Gestern kam die Nachricht, dass Sony sein Spin-off-Filmuniversum aus Spider-Man-Bösewichten einstampfen und sich in Zukunft nur noch auf den Marvel-Wandkrabbler konzentrieren will.
Heute ist mit Kraven the Hunter also der letzte Film aus dem sogenannten Sony's Spider-Man Universe (SSU) im Kino gestartet. Dass wir danach von Machwerken dieser Art verschont bleiben, ist das einzig Gute, was sich über den Blockbuster sagen lässt.
Kraven the Hunter versagt als Superhelden-Blockbuster auf allen Ebenen
Der Marvel-Film von J.C. Chandor (Triple Frontier) präsentiert sich von Anfang an als platte Ansammlung von Superhelden-Klischees, wie man sie mittlerweile schon unzählig oft vorgesetzt bekommen hat. Die typische Origin-Story, wie aus Sergei Kravinoff (Aaron Taylor-Johnson) der übermächtige und spätere Spider-Man-Schurke Kraven the Hunter wird, besteht aus dem üblichen Familienkonflikt – nur diesmal leicht variiert als russische Gangster-Imperiums-Story mit einem absurd fiesen Russell Crowe als grummelndes Patriarchen-Monstrum.
Ansonsten spult der willkürlich zusammengestückelte Film die üblichen Stationen wie den weiblichen Sidekick (eine extrem verschenkte Ariana DeBose) und die verschiedenen Bösewichte ab, damit alles auf den großen finalen Kampf hinausläuft. Alessandro Nivola als Antagonist Rhino wäre fast einen eigenen Text wert, aber wenigstens dürfte seine grotesk-lachhafte Performance noch ein bisschen Unterhaltungswert für ansonsten kopfschüttelnde Marvel-Fans bieten.
Neben Fred Hechinger als Dmitri Smerdyakov, der eine Karriere als Nachtclub-Sänger anstrebt und seine Versionen von Harry Styles' Sign of the Times und Black Sabbaths Changes zum Besten geben darf.
Gleichzeitig merkt man Kraven the Hunter die lange Produktionszeit mit vielen Nachdrehs und Startverschiebungen in jeder Sekunde an. Teilweise schwankt der Film von Szene zu Szene im Tonfall. Auf einen witzigen, beiläufig eingestreuten One-Liner folgt eine ernste Auseinandersetzung und überhaupt wirkt es immer wieder so, als hätten sich manche Schauspieler:innen in gemeinsamen Momenten nicht einmal zusammen am Set aufgehalten.
Manchmal kommt sogar das bekannte SSU-Flair auf, wenn Dialoge so trashig und unbeholfen aufgesagt werden, dass es nur noch unfreiwillig komisch ist.
Sonys Superhelden-Universum ist nach Morbius, Madame Web und Kraven the Hunter nur noch lächerlich
Nach Morbius ("It's Morbin' Time!") und Madame Web ("Er war mit meiner Mutter im Amazonas, als sie kurz vor ihrem Tod Spinnen erforschte") ist Kraven the Hunter der nächste Film aus Sonys Marvel-Universum, der maximal als Meme-Steilvorlage durchgeht.
Zur offensichtlichen Gag-Verhunzung des Titels ("Kraven? More like kravin' (craving) a better movie!") liefert der Marvel-Blockbuster eigene bizarre Running-Gags gleich selbst mit. Wer ein Trinkspiel daraus macht, wie oft Kraven erwähnt, dass er ein Jäger ist, landet am Ende des Films in den ewigen Jagdgründen.
Komplett wirr ist auch die Nebenrolle von Christopher Abbott (Possessor) als böser Handlanger namens The Foreigner ausgefallen. Der wird ab und zu in Szenen geworfen, in denen seine Figur langsam bis Drei zählt, um Gegner mit Illusionen zu täuschen und auszuschalten. Warum dieses Manöver in Kraven the Hunter gleich vier- oder fünfmal abgespult wird, wusste nach dem Schnitt wahrscheinlich keiner der Beteiligten mehr.
Im Minutentakt "überrascht" und irritiert der Marvel-Blockbuster mit solchen haarsträubenden Einlagen. Da fallen irgendwann selbst die schlecht animierten CGI-Tiere auf Playstation 2-Grafik-Niveau kaum noch ungewöhnlich auf.
Neben den drei Venom-Filmen mit Tom Hardy, die ihren Trash-Spektakel-Faktor schnell zum Markenzeichen umwandeln konnten, endet das SSU mit Kraven the Hunter so, wie es die ganze Zeit schon verlaufen ist: als peinlicher Totalausfall, der maximal als unfreiwillige Zielscheibe für Internet-Memes verheizt werden kann und ansonsten von allen vor und auf der Leinwand sofort wieder vergessen sein dürfte.