Die Fantasy Filmfest Nights 2025 bringen den neuen Film von Luc Besson nach Deutschland. June and John markiert nach DogMan die zweite Regiearbeit des französischen Filmemachers, die veröffentlicht wird, nachdem er im Juni 2023 vom obersten französischen Gericht von den Vergewaltigungsvorwürfen freigesprochen wurde, die bereits 2018 gegen ihn erhoben wurden. Nun erzählt er eine romantische Thriller-Komödie über eine Beziehung, die von extremen Gefühlen angetrieben wird.
June and John: Luc Besson lässt den Alltag im Rückspiegel verschwinden
John (Luke Stanton Eddy) ist als Bankangestellter gefangen im Teufelskreis seiner langweiligen Existenz. Müde schleppt er sich durch den grauen Alltag, füllt auf der Arbeit Tabellen aus, telefoniert mit seiner Mutter, geht ins Bett. Eine Pechsträhne, bei der er erst sein Auto und dann noch seine Geldbörse verliert, führt ihn schicksalshaft mit June (Matilda Price) zusammen. Die mysteriöse junge Frau erobert sein Leben im Sturm und bald finden sich June und John auf einem Selbstfindungstrip als Bankräuber, Einbrecher und Flüchtige wieder.
Schaut hier den Trailer zu Luc Bessons June and John
Nur das unscheinbare "Und" zwischen den Namen der Hauptfiguren verrät vorab, dass sich hier eine moderne Bonnie und Clyde-Geschichte entfaltet. Als epische Liebesgeschichte aufgezogen, lassen sich June und John von niemanden in die Schranken weisen – höchstens von einer Sache:
Luc Besson drehte seine Romantik-Odyssee heimlich während des Corona-Lockdowns in Los Angeles mit einem iPhone. Und das ist June and John in seinem unpolierten Low-Budget-Look anzusehen. Die Schauwerte können nur selten mit der wilden Handlung mithalten. Für einen Regisseur, der in Filmen wie Léon – Der Profi auf Stadtatmosphäre setzte und in Das fünfte Element oder Valerian – Die Stadt der tausend Planeten große Bilderwelten schuf, stellt das einen (den Umständen geschuldeter) Rückschritt dar. Trotzdem steckt noch viel Besson in diesem Besson-Thriller.
June und John: Luc Besson setzt wieder auf seine Liebe zur Femme fatale
Von Nikita über Lucy bis zu Anna: Luc Besson war in seiner gesamten Karriere als Regisseur an kämpferischen Frauen interessiert, die als Femme fatales – vorzugsweise mit einer Waffe in der Hand – ihren dramatischen Weg gehen. An dieses Frauenbild der attraktiven Verführerin knüpft auch June an, die mit Leeloo aus Das fünfte Element die (anfänglichen) knallbunten Haare teilt. Newcomerin Matila Price spielt sie mit überzeugendem Selbstvertrauen. Sie lebt im Moment und nimmt sich, was sie begehrt. In diesem Fall: den nur allzu willigen John.
John weiß nicht, wie im geschient. Gerade erst hat er June das erste Mal hinter einer U-Bahn-Scheibe getroffen, da raubt er schon an ihrer Seite als "Geisel" die Bank aus, in der er arbeitet. Darsteller Luke Stanton Eddy (The Alto Knights) wirkt mit seinem treuen Dackelblick wie eine Mischung aus Luke Wilson und Dave Franco und spielt John als einen hoffnungslos Verfallenen, dem June eine Rettungsleine im öden Meer seines Alltags zuwirft.
In June und John wirft Luc Besson alle Zurückhaltung über Bord
Dass Luc Besson in seinem Liebesfilm wenig subtil vorgeht, sollte spätestens klar sein, wenn ein Donald-Trump-Foto den Tisch von Johns unausstehlichem Vorgesetzten schmückt. Gesprenkelt von Glückskeks-Weisheiten ("Ich betrachte alle Fremden als Freunde, bis das Gegenteil bewiesen ist"), Liebe-auf-den-ersten-Blick-Klischees und peinlichen One-Linern ("Ich bin der Engel der Apokalypse") verliert sich June and John immer wieder im ungläubigen Kitsch. Selbst eine streuende Krebserkrankung wir da dramatisch-träumerisch als "Babykrabben in allen Etagen meines Körpers" beschrieben.
Wenn immer wieder ein überraschtes Lachen durchs Kino driftet, fragt man sich unweigerlich, ob das Gesehene gerade ernst gemeint ist. Die mal wirklich lustigen und mal vollkommen absurden Situationen reichen vom Versteck im Zelt eines gut bezahlten Obdachlosen bis zum Schwimmtraining im Pool eines eingebrochenen Hauses. Tierquäler müssen ihre Schuld mit Tierschutzspenden sühnen. Als Trauzeugen der Hochzeit werden eine Sexarbeiterin und ein Bettler eingesammelt, bevor ein ausschließlich spanischsprachiger Priester die Ehe unter Wüstenbäumen mit Lichterketten besiegelt. Die Hochzeitsnacht stört nur das Einsatzkommando vorm Motelzimmer.
Trotzdem: Wenn ein Film mit solcher Überzeugung durch seine aberwitzige Erzählung marschiert, fällt es schwer, sich von diesem wilden Sog nicht mitreißen zu lassen. Luc Bessons Ganz-oder-Gar-nicht-Attitüde macht schließlich den gesamten Reiz seines Films aus. Man schwankt zwischen ungläubigem Lachen und widerwilligem Staunen über das kompromisslose Voranpeitschen der übertriebenen Liebesgeschichte. Am Ende steht das Publikum vor der Schwelle, auf der sich John schon symbolisch zum Filmauftakt befindet: auf einem Hausdach – mit der Entscheidung vor sich, mit beiden Füßen in diesen faszinierenden Abgrund von einem Film zu springen ... oder es bleibenzulassen.
June and John lief schon in einigen deutschen Städten auf den Fantasy Filmfest Nights 2025 und ist im Rahmen dieses Genre-Festivals am 17. Mai noch in Hamburg und am 24. Mai in München zu sehen. Weiteres zu einer deutschen Veröffentlichung ist nach aktuellem Stand noch nicht bekannt.