Auf den diesjährigen Fantasy Filmfest White Nights wartet neben einem atemlosen Actionthriller-Geheimtipp und einem Horrorfilm, der Nackenhaare sträubt, auch eine kleine Genre-Perle, die das Jenseits in eine stressig-spaßige Angelegenheit verwandelt: Dead Talents Society.
In der Horror-Komödie Dead Talents Society fängt die Geschichte mit dem Tod erst an
Wo andere Filme aufhören, legt John Hsus Dead Talents Society erst richtig los: mit dem Tod. Eine junge Geister-Anfängerin (Gingle Wang) muss nach ihrem Dahinscheiden feststellen, dass man sich seine Daseinsberechtigung auch im Jenseits erst verdienen muss. Nur wer seinen Grusel effizient in der Menschenwelt spürbar macht, darf bleiben. Dafür brauchen die frisch Verstorbenen allerdings eine Spuk-Lizenz und einen Furcht-Erfolg – und plötzlich stehen nur noch 30 Tage zwischen der Jugendlichen und ihrer endgültigen Auslöschung.
Unerwartet nimmt das Team von Grusel-Diva Catherine (Sandrine Pinna) und ihrem Agenten Makoto (Chen Bolin) sich des anfangs verlachten Neulings an. Nachdem das unheimliche Hotelzimmer der Grand Dame nicht mehr so zuverlässig ihre Gäste verängstigt, brauchen sie frischen Wind, um eine Chance gegen den einstigen Protégé Jessica zu haben, die den einträglichen Internet-Horror für sich entdeckt hat.
Die taiwanesische Horror-Komödie punktet vor allem durch ihre abgedrehte Idee, dass urbane Legenden harte Arbeit sind. Während die lebendigen Menschen als Schreck-Opfer nur hintergründig relevant sind, unterhält die Parallel(unter)welt lieber mit ihrem gut aufgelegten Personal vom Inkognito-Ex-Musikstar bis zur toten Quasselstrippe.
Dead Talents Society schwelgt in kreativen Ideen und Horror mit Herz
Bei Dead Talents Society steckt die Horror-Freude im Detail. Etwa wenn die Gewinnerin der "Golden Ghost Awards" in ihrer Rede den eigenen Mördern dankt. Oder wenn der Film nebenbei erklärt, dass es im Bus deshalb immer kalt ist, weil eine Vielzahl unsichtbarer Gespenster mitfährt. Zwischen Geister-Talkshows, Jumpscare-Hohn und Spuk-Nachhilfe wünschen sich die Toten nichts so sehr, wie zu überdauern – und so langlebig wie Rotkäppchen in die Gruselgeschichte einzugehen. Da reicht es längst nicht, das x-te Mädchen in Weiß zu sein, das sich die langen schwarzen Haare Samara-mäßig vors Gesicht kämmt.
Zwischendurch kann es in Dead Talents Society schon mal blutig werden, wenn die Hauptfigur eher versehentlich aus einem Hotelzimmerfenster stürzt und überm Eingang aufgespießt im Elektroblitzgewitter auf den Bürgersteig tropft. Aber was tut man nicht alles für den Grusel-Durchbruch?
Gegen gelegentlich theatralisch große Gesten und überbordendes Schauspiel sollte man nichts einzuwenden haben, um an Dead Talents Society Freude zu finden. Bei so viel aufgedrehter Energie überrascht, dass die schrägen Figuren am Ende trotzdem berühren. Wenn die Außenseiter-Truppe zu einer neuen Jenseits-Familie zusammenwächst, darf das Herz auch nach dem Tod noch weiterschlagen.
Die Fantasy Filmfest White Nights laufen bereits und finden am 1. und 2. Februar noch in den Städten Berlin, Köln, Nürnberg und Stuttgart statt, wo Dead Talents Society als einer von insgesamt zehn Genre-Filmen gezeigt wird. Zu einer weiteren deutschen Veröffentlichung ist aktuell noch nichts bekannt.