Anime-Serien im Kino - Mein Abend mit dem Achtklässlersyndrom

05.03.2019 - 10:00 Uhr
Rikka und Yūta
KAZÉ
Rikka und Yūta
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Finstere Mächte, eine blühende Fantasie und mittendrin junge Erwachsene auf der Suche nach sich selbst. Das und mehr hatte der jüngste Film der KAZÉ Anime Nights 2019 im Petto.

Ende Januar starteten die KAZÉ Anime Nights fulminant ins Jahr 2019, schließlich konnte der in Berlin beheimatete Publisher mit einem wahren Anime-Blockbuster aufwahrten. Und am Ende bot Dragon Ball Super: Broly wirklich alles, was das Fan-Herz begehrt. Love, Chunibyo & Other Delusions! Take on Me konnte vergangenen Dienstag zwar nicht ganz mit den Saiyajin-Kriegern mithalten, überzeugt dafür jedoch mit anderen Qualitäten, über die ihr in den nachfolgenden Zeilen mehr erfahrt.

Für Love, Chunibyo & Other Delusions!-Fans bietet die Story nichts Neues

Rikka leidet noch immer am sogenannten Achtklässlersyndrom (Chunibyo), welches sich sehr speziell äußert: Betroffene bilden sich ein, über besondere Kräfte zu verfügen, mit denen sie die Welt retten können. Darüber hinaus haben sie das Bedürfnis, diesen Umstand ihren Mitmenschen immer und immer wieder mitteilen zu müssen. Allmählich sollte Rikka ihr Chunibyo jedoch in den Griff bekommen, schließlich steht ihr 18. Geburtstag kurz bevor, ebenso wie die Aufnahmeprüfungen für die Universität. Als Rikkas große Schwester Toka sie dann auch noch mit nach Italien nehmen möchte, fürchtet Rikkas Freund Yūta um ihre Beziehung. Wenig später beherzigen sie den Rat ihrer Freunde und brennen, sehr zu Tokas Leidwesen, gemeinsam durch. Eine Reise quer durch Japan beginnt.

Rikka und Yūta

Der Love, Chunibyo & Other Delusions-Film wandelt auf vertrauten Pfaden und erzählt im Grunde genommen hinsichtlich mancher Entwicklungen eine sehr ähnliche Geschichte wie die 2. Staffel der Anime-Serie. Einige Charaktere durchlaufen sogar vergleichbare Entwicklung. Der große Pluspunkt des Films ist hingegen, dass seine Story im direkten Vergleich besser, da knackiger, geschrieben ist. Einige Nebencharaktere hätten die Macher zwar guten Gewissens aus Take on Me streichen können und generell ist die Geschichte wenig überraschend, doch dafür kann der Film abseits seiner Story bedeutend mehr überzeugen.

Die besten Frenemies jagen Rikka und Yuuta quer durchs Land

Die wahre Stärke des Anime liegt in seinem nahezu perfekten Mix aus Romanze und Komödie. In seinen besten Momenten ist Take On Me dabei wunderbar kurzweilig, was vor allem am tollen Slapstick-Humor sowie den teils irrwitzigen Fantastereien der jungen Protagonisten liegt. Da wird ein Kampf zwischen Rikka und ihren Verfolgerinnen zunächst herrlich opulent und bildgewaltig inszeniert, nur um sich Sekunden später als Hirngespinst zu erweisen - denn in Wahrheit spielt sich alles, wegen ihrer "Krankheit", nur in ihren Köpfen ab und statt gewaltiger Waffen und mächtigen Zaubern hantieren sie lediglich mit Stöcken. Aus diesen zwischenzeitlich wahnwitzig anmutenden Momenten zieht der Film einen großen Reiz und entwickelt hieraus ein enormes Unterhaltungspotenzial.

Nibutani und Dekomori

Unterhaltungspotenzial liefern darüber hinaus ebenfalls die liebenswürdigen Charaktere, von denen neben unserem Heldenduo - zu ihnen im nächsten Absatz mehr - vor allem ihre Verfolger Nibutani und Dekomori als ungleiches Paar in Erinnerung bleiben. Ihre Dynamik als beste Feindinnen ist fantastisch gelungen und sorgt für einige der größten Lacher des Films. So streiten sie mehrfach, wer denn nun die Schuld daran trägt, unsere Helden wieder aus den Augen verloren zu haben, was in einigen herrlichen Wortgefechten mündet, die allesamt humoristische Höhepunkte des Films darstellen. Das ungleiche Frenemy-Duo gehört zweifellos zu den größten Stärken von Take on Me.

Rikka & Yuuta sind Herz und Seele des Films

Dreh- und Angelpunkt von Take On Me sind natürlich unsere beiden Protagonisten Rikka und Yūta. Auf den Rat ihrer Freunde brennt das Pärchen durch. Zunächst wollen sie lediglich Rikkas großer Schwester entkommen, doch fassen sie den Entschluss, ihre Mutter zu besuchen, was Yūta sehr gelegen kommt, da er diese etwas äußerst Wichtiges fragen möchte. So beginnt ein Road Trip quer durch Japan. Speziell Rikka muss sich während dieser Zeit darüber klar werden, was sie wirklich will und ob sie schon dazu bereit ist, sich nachhaltig zu verändern.

Yūta und Rikka

Wird sie ihr Achtklässlersyndrom überwinden und sich weiterentwickeln, oder bleibt sie so und verweilt weiterhin in ihrer Fantasiewelt? Dieser äußerst emotionale Konflikt steht im Mittelpunkt des Films und liefert die stärksten Momente von Take On Me. Während Yūta bereits einen Schritt weiter ist und um jeden Preis an Rikkas Seite bleiben will, hadert diese noch, da sie nicht weiß, ob Yūta sie noch lieben könne, wenn sie sich verändert. Rikkas Selbstzweifel sind dabei absolut nachvollziehbar und werden uns Zuschauern glaubhaft vermittelt. Rikka und Yūta sind somit im wahrsten Sinne Herz und Seele des Film.

Optisch spielt Take On Me nicht in der Königsklasse mit

Love, Chunibyo & Other Delusions! stammt von den begnadeten Damen und Herren der Animationsschmiede Hause Kyoto Animation, die vergangenes Jahr beispielsweise für Violet Evergarden verantwortlich zeichneten. Die hohe audiovisuelle Qualität ihres jüngsten Werkes, welches übrigens nächstes Jahr ebenfalls einen Kinofilm spendiert bekommen wird, erreicht Take On Me zwar zu keiner Zeit, doch deshalb sieht Rikkas und Yūta Kino-Abenteuer natürlich keinesfalls schlecht aus.

Rikka

Die Zeichnungen von Take On Me sind teils wirklich wunderschön gelungen, doch CGI-Gegenstände wie Autos im Hintergrund oder auch teils eher mäßige Animationen passen kaum ins Bild, das Anime-Fans mit den hohen Standards von Kyoto Animation verbinden. Im Vergleich zur TV-Serie ist nämlich kaum ein Unterschied erkennbar, was doch eher ungewöhnlich ist, schließlich wird für Leinwand-Ableger bekannter Serien gerne etwas tiefer in die Tasche gegriffen. Das alles ist gewiss Meckern auf hohem Niveau, doch zumindest ich war diesbezüglich vom Film etwas enttäuscht.

Take on Me - Ein berührendes Kinoerlebnis mit Schönheitsfehlern

Nach knapp 100 Minuten neigte sich Rikkas und Yūtas emotionale Reise schließlich ihrem Ende zu - ebenso wie mein Kinoabend. Take on Me spricht vor allem Fans der Anime-Serie an und bietet ihnen eine bessere Version der 2. Staffel, ohne dabei jedoch den Mut zu haben, wirklich neue Pfade zu beschreiten. Somit bleibt Potenzial, speziell hinsichtlich Rikkas Charakterentwicklung, ungenutzt, obwohl das süße Ende ein bisschen dafür entschädigt, denn einen wichtigen Schritt geht unser Pärchen dann zum Glück doch.

Rikka umarmt Yūta

Somit bleibt am Ende ein herrlich skurriler Romantik-Komödie-Mix, der besonders in seinen ernsten Momenten überzeugen kann. Rikkas und Yūtas Liebesgeschichte ist das Herz des Films und sie auf dieser emotionalen Reise zu begleiten, war, trotz einer "nur" guten Animationsqualität, ein wirklich schönes Kinoerlebnis, das ich guten Gewissens weiterempfehlen kann.

Wie gefiel euch Love, Chunibyo & Other Delusions! - Take on Me?

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