Dreizehn Stühle sollt ihr sein!

19.10.2011 - 08:50 Uhr
Zwölf plus eins
AVCO Embassy Pictures
Zwölf plus eins
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Dass sich verschiedenste Lehren aus der Filmhistorie ziehen lassen, beweist unser User alanger, der sich heute in der Speakers’ Corner zu Die zwölf Stühle äußert.

Die Geschichte von den zwölf (oder 12 + 1 oder 13) Stühlen haben sich die herren Ilya Ilf (was für ein Name!) und Yevgeni Petrov 1927 in der damaligen Sowjetunion ausgedacht. Die NEP (auf deutsch: Neue Ökonomische Politik) war ein Versuch, die desaströse Versorgungslage nach dem Bürgerkrieg etwas abzufedern. Erdacht von Lenin und (vor allem) Trotzki, wollte man den Tiger reiten, ohne von ihm gefressen zu werden. Man ließ ein wenig Marktwirtschaft zu und schwupp, hatte sich die Versorgung, z.B. mit Lebensmitteln, deutlich verbessert. Klar passte das nicht zu den hehren Zielen des Stalinismus. 1927 machte der 15. Parteitag der KPdSU Schluss mit dem “Spuk”. Die “Auswüchse” des Ganzen (Gier, Geld, Gold) beschäftigten damals eine ganze Reihe von Künstlern: Ilja Ehrenburg, Mikhail A. Bulgakov – und eben Ilf und Petrow, nach denen übrigens ein Kleinplanet benannt wurde (3668 IlfPetrow).

Ihre Geschichte: Auf dem Sterbebett von Schwiegeromi erfährt ein sowjetischer Ex-Adeliger, dass in einem der alten Polsterstühlen die Familienjuwelen eingenäht wurden, um sie vor den Bolschewiken zu verbergen. Dumm ist bloß, dass diese (die Bolschewiken) die Stühle vor einiger Zeit konfizierten. Auch ein Priester weiß durch eine Beichte von den wertvollen Sitzmöbeln. Und da ist noch Ostap Bender, “der große Kombinator”… Lange Rede, alle gegen jeden und Gott gegen alle, sind sie auf der Jagd nach den Stühlen. Wenn sich seltsame Leute plötzlich bei alten Teetanten einschleimen, nur um ihnen spontan die Polsterstühle zu zerschneiden, ja das hat was.

Beste Vorlage für einen Film also. EINEN?! Es gibt mindestens acht Verfilmungen des Stoffes, unter anderem Die zwölf Stühle (1962), Die zwölf Stühle (1970) oder Zwölf Stühle (2004). Besonders toll ist natürlich die Version Zwölf plus eins (1969) mit Vittorio Gassman, Sharon Tate, Orson Welles und Vittorio De Sica.

Was können wir heute, in den Zeiten der zerplatzenden Aktienfonds aus dieser über 80 Jahre alten Geschichte lernen? MISSTRAUT DEN POLSTERSTÜHLEN! Immer mehr Menschen setzen auf verlässliche Wertanlagen. Ok, Goldbarren im Sofa, das macht sich schlecht. Aber die Flucht in Juwelen und Tafelsilber hält an! Zu Gast bei älteren Damen (oder zu Besuch in einem Antiquitätengeschäft) kann es NIE schaden, die Sitzgelegenheiten abzutasten. Und wenn man (ganz unverbindlich) ein Schweizer Messer dabei hat, sollte man es nutzen. Natürlich nicht, um Menschen zu schaden, aber wenn Omi mal eben in die Küche geht, könnte man ruckzuck die Polsterganitur aufschneiden. Is’ nix drin, geht man eben ganz schnell und weiß später von nüscht mehr: “Was, dein Sofa? Diese Schweine von der Hausverwaltung!”

Auch SO lässt sich viel aus der Filmgeschichte lernen.


Vorschau: Früher jagte er jugendliche Verbrecher, doch nun verschlägt es ihn ins Hinterland der amerikanischen Melancholie. Wer, was, wie, warum etc. könnt ihr nächste Woche in der Speakers’ Corner lesen.


Dieser Text stammt von unserem User alanger. Wenn ihr die Moviepilot Speakers’ Corner auch nutzen möchtet, dann werft zuerst einen kurzen Blick auf die Regeln und schickt anschließend euren Text an ines[@]moviepilot.de

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