Anke Engelke über Will Smith, LOL und ihren neuen Film Eingeschlossene Gesellschaft: "Wo hört der Spaß auf?"

14.04.2022 - 09:00 UhrVor 1 Jahr aktualisiert
Eingeschlossene Gesellschaft: Anke Engelke im Interview
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Eingeschlossene Gesellschaft: Anke Engelke im Interview
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Von Eingeschlossene Gesellschaft bis LOL: Anke Engelke ist aus der Kino- und Streaming-Landschaft nicht wegzudenken. Im Interview spricht sie über Will Smiths Oscar-Vorfall und eigene Schulerfahrungen.

Anke Engelke ist aktuell nicht nur in der 3. Staffel LOL: Last One Laughing wieder mit dabei, sondern auch als Lehrerin Heidi Lohmann in Sönke Wortmanns bissiger Schul-Komödie Eingeschlossene Gesellschaft im Kino zu sehen. In der deutschen Satire dringt ein Vater ins Lehrerzimmer ein, um sechs Pädagogen mit vorgehaltener Waffe dazu zu bringen, seinen Sohn zum Abitur zuzulassen. Nun müssen die völlig verschiedenen Lehrer:innen ihre Zensuren-Konferenz eingesperrt abhalten.

Eingeschlossene Gesellschaft, LOL und Will Smith: Anke Engelke im Interview

Zum Cast des stargespickten Films zählt neben Florian David Fitz, Nilam Farooq und Justus von Dohnányi auch der Schüler-hassende Klassendrachen Heidi Lohmann, gespielt von Anke Engelke. Wir haben die Schauspielerin und Komikerin getroffen, um das Multitalent zu ihren eigenen Schulerfahrungen, der hitzigen Debatte um Will Smiths Verhalten bei den Oscars aus Comedy-Perspektive und der Tatsache zu befragen, dass sich unser Verständnis von Humor in den letzten Jahren extrem verändert hat.

Seht vorab den Trailer zu Eingeschlossene Gesellschaft mit Anke Engelke

Eingeschlossene Gesellschaft - Trailer (Deutsch) HD
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Moviepilot: Du spielst in Eingeschlossene Gesellschaft eine Lehrerin. Wie war deine eigene Schulzeit? Hast du viel gelernt oder dich eher durchgemogelt?

Anke Engelke: Die Jahre auf dem Gymnasium waren sehr intensiv, aber was da schulisch passiert ist, habe ich zum Teil wirklich verdrängt. Ich war zu sehr mit dem Pubertieren beschäftigt. Auch wenn ich ein Riesenglück gehabt habe mit meinen Lehrer:innen. Es gibt bis heute noch einige, an die ich dann und wann denke, abgespeichert in der Hirnregion ''I" wie "Inspiration". Das ist total schön, denn wenn man die anderen aus der Truppe [also dem Cast von Eingeschlossene Gesellschaft] fragt, bekommt man ganz andere Antworten: Justus von Dohnányi ist zum Beispiel viel innerhalb Deutschlands umgezogen und hat noch viele Nachkriegs-Arschgeigen mitgekriegt – so Nazi-Lehrer, die einfach mit durchgezogen wurden. Ich bin Jahrgang '65 und fürchte, an meiner Schule hat es davon auch noch ein paar gegeben.

Eingeschlossene Gesellschaft fühlt sich fast so wie ein inoffizielles Sequel zu Frau Müller muss weg an: Nach dem Mikrokosmos Elternsprechstunde haben wir jetzt den Mikrokosmos Lehrerzimmer. Ist es schwierig, in so einem Kammerspiel-Setting ernst zu bleiben, egal wie witzig und absurd die Situation wird?

Logo, wir haben total oft lachen müssen beim Dreh, aber irgendwann besinnt man sich, man ist ja nicht allein am Set! Man hat Respekt vor allen anderen, die auch früh aufgestanden und zur Arbeit gekommen sind und abends nach Hause wollen. Ich bin zwar eine totale Giggel-Tante und kann mich manchmal nicht so gut beherrschen, aber das wäre ja ätzend, zu denken: "Meine Zeit ist wichtiger als eure." Durch mein Lachen würde ich alles verzögern. Ich will ja auch nicht, dass man mir meine Zeit wegnimmt und mir vorschreibt, wie ich sie mir einzuteilen habe. Dafür ist ein Drehtag zu durchgetaktet und jede Minute kostet viel Geld.

Eingeschlossene Gesellschaft: Anke Engelke

Wir haben den Spaß, den wir beim Dreh hatten, dann lieber in den Pausen ausgelebt, uns in einen Stuhlkreis zusammengesetzt und Scharade, Geist oder Werwolf gespielt. Florian David Fitz und Nilam Farooq waren unsere beiden Spielleiter:innen. Thomas Loibl und Torben Kessler waren sofort dabei. Justus von Dohnányi bekam immer eine Sonder-Einladung, spielte dann aber doch gerne mit. Nur Thorsten Merten war sehr in seiner Außenseiterrolle des verzweifelten Vaters der die Lehrer einsperrt. Wir kennen uns schon recht gut, durch lange gemeinsame Dreharbeiten für eine Serien vor 3 Jahren, aber er ist einfach ein bisschen grumpy.

Durch deine Teilnahme bei LOL: Last One Laughing hast du ja schon Erfahrung im Lachen unterdrücken – auch wenn du bisher noch keine Staffel gewonnen hast. Ist dein Masterplan, so lange mitzumachen, bis es endlich mit dem Sieg klappt?

Ich würde zu jeder Staffel LOL kommen und das wäre tatsächlich eine Möglichkeit: Einfach solange mitmachen, bis sie mich rausschmeißen und sagen: '"Anke, du gewinnst das einfach nicht! Du schaffst das nicht. Du bist zu albern und lachst zu gerne.” Wobei Michelle Hunziker da in Staffel 3 noch einen draufgesetzt hat. Sie lacht ja unentwegt. Dass sie die Einladung überhaupt angenommen hat! Das Barbara Schöneberger-Phänomen: Dauerstrahlen!

Ich habe ja bis heute keine gute Strategie und keine Ahnung, wie man Lachen unterdrückt, weil ich einfach zu gerne lache. Dabei darf man das beim komödiantischen Arbeiten gar nicht so rauslassen. Man spielt und arbeitet sehr ernsthaft, weil man weiß, dass das später lustig wirken und andere Leute zum Lachen bringen wird. Eigentlich ist es paradox, dass man selbst die Freude gar nicht zeigen kann.

Anke Engelke lacht in LOL

Hast du das Gefühl, dass sich verändert hat, worüber Menschen lachen?

Ich bin keine Expertin, dafür gibt es Psycholog:innen und die sogenannte Humorforschung. Aber aus der Sicht eines ganz normalen Menschen glaube ich schon, dass sich da etwas verändert hat. Ich habe zum Beispiel als Kind im Fernsehen recht viel albernen Humor und Schadenfreude wahrgenommen, später als Heranwachsende das Kabarett und politische Satire. Ich würde sagen, wir sind einerseits anspruchsvoller geworden.

Andererseits leben wir aber auch in einer Zeit, in der die sozialen Medien nur ganz kurze Snippets verlangen und du nicht mehr als ein paar Sekunden Zeit hast, um eine Pointe rauszuhauen. Auf der einen Seite muss es ganz schnell zünden, auf der anderen Seite muss es tief sein, kritisch und politisch. Es ist verrückt, wie sehr sich diese Extreme herauskristallisiert haben.

Und dann gibt es natürlich auch vieles, was man heute zurecht nicht mehr bringen kann. Was früher zum Beispiel in die rassistische Richtung ging.

Absolut, und das ist eine schöne Entwicklung! Dass wir genauer hinhören und hinschauen. Dass wir endlich begreifen, dass wir alle näher zueinander rücken müssen und besser aufeinander achten müssen. Dass wir empathischer sein und darüber nachdenken müssen, warum wir vielleicht jemanden verletzt haben. Dass wir fragen: Was verletzt mich eigentlich? Darf ich sagen, wenn mich etwas verletzt? Da ich eher positiv als negativ denke, sehe ich das als Chance. Ich finde es sehr gut, wenn wir über strukturellen Rassismus und strukturelle Misogynie sprechen. Über Gleichberechtigung und Grenzüberschreitung.

Anke Engelke und die anderen Lehrer:innen in Eingeschlossene Gesellschaft

Du hast da sicher auch die Will Smith-Sache bei den Oscars mitbekommen. Chris Rock hat einen Witz auf Kosten von Jada Pinkett Smith gemacht und deren Mann gibt ihm daraufhin auf der Bühne eine Backpfeife. Wie stehst du als Komikerin dazu?

Ich finde, das, was da passiert ist, sehr befremdlich. Dass wir dadurch aber darüber reden und überlegen, welche Witze und Pointen verletzten, ist gut. Verletzt man vorsätzlich? Ist es wichtig, Grenzen zu überschreiten, damit wir mal ein bisschen geschüttelt werden? Wo hört der Spaß auf?

Dann kommen wir zum Thema Männlichkeit. Muss ein Mann eine Frau beschützen? Wie sieht dieses Beschützen aus? Wer muss wen beschützen und warum? Wer muss für wen was tun? Wer erklärt sich zum Stellvertreter oder zur Stellvertreterin welcher Bewegung? Da sind so viele Fragen drin, die wir alle doch miteinander besprechen müssen. Und ich finde es klasse, wenn wir das tun. Wenn wir nicht immer das wiederholen, was wir schon jahrelang hören und sagen. Sondern dass wir genau das auch in Frage stellen und neue Gedanken zulassen.

Anke Engelke in LOL und die besten anderen April-Serienstarts im Podcast

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Guckt ihr Eingeschlossene Gesellschaft im Kino?

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