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A Beginners Guide To: Cyberpunk

27.04.2017 - 12:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Ghost in the Shell (1995)
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Ghost in the Shell (1995)
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Cyberpunk – was ist das eigentlich und durch welche Werke wurde dieser Begriff geprägt? Von den Anfängen des Genres, den Hintergründen dieser Sci-Fi-Gattung, der Similarität zum Film-noir, den Hintergründen düsterer Dystopie-Welten und der Auswirkung auf unsere Realität und unsere Technologie. Von Science-Fiction-Literatur über Cyberpunk-Filme und -Serien bis hin zu Games und zukünftigen Werken aus dem Filmbereich.
The sky above the port was the color of television, tuned to a dead channel.

- Neuromancer (1984)

Der Begriff "Cyberpunk" setzt sich aus den Begriffen "Kybernetik" (die Wissenschaft von autonomen Steuerungen von Systemen, die sich am Bild von Lebewesen orientiert) und "Punk" (Rebbellisches Verhalten von Autonomen gegenüber dem System) zusammen, ist wahrscheinlich wie kein anderer Begriff mit der "Neuromancer"-Trilogie (1984-1988) von Science-Fiction-Autor William Gibson verbunden und trat Anfang der 80er-Jahre erstmals auf. Durch Gibsons Erstlingswerk wurden später neben anderen Romanen viele weitere Werke beeinflusst; darunter ein Videospiel mit selbem Namen aus dem Jahr 1988, Games wie "Deus Ex" (2000), "System Shock" (1994) und "Syndicate" (1993), Filme wie "Matrix" (1999), "Ghost in the Shell" (1995) und "Vernetzt - Johnny Mnemonic" (1995), sowie ein Pen-&-Paper-Rollenspiel mit dem Titel "Cyberpunk 2020".

Auch wenn Gibson das Genre, die Technologie und das noch heute verwendete Fach-Vokabular durch seine Werke maßgeblich prägte und deshalb von vielen als Pionier des Cyberpunks angesehen wird, bleibt dennoch festzuhalten, dass bereits lange Zeit vorher Elemente und Strukturen in Filmen und der Literatur auftauchten. So orientierte sich Gibson nicht nur an Werken wie "Die Klapperschlange" (1981) von John Carpenter, sondern auch an früheren literarischen Werken, wie zum Beispiel an "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" (1968) seines Fachkollegen Philip K. Dick, welcher nicht nur mit dieser, seiner bekanntesten, sondern mit vielen seiner Publikationen Vorlagen für spätere Cyberpunk-Verfilmungen, darunter "Blade Runner" (1982), "Die totale Erinnerung - Total Recall" (1990), "Minority Report" (2002) und "A Scanner Darkly - Der dunkle Schirm" (2006) lieferte.

Aber was ist Cyberpunk eigentlich genau und worin unterscheidet es sich von anderen Science-Fiction-Werken?

Während in vielen Sci-Fi-Werken das Hauptaugenmerk auf eine (meist durch atomare Katastrophen oder ein Virus hervorgerufene) Post-Apokalypse, die Erschließung von neuen Planeten und den weiten Welten des Kosmos, eine fast schon sterile, fortschrittlich technisierte Umwelt oder auch auf Zeitreisen und deren Auswirkungen gelegt wird, gibt es einige Faktoren im Genre des Cyberpunks, aufgrund derer er sich von anderen Science-Fiction-Werken abhebt. Die Welt ist beispielsweise in den allermeisten Fällen ziemlich düster gezeichnet; Multikonzerne regieren die Welt, Technologie wird für Überwachungs- und Machtzwecke missbraucht, die Entfaltung des Individuums ist ausgeschlossen, viele Menschen leben trotz hochtechnologischer Hilfen in Armut, der Schwarzmarkt boomt und der Staat genießt eine monopolistische Stellung.

In dieser dystopischen Welt sind es so gut wie immer Randgruppen, meist verarmte Menschen oder Außenseiter, welche sich durch die, trotz abertausender Leuchtreklamen beleuchteten, düsteren Metropolen kämpfen. Sehr beliebt sind dabei als Protagonisten Hacker, welche entweder wagen, das System anzugehen, versuchen, sich mit Aufträgen über Wasser zu halten oder in eine Verschwörung geraten. Hierbei spielt der Cyberspace, mit welchem sich die Akteure verbinden, meist mittels im Kopf oder Körper verankerter Implantate oder externer Geräte, wie Cyberpunk-Brillen, oftmals eine sehr große Rolle. Die reale Umwelt ist dabei oftmals durch eine Vermischung der Gegenwart mit futuristischen Elementen, wie fliegenden Autos, innovativen Waffen, der Vermischung von menschlichem Fleisch mit elektronischen Hilfsmitteln und menschenähnlichen Maschinenwesen gekennzeichnet.

Warum ist Cyberpunk dem Film-noir so ähnlich, bzw. welche Elemente lassen sich von dem aus den 40er-Jahren stammenden Genre auf dieses Sci-Fi-Subgenre übertragen?

Dass der Cyberpunk viele Stilelemente des Film-noir aufgreift, ist bereits bei der Sichtung vieler Werke, unter dem Auge des wachsamen und filminteressierten Betrachters, nicht von der Hand zu weisen. So ergeben sich allein schon im Spiel mit Licht und Schatten erste Parallelen. Ebenso die pessimistische Sicht der Akteure auf die Umwelt ist eine weitere Gemeinsamkeit zwischen den Genres. Diese Stimmung unterstützend regnet es zudem auffallend oft, welches die Grundstimmung in vielen Werken in pessimistische Hemisphären hebt.

Neben dem visuellen Stil weist allerdings in den meisten Fällen auch die Story gewisse Parallelen auf; geht es im klassischen Film-noir meist um einen Detektiv, welcher durch sein Handeln versucht, einen Fall aufzuklären oder in zwielichtige Machenschaften hineingezogen wird, ist der Aufbau der Geschichte eines Cyberpunk-Werks meist ähnlich angelegt; oftmals handelt es sich um einen oder mehrere Protagonisten, welche auf investigative Art und Weise durch die Storyline agieren.

Bevor der Ausdruck "Cyberpunk" an Bedeutung gewinnen konnte, sprach man deshalb bei Werken wie "Blade Runner" oder "Terminator" auch von "Tech-noir" – also einem Hybrid von Film-noir (bzw. vom ebenfalls dem klassischen Noir Tribut zollenden Genre "Neo-noir", welches ab den 50ern anfing aufzukeimen) und Science-Fiction – so gesehen eine Hommage an alte Noir-Streifen und Kombination dessen Stils mit futuristischem Setting.

Welche nennenswerten Genres gibt es in der Welt des Cyberpunks und was hat es mit den verschiedenen Sub-Genres auf sich? Die wichtigsten Begriffe:

Proto-Cyberpunk:

Da der Begriff "Cyberpunk" in den 80ern erstmals auftauchte, werden viele Werke, die vorher entstanden, als "Proto-Cyberpunk" bezeichnet, auch wenn viele von diesen Werken bereits Elemente und Visionen des Cyberpunks enthielten.

Cyberpunk:

Der "Cyberpunk" als Genre ist dabei in einer dystopischen Welt angesiedelt, in der Unternehmen die Kontrolle über die Bevölkerung haben und die außer Kontrolle geratene Technologie stetig den Untergang der Menschheit einleitet. Eigentlich kann man sagen, dass der Cyberpunk von den 80er-Jahren handelt; denn in Großstädten standen zu dieser Zeit Gang-Gewalt, das Aufkommen von alternativen politischen Bildern, wie Anarchie und Autonomie der Punks und der boomende Kapitalismus, der die Schere zwischen Arm und Reich immer größer werden ließ, an der Tagesordnung. Die Science-Fiction-Elemente zeigten dabei einfach nur eine Weiterentwicklung bzw. zukünftige Version unserer Welt (mit Ausgangspunkt der 80er).

Post-Cyberpunk:

Und so kann man sagen, dass der "Post-Cyberpunk" die Zeit danach behandelt, in der es zwar dystopische Elemente geben kann, in der Technologie und Gewalt aber größtenteils unter Kontrolle gebracht wurden.

Biopunk:

Beim "Biopunk" werden Themen wie die Genmanipulation und die Biotechnologie behandelt und so beschäftigen sich viele Werke mit der Veränderung der menschlichen DNA und der Mutation des Fleisches, wodurch schon das ein oder andere Monster das Licht des Tages erblickte; beispielsweise durch Viren gezüchtete Zombies oder andere abartige, biologisch veränderte Organismen.

Steampunk:

Dieses Sub-Genre dürfte den meisten bekannt sein: es handelt sich hierbei um einen Hybrid von futuristischen Technologien und Produkten aus dem viktorianischen Zeitalter. Dabei haben die meisten wahrscheinlich ein Bild von Mechaniken, die durch Zahnräder oder Dampf angetrieben werden, im Kopf. Aber auch die eigenwillige Mode und die Faszination für eigenwillige Maschinen-Kreationen sind Punkte, die bis heute viele Anhänger gefunden haben und bis heute die Phantasie von Millionen Tüftlern auf der ganzen Welt anregen.

Neuropunk:

Diesen Begriff scheint niemand zu kennen und wahrscheinlich gibt es ihn offiziell auch gar nicht. Aber der Sinn dahinter ist ein ganz einfacher und logischer: beim "Neuropunk" geht es um den Eingriff in die Gedanken bzw. die Manipulation des menschlichen Gehirns, indem neue Gedanken über kleinste elektronische Einheiten in den Kopf des Menschen eingeschleust werden, um diesen beispielsweise zum Konsum zu bewegen oder eine Gedankenkontrolle zu erreichen.

Hacking:

Dieser Begriff ist wahrscheinlich jedem ein Begriff, solange man nicht entweder noch nie etwas von Computern gehört hat oder hinter dem Mond lebt. Wie bereits erwähnt, gab es den Begriff aber schon, bevor er Popularität durch das Eingreifen von Computerspezialisten in Software erfuhr. Genauso wie "Hardware" und "Software" ist "Hacking" ein Begriff, der durch literarische Werke erst den Einzug in den Sprachgebrauch und die Köpfe der Menschen hielt.

Dreampunk:

Dieses Genre beinhaltet in großen Teilen surrealistische Züge und verbindet eine dystopische Realität mit alchemistischen (eine Vermischung von Chemie und Zauberkünsten bzw. eine Naturphilosophie, welche erstmals im Mittelalter auftauchte) Grundlagen. Wie der Name "Dreampunk" schon sagt, liegt das Hauptaugenmerk auf den Träumen und dem Unterbewusstsein des Menschen, wobei auch hier in vielen Werken die Manipulation von Gedanken und Gefühlen im Vordergrund steht.

Wie beeinflussen uns die Cyberpunk-Werke in unserem Denken und Handeln und was für einen Einfluss hatten und haben diese auf unseren technologischen Fortschritt?

Viele Dinge, die wir heute als Selbstverständlichkeiten ansehen (z.B. die virtuelle Realität, Nanotechnologie, Gentechnik, Roboter etc.) und welche aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken sind, haben ihren Ursprung in literarischen und filmischen Werken.

Das, was uns beispielsweise aus der Neuromancer-Trilogie als Cyberspace bekannt geworden ist, ist heute das Internet, welches in seinen Tiefen den meisten Menschen sogar bis heute verborgen geblieben ist (Stichwort "Darknet") und welches vor knapp 25 Jahren den meisten Menschen (vorwiegend älteren) noch nichts sagte, wie dieser aus heutiger Sicht sehr amüsante Focus-Artikel  aus dem Jahr 1993 beweist. Ohne die Fantasie von Literaten, Künstlern und Filmschaffenden jedenfalls wäre das Internet, wie wir es kennen, mit Sicherheit ein ganz anderes, wenn es selbiges überhaupt ohne diese einstigen Imaginationen der Kulturschaffenden geben würde.

Aber auch andere Dinge, die uns das Leben immer leichter machen sollen, wurden von futuristischen Werken beeinflusst. Man denke nur mal an den medizinischen Fortschritt; was mit Herzschrittmachern und Höhrgeräten begann, wird von Jahr zu Jahr weiterentwickelt – und hier ist ja schon die Brücke zwischen Cyberpunk und Realität bzw. zwischen Cyborg und Mensch, der durch Maschinen oder elektronische Bauteile weiterleben darf oder zumindest ein normales Leben führen kann, geschlagen. Und so sind die neuesten Errungenschaften der Wissenschaft auf dem Gebiet Dinge, die man vorher nur aus der Science-Fiction kannte; heutzutage ist es beispielsweise bereits möglich, Querschnittsgelähmten allein durch ihre Gedankenströme zu ermöglichen, mit kabelverbundenen Roboterhänden Sachen zu greifen oder blinden Menschen elektronische Augen zu verpflanzen, damit diese Umrisse in ihrer Umgebung wahrnehmen können. Ersteres wird nun sogar durch den immer mächtiger werdenden Facebook-Konzern weiter erforscht, um in naher Zukunft der Faulheit eine ganz neue Form zu geben; denn dann sollen Facebook-Nutzer direkt von ihren Gedanken aus Texte schreiben und posten können. Ein Optimist, wer da nicht an all die Facetten denkt, die ein solch mächtiges Werk der Technik an Gefahren mit sich bringt – die Gedankenkontrolle wäre somit nur noch einen Schritt entfernt.

Auch die immer größer werdende Unterhaltungsindustrie greift auf einstige Zukunftsvisionen zurück; so ist der "Tricorder", welcher den Filminteressierten aus dem Star-Trek-Universum bekannt ist, bereits heute in unsere Smartphones integriert und die virtuelle Realität beginnt langsam aber sicher Fuß im Mainstream zu fassen (Stichwort VR-Brille). Was vor ein paar Jahren noch Zukunftsmusik schien, ist heute bereits Realität, kann man doch ganz neue Welten erleben, indem man sich einfach nur eine Brille aufsetzt und sich beispielsweise in fremde Galaxien, Raumschiffe oder Apokalypsen beamt, in denen die Brille jeder Kopfdrehung und jedem Schritt des Konsumenten folgt.

Zudem zeigen Entwicklungen in der Roboter-Industrie unlängst, dass sich diese nicht mehr nur auf klobige Maschinen beschränken, die Autoteile zusammenbasteln oder als Garten-Helfer in Form von Rasenmäher-Robotern ganz autonom über den Rasen eilen. Und so tauchen immer wieder Errungenschaften der Technik auf, die eine Zukunft, wie sie in vielen Filmen bereits beschrieben wurde, gar nicht mehr so weit entfernt erscheinen lässt und die die Pessimisten unter uns nur noch darauf warten lässt, dass humanoide Roboter in naher Zukunft autonom handeln und vielleicht sogar so etwas wie Gefühle Entwickeln werden...

https://www.youtube.com/watch?v=4T4DRuw7uMs


Neben all diesen Dingen, die uns das Leben vereinfachen sollen, treten allerdings auch die Schattenseiten zu Tage, die ein wahnsinnig schneller Fortschritt der Technisierung mit sich trägt. Man stelle sich beispielsweise nur mal vor, das Internet würde von heute auf morgen ausfallen – es würde die Welt ins Chaos stürzen. Aber auch hier kann man mit einem humanistischen Verstand entgegen steuern, wenn man stets die Schattenseiten der Technisierung im Hinterkopf behält und sich nicht von der Technologie vereinnahmen lässt – selbst auf diesem Gebiet lässt sich viel durch die Zukunftsvisionen der Kunst im Sci-Fi-Bereich ableiten. Man stelle sich beispielsweise nur einmal vor, dass bereits 1927 ein Film wie "Metropolis" Themen wie die Zweiklassengesellschaft und die Kritik am Kapitalismus, nicht zuletzt durch Technologie forciert, behandelte. Diese Zukunftsfantasien sind bereits in unserer Realität angelangt (und wenn man einfach nur mal das Setting des Films mit einer Metropole der Gegenwart vergleicht, fällt auf, dass Dinge wie Leuchtreklamen in Städten für uns bereits seit einiger Zeit zur Normalität geworden sind).

Verteufeln muss man die Entwicklungen jedoch nicht, wenn man glaubt, dass der Mensch nicht von Grund auf schlecht ist – und auch in dieser Hinsicht wurden uns bereits durch die visionären Werke der Science-Fiction Wege aufgezeigt, philosophische Grundfragen gestellt und Anleitungen an die Hand gegeben, um die Technologie für das Wohl aller zu nutzen.

Und da Theorie dem ein oder anderen zu trocken ist und da wir uns hier auf einer Filmseite befinden, werden auf den nächsten Seiten 50 ausgewählte Cyberpunk-Filme und Sci-Fi-Filme mit Cyberpunk-Elementen vorgestellt – eine wilde Mischung aus Blockbustern, Kultstreifen, Meilensteinen, Klassikern, Trash und dem ein oder anderen Geheimtipp. Auf der letzten Seite findet ihr eine kleine Zusammenfassung von Cyberpunk-Serien, literarischen Werken, Videospielen sowie brandaktuellen und zukünftigen Filmen...

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