – Und Jeff Bridges! Er ist ganz einfach der Dude. Kein anderer Schauspieler hätte das so genial spielen können, da lege ich mich fest! Ich finde das gibt es nicht bei vielen Filmen. Für mich ist es noch Sylvester Stallone als Rocky.
      Aber wenn wir schon beim Schauspielerhimmel sind, dann schicke ich John Goodman und Steve Buscemi einfach hinterher. John Goodman hatte nicht eine Szene, bei der ich nicht gelacht habe. Er spielt Walter so eindringlich gut, dass der Zuschauer irgendwann schon lachen muss, wenn er einmal ganz bodenständig und freundlich ist (Bei Larry an der Türe, als er die Frau begrüßt und „gerne über den kleinen Larry sprechen will“). Man spürt in der Szene förmlich wie er innerlich wie gewohnt brodelt und am liebsten sagen würde: „Halt deine gottverdammte Klappe, wo ist der kleine Bengel? Haben Sie schon mal was von Vietnam gehört, Lady?“ Dieser Mann strahlt einfach etwas aus!

      König der Ausstrahlung, Mimik und Aura ist aber trotzdem Steve Buscemi. Der Mann hatte kaum Text. Und doch war er eigentlich den ganzen Film über zu sehen – und wie! Was er mit Mimik und Ausdruck hinbekommt, ohne ein Wort zu sagen (meistens noch im Hintergrund), schaffen die meisten anderen Hauptdarsteller nicht in 3 Stunden Filmzeit. Zugegeben, das fällt einem erst richtig auf, wenn man „The Big Lebowski“ zum 4. oder 5. Mal schaut. Das schmälert seine Leistung jedoch nicht.
      Julianne Moore darf ich selbstverständlich ebenso wenig vernachlässigen. Diese hat sich extra für den Film einen eigenen Dialekt ausgedacht, um die Figur der ausgefallenen Künstlerin und Feministin ausreichend zu unterstreichen (verliert sich bei der Synchronisation leider). Auch sie spielt stark und sieht nebenbei (vor allem in der „Just Dropped In – Traumsequenz – Szene“) unglaublich gut aus. Daumen hoch!
      Nebenbei können es sich die Coens erlauben, John Turturro nur eine wirkliche Szene im Film zu geben. Trotzdem erinnert sich jeder an eben diese Szene. Da hat man als Schauspieler nicht sehr viel falsch gemacht.
      Klar, auch Philip Seymour Hoffman (in total ungewohnter Rolle), Tara Reid und David Huddleston spielen perfekt, aber ich will meinem Kommentar nicht in epische Längen ziehen. Nachher liest das ja kein Schwein.

      An dieser Stelle könnte ich nun anfangen, meine Lieblingszitate herunterzubeten. Doch für mich ist das ganze fantastische Drehbuch ein einziges Zitat. Ich könnte mich niemals auf einzelne Stellen festlegen.
      Die Coens liefern mit „The Big Lebowski“ ein Meisterwerk ab, das ich trotz meines langen Kommentares niemals angemessen in Worte packen könnte. Ich liebe es!

      PS: Alle die das anders sehen: Shut the fuck up – You’re out of your element!

      Peace Man...

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