Die meistüberschätzten Filmemacher aller Zeiten

14.11.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Christopher Nolan
Warner Bros. Pictures
Christopher Nolan
248
33
Aktuell werden auf moviepilot die Top 100 Regisseure aller Zeiten präsentiert. Zeit für eine kleine Gegenauswahl Filmschaffender, die mit nachhaltiger Penetranz, tödlicher Langeweile oder besonderen Querschlägen das Kino verunstaltet haben.

Listen, Rankings, Schwanzvergleiche: Das formschöne Zur-Schau-Stellen der liebsten Filme, Genres oder Popcorntüten gehört aus gutem Grund zu den unverzichtbaren Gemeinschaftsaktivitäten von Kinofreunden. Seit mehreren Wochen nun schon werden hier auf moviepilot stufenweise die von der Community besonders geschätzten Schauspieler_Innen und Filmemacher_Innen präsentiert. Anlässlich der Top 100 Regisseure aller Zeiten muss deshalb jetzt aber auch endlich einmal die Wahrheit über einige von ihnen geschrieben werden.

Der beste Regisseur der 2000er Jahre
Das soll Christopher Nolan sein, sagt zumindest die Mehrheit der Community, die für seine Arbeiten im Durchschnitt 7,75 Punkte vergab. Einen sehr anständigen Film hat der unbritischste aller britischen Gegenwartsregisseure tatsächlich gedreht, gleich zu Beginn seiner Karriere schon. Following ist hübsches, unaufgeregtes Regieerstsemesterkino mit einer klaren einfachen Prämisse. Eine feine Angelegenheit, aus der sich die bleierne Schwere, vertrackte Ernsthaftigkeit und fantasielose erzählerische Sturheit seiner nachfolgenden Filme glücklicherweise noch nicht im Entferntesten herauslesen lässt. Sein um einen öden narrativen Taschenspielertrick herumkonzipierter Mindfuck-Mode-Film Memento gab dann jedoch sogleich die Richtung vor: Plotkino, das den Zuschauer mit raschelnden Drehbuchseiten in den Tinnitus treibt.

Es folgten das harmlos-langweilige US-Remake Insomnia – Schlaflos sowie Batman Begins, der erste Teil der verbissenen Adaptionstrilogie, die einen DC-Comichelden via Terror-Realismus und Stampfstreichern von Nolans Haus-und-Hof-Komponisten Hans Zimmer massenkompatibel missverstand. Ein Kino von Männern fürs Mann-Sein-Dürfen, ohne sinnliche Verspieltheit, Anflüge von Schabernack oder einfach mal lockerer Hemmungslosigkeit. Prestige – Die Meister der Magie setzte dann einfach nur den Twistorama-Budenzauber aus Memento fort, während Inception die Macht der Illusion und Träumerei in erster Linie mit dröhnender Schießwut und haufenweise explodierenden Gebäuden zu bebildern meinte. Ein Hoffnungsschimmer immerhin: Der superdoofe und selbst Fans enttäuschende The Dark Knight Rises kostete Christopher Nolan etwa 0,1 Prozent seiner Anhänger. Darauf lässt sich aufbauen.

Ludovico, kein Sex und Wackelpalmen in London
Ich solle doch mal eine Aneck-Ausgabe nur über Stanley Kubrick machen, dem Christopher Nolan des 20. Jahrhunderts, schrieben mir nicht wenige moviepilot-Benutzer. Kein Themenvorschlag zu dieser Kolumne erreichte mich so häufig. Doch eine angemessene Polemik zu diesem zweifellos meistüberschätzten aller meistüberschätzten Filmemacher würde eine erneute intensive Beschäftigung mit dessen Zelluloid-Rektalergüssen voraussetzen – und das ginge mir dann doch zu weit, ehrlich gesagt. Es ist wahrscheinlich ein wenig feige, gegen Kubrick mit der viel zitierten vermeintlichen Leere und Kälte, der Unmenschlichkeit und dem Handwerksfetischismus seiner Filme zu argumentieren. Und doch fallen einem bezeichnenderweise zuallererst die virtuosen Steady-Cam-Fahrten ein, wenn das Gespräch auf Shining fällt. Geht einem die zweigeteilte Erzählung aus Full Metal Jacket durch den Kopf, die den Vietnamkrieg vom Over-Acting-Zirkus eines Ausbildungslagers zum direkten Kriegsschauplatz inmitten nach London gekarrter Wackelpalmen in Szene setzte. Oder schleicht sich sofort wieder das markante Bild der Ludovico-Aversionstherapie ins Gedächtnis, wenn von Uhrwerk Orange die Rede ist.

Ja, Stanley Kubrick hat ein Kino voller wirkungsvoller Bilder geschaffen, voller aufdringlicher, unechter, wirkungsvoller Bilder. Leben steckt in diesen Filmen nicht, um echte Gefühle geht es nie in ihnen. Menschliche Beziehungen in Kubricks Filmen bleiben mechanisch, und selten ging es in diesen Filmen auch um eine Analyse dieser Mechanik. Sex, der größte Zeichen der Zwischenmenschlichkeit, ist in diesem Kino immer nur als Mittel der Macht (Lolita) oder als Ausdruck von Verlorenheit (Eyes Wide Shut) verstanden worden, Liebe wiederum blieb ein bestenfalls theoretisch verhandeltes Konstrukt im Abseits. Kubrick sehen ist tatsächlich wie mit Alex DeLarge leiden, wie dem Zwang der Bilder erliegen. Meine letzte Begegnung mit einem seiner Filme hatte ich auf der Berlinale, als ich 2001: Odyssee im Weltraum in 70mm aussitzen musste. Gleichermaßen beeindruckend wie auch fürchterlich egal. Aber vielleicht ja doch mal eine Extraausgabe wert.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News