Angriff der lebenden Toten im Italo-Zombiefilm

22.07.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Angriff der lebenden Toten im Italo-Zombiefilm
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Angriff der lebenden Toten im Italo-Zombiefilm
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Nachdem wir den abgründigen Sphären des Kannibalenfilms mittlerweile wieder entstiegen sind, widmen wir uns im dritten Teil dieser Minireihe den lebenden Toten made in Italy. Wie kein zweiter vermochte es Lucio Fulci, den schlurfenden Zombies seinen Stempel aufzudrücken.

Wie die vorherigen Artikel vielleicht andeuten konnten, agierten die Akteure des hier erforschten Mikrokosmos zuweilen innerhalb unterschiedlichster Genres. Oftmals drängten sich im Oeuvre eines Filmemachers sowohl Sandalen-Epen und Komödien als auch plakative Kannibalenschocker und laszive Frauengefängnisfilme. Hinter derartiger Genrevielfalt stand selten künstlerische Intention, sondern vorrangig Profitdenken. Insbesondere die aufbrandende Zombiefilmwelle, die sich kalkuliert den Hype von Dawn of the Dead (1978) zunutze machte, bezeugt diesen Umstand. Jenen Abkömmlingen des italienischen Exploitationkinos widmen wir den dritten Teil dieser Minireihe.

Noch in den 1930er und 1940er Jahren besaß die Bezeichnung Zombie im filmischen Kontext eine gänzlich andere Bedeutung als heutzutage. Werke wie White Zombie (1932), Die Revolte der Zombies (1936) und Ich folgte einem Zombie (1943) zelebrierten die klassischen haitianischen Voodoo-Wurzeln. Die Betroffenen mutierten in diesen Filmen zu willenlosen Sklaven einer übernatürlichen Macht. In der Regel sorgten dabei zwielichtige Voodoo-Priester oder der sogenannte Mad Scientist für die Grenzüberschreitung zwischen Leben und todesähnlicher Trance, zwischen körperlicher Selbstkontrolle und vollständiger Unterwerfung. Durch Dawn of the Dead (1978) wandelte sich das Erscheinungsbild des Genres nachhaltig. George A. Romero verlieh seiner Zombieinvasion den Charakter einer um sich greifenden Epidemie, die Verbreitung durch Bisswunden fand. Fortan lechzten die schlurfenden Untoten nach Menschenfleisch, um ihre motorischen Fähigkeiten aufrechtzuerhalten.

Dawn of the Dead markiert den ersten nennenswerten Berührungspunkt der italienischen Filmkultur mit dem Zombiemythos. Auf der Suche nach Investoren traf George A. Romero auf die Giallo-Ikone Dario Argento. Als bekennender Liebhaber von Die Nacht der lebenden Toten entschied dieser, dem Projekt sowohl finanziell als auch beratend zur Seite zu stehen. Im Gegenzug für seine Unterstützung erhielt Argento die europäischen Vertriebsrechte für eine eigene Schnittfassung des Werks (Cinefantastique). Innerhalb der italienischen Filmindustrie initiierte die lukrative Kollaboration eine Welle an Trittbrettfahrern, von denen Lucio Fulcis Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies das wohl berühmteste Beispiel darstellt. In der Hoffnung, den Erfolg des großen Vorbilds zu wiederholen, schreckten die Verantwortlichen hinter Woodoo nicht einmal davor zurück, das Werk als direkte Fortsetzung von Dawn of the Dead zu deklarieren (Starburst Magazine).

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Spätestens der unmittelbare Vergleich der beiden Filme offenbart jedoch die differierenden Intentionen – keine davon ist per se besser oder schlechter. Während George A. Romero zusätzlich zur vordergründigen Geschichte einen konsum- und gesellschaftskritischen Subtext aufspannt, konzentriert sich Lucio Fulci auf audiovisuelle Schauwerte und eine atmosphärische Inszenierung. Der Genre-Klassiker Woodoo schildert Anne Bowles (Tisa Farrow) verzweifelte Suche nach ihrem vermissten Vater, der sich zuletzt auf der entlegenen Karibikinsel Matul aufgehalten haben soll. Auf dem Eiland muss die junge Frau miterleben, wie sich die Toten aus ihren Gräbern erheben, um die Lebenden zu attackieren. Interessanterweise greift Fulci hier die Ursprünge der Untoten-Kultur auf und bietet dem Zuschauer weitaus mehr als nur übertriebene Gore-Effekte.

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