Forgotten Peter – Ein bekannter Unbekannter

26.08.2013 - 19:01 Uhr
Peter Jackson
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Dieser Moviepilot-User wirft einen Blick auf Peter Jacksons Œuvre , jedoch abseits seiner Der Herr der Ringe-Trilogie. Der User ist der Meinung, dass seinen frühen Werken viel zu wenig Beachtung geschenkt wird – vollkommen zu unrecht.

Wenn ich schon (bisher) keinen Kommentar zu meinem absoluten Lieblingsfilm, oder meinen drei absoluten Lieblingsfilmen (je nachdem, wie man die Herr der Ringe-Trilogie betrachtet) geschrieben habe, muss ich diese Aktion hier nutzen, um wenigstens dem netten, neuseeländischen Filmemacher ebenjener Trilogie die verdiente Ehre zukommen zu lassen. Und diese Ehrerbietung steht Peter Jackson nicht nur für Der Herr der Ringe zu. Trotzdem wird er gerne immer wieder auf seine Ausflüge nach Mittelerde reduziert – und das völlig zu Unrecht!

Peter Jackson und Der Herr der Ringe. Diese beiden scheinen mittlerweile untrennbar zueinander zu gehören; man assoziiert das eine unweigerlich mit dem anderen, jedenfalls ist das bei mir so und ich denke, vielen anderen Menschen wird es wohl genau so gehen. Das hat sich „Pete“ ja auch durch seine herausragende Umsetzung der Trilogie redlich verdient. Ein fantastischer Film bzw. drei fantastische Filme, die auf jeder erdenklichen Ebene funktionieren. Und ja, ich halte diese Trilogie für seine beste Arbeit, aber nichtsdestotrotz sollten seine anderen Filme, vor allem die vorangegangenen, dadurch nicht in Vergessenheit geraten. Peter Jackson ist der Herr der Ringe, aber er ist auch weitaus mehr als das. Schleimkotze fressende Aliens, die die Menschheit zu Fast Food verarbeiten möchte, koksende, Geschlechtskrankheiten verbreitende Handpuppen, die alles begatten, was ihnen in die Quere kommt, ein Ohr, das in einen Teller voll Pudding fällt und anschließend von seiner Besitzerin verspeist wird und ein Rasenmäher-Zombie-Massaker – auch das ist Peter Jackson. Und mit dieser kurzen Aufzählung kratzt man nur an der Oberfläche absurder Szenen aus seinen drei Frühwerken Bad Taste, Meet the Feebles und natürlich Braindead, die Mutter (im wahrsten Sinne des Wortes) aller Splatterkomödien und gleichzeitig einer von Petes besten Filmen.

Gerade in Braindead schafft er es, Absurditäten und skurrilen und teils kindlichen Witz mit trashiger, aber doch harter Gewalt zu einer absolut stimmigen Horrorkomödie mit Szenen für die Ewigkeit zu vermengen. An den vielen kreativen Ideen und kleinen Details in den einzelnen Szenen zeigt sich Jacksons Liebe zu seiner Arbeit. Das ist kein schnell hingerotztes Splatterfilmchen, bei dem es einzig und allein um billige, explizite Gewalt geht und ab und an ein pseudo-cooler Oneliner rausgehauen wird. Braindead ist ein intelligentes Absurditätenkabinett aus tiefschwarzem Humor, aberwitzig hohem Blutzoll, herrlichen Dialogen mit gutem Timing und abgedrehten Figuren in einer abgedrehten Welt – ein wahres Fest aus Blut und Witz! Ähnlich verhält es sich mit Bad Taste, der in seiner Gesamtheit jedoch nicht so rund wirkt wie Braindead, aber in dem auch schon unglaublich lustige und völlig abgedrehte Einfälle verarbeitet wurden. Meet the Feebles mag ich persönlich nicht so sehr, was aber eher meiner allgemeinen Abneigung gegenüber sämtlichen Arten von Puppen geschuldet ist. Als absolut wahnsinniger Trashfilm funktioniert er trotzdem.

Zwischen diesen drei völlig überbordenden Filmen, für die Pete heute doch noch einigermaßen bekannt ist, und dem Herr der Ringe hat er aber noch drei weitere Filme gedreht, die sträflicherweise oft übergangen werden. Dabei gehören sie mit zum Besten, was Jackson hervorgebracht hat. Besonders im Vergleich zu Braindead ist der direkt nachfolgende Heavenly Creatures – Himmlische Kreaturen eine absolute Überraschung. Ein von zwei starken Mädchen-Charakteren getragenes Drama mit Fantasy- und Thrillerelementen, die sehr schön und kreativ in Szene gesetzt werden. Hier liegt der Fokus wirklich auf den Charakteren, ihrer Beziehung zueinander und ihrer gemeinsamen Entwicklung, was man Jackson wohl so nicht zugetraut hätte. Eben aus diesem Grund sollte der Film schon mehr Beachtung finden, zeigt er doch, wie variabel dieser Mann ist und dass er auch leisere Töne anschlagen kann. Dass sich Peter Jackson nur schwer in eine Schublade stecken lässt, zeigt dann auch sein nächster Film, die Mockumentary Kein Oscar für Mr. McKenzie, in der er sich selbst „spielt“. Achtung, Spoiler folgen!

Spätestens hier wird klar, dieser Mann für Filme liebt und lebt. Denn nur dann kann so ein Film wie Forgotten Silver entstehen, in dem es um den komplett frei erfundenen Filmemacher Colin McKenzie geht, der hier angeblich einer der für die Filmhistorie wichtigsten Regisseure ist. So glaubhaft und detailreich wird diese Geschichte erzählt und mit Interviews von bekannten Schauspielern und Hollywoodgrößen unterlegt, wie z.B. Sam Neill und Harvey Weinstein, dass man sich nach den nur 53 Minuten fragt, ob dies nun tatsächlich der Realität entspricht, was heute in Zeiten des Internets leider schnell nachprüfbar ist, aber 1995 doch für einige Verwirrung sorgte. Noch schnell ein paar Worte zu der etwas bekannteren Horrorkomödie The Frighteners aus dem Jahre 1996, mit dem großartigen Michael J. Fox in der Hauptrolle, als Geisterjäger, der tatsächlich Geister sehen und mit ihnen kommunizieren kann und das zu seinem Vorteil nutzt. Das Anschauen lohnt sich allein schon wegen ihm und hier kann Pete auch wieder seinen skurril-lustigen Ideen freien Lauf lassen.

So gut die Herr der Ringe-Trilogie auch ist, lohnt es sich trotzdem, auch mal ein Auge auf die früheren Filme des großartigen Peter Jackson zu werfen. Besonders Heavenly Creatures und Forgotten Silver (Kein Oscar für McKenzie) haben mehr Liebe verdient!


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