Ein moviepilot beim Reykjavík Filmfestival

17.10.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Reykjavík Filmfestival
Reykjavík Filmfestival
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Zwei Wochen lang bestimmte das Reykjavík International Film Festival das Kulturangebot Reykjavíks. Zwei Wochen lang wurden Tag für Tag über 72 Filme aus 40 verschiedenen Ländern für rund 30000 Besucher gezeigt. Tautou war dabei.

Im Fokus dieses 10. Reykjavík International Film Festivals stand Griechenland. Manche Filme befassten sich mit der dortigen Krise und wie die Menschen mit ihr umgehen, welche Schicksale und Nöte aus ihr entstehen, mit der abschließenden Erkenntnis, dass das Leben irgendwie weitergeht. Überdies gab es zahlreiche Dokumentationen über die Zerstörung der Umwelt und die Erhaltung dieser, auch über die Bedrohung durch die Klimaerwärmung – wir sind hier schließlich in Island, das so schön nur bleiben kann, wenn sich die führenden Industrienationen zusammenraufen und ihren Beitrag zur Erderwärmung zurückfahren.

Den eigenen Film-Plan konnte ich mir bequem per Smartphone-App zusammenstellen, so schmeckt Zukunft. Nach den Filmen gab es an ausgewählten Tagen die Q & As. Darin stellten sich die Regisseure und einige Schauspieler den Fragen des Publikums und boten somit einen ungewohnten Einblick in ihr Schaffen. In allen Q & As, denen ich beiwohnte, zeichnete sich vor allem eines ab: Wir interpretieren zu viel. Da wurde nach der Bedeutung von Hausnummern, von Ketten, Symbolen und Farben gefragt. Die Filmschaffenden standen dann oft lakonisch vor uns, denn sie wollten unser Filmerlebnis nicht schmälern, aber was sollten sie uns anderes sagen als die Wahrheit über die Bedeutungslosigkeit der rein zufälligen Hausnummer 69?!

Zu den speziellen Veranstaltungen zählten die Filmvorführung in einer Schwimmhalle, eine in einer Hölle außerhalb der Stadt, und ein Film-Konzert, bei dem die für den Soundtrack verantwortliche Band die Filmmusik live spielte. Neben mehreren Diskussionsrunden, Film-Workshops und Info-Veranstaltungen über Piraterie oder Kickstarter Crowdfunding bekam man also eine Menge geboten. Besondere Aufmerksamkeit genossen die Regisseure James Gray, Laurent Cantet und Lukas Moodysson, die mit je drei Filmen vertreten waren. Moodyssons Wir sind die Besten gewann den Publikumsaward. Jedoch wurde auch Hayao Miyazaki s letzter Film Wie der Wind sich hebt mit breiter Begeisterung aufgenommen. Der Altmeister kann nun verdient in Rente gehen.

Sängerin Björk mischte sich ebenfalls unter die Kinogänger und verblüffte jeden Tag mit einem neuen Outfit. Bei ihrem Anblick ratterte es in meinem Kopf: Soll ich sie begrüßen? Soll ich ihr zu Dancer in the Dark gratulieren? Was würde sie mir über Lars von Trier verraten? Was hat sie für ein Orgasmus-Gesicht? Und würde ich bereuen, sie überhaupt angesprochen zu haben? Ich habe es doch gelassen und viel lieber den Anblick dieser Persönlichkeit genossen.

Wer es einmal nach Island schaffen sollte, für den ist ein Besuch der Lebowski-Bar unabdingbar. Donnerstags findet dort das Movie-Quiz statt, bei dem Filmkenner ihr Fachwissen im Bereich Filmmusik, Filmszenen, Filmtitel und Schauspieler unter Beweis stellen können. Wer sich für die Natur begeistern kann, wird auch dieses Angebot als unerschöpflich empfinden. Zum Prometheus-Wasserfall habe ich bereits geschafft, die James Bond-Gletscher sind nächste Woche dran, das Liebesnest von Jon Snow und Ygritte suche ich noch, und ich fürchte, dass ich Nolans Interstellar-Team verpasst habe. Wer sich hierzulande für einen Kinobesuch entscheidet und nach gezuckertem Popcorn fragt, erntet skeptische Blicke, hier gibt es ausschließlich salziges Popcorn. Isländer lieben salziges Popcorn. Dafür gibt es neben den Lichtspielhäusern, die alles zeigen, jedoch einige Independent-Kinos, die auch ausländische Filme samt Untertitel zeigen (beispielsweise Oh Boy oder The Broken Circle). Isländer lieben Filme.

Übrigens: Belgier, Estländer und Finnen, mit denen ich ins Gespräch gekommen bin, lobten Deutschland für seine guten Serien. Demnach werten Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei oder Sturm der Liebe das Fernsehangebot ausländischer TV-Anstalten auf. Da soll mal einer sagen, wir Deutschen hätte keine Ahnung von Fernsehen. Ich habe ihnen noch Helden – Wenn dein Land dich braucht ans Herz gelegt. Moviepilot-Usern würde ich ein paar der 16 Filme, die ich während des Festivals gesehen habe, ans Herz legen.

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