Hans-Christoph Blumenberg zu Warten auf Angelina

08.01.2009 - 09:00 Uhr
Kostja Ullmann & Florian Lukas
Farbfilm
Kostja Ullmann & Florian Lukas
2
0
NEWS» Regisseur Hans-Christoph Blumenberg beantwortet Fragen zur Komödie Warten auf Angelina.

Wie muss man sich das vorstellen: Sie sitzen auf Ihrer Dachterrasse in Berlin-Mitte, wissen, dass Brad Pitt und Angelina Jolie angeblich in die Nachbarschaft ziehen wollen und denken sich: Also das ist jawohl filmreif?

In gewisser Weise schon. Mir kam die Idee ganz klassisch unter der Dusche, eines Morgens Ende Mai letzten Jahres war das. Ich habe nicht mal darüber geschlafen. Ich dachte: Das muss eine Geschichte über zwei Jungs werden, die das Gerücht mit Brad Pitt und Angelina Jolie zum Ausgangspunkt hat. Und mir war immer klar, dass einer dieser Jungs Florian Lukas sein müsste. Ich habe dann Florian mit nicht mehr als dieser Idee angerufen, wir haben zwei Tage später auf dieser Dachterrasse darüber geredet, und er sagte ja, das mache ich gern. Zwei Monate später haben wir den Film gedreht, das ging alles sehr schnell.

Wie lang ist denn so ein Drehbuch, das Sie innerhalb von zwei Monaten schreiben?

Das ist schon ein normales Spielfilmdrehbuch mit 100 Seiten. Ich habe mehrere Fassungen geschrieben. Ich hatte zu dem Zeitpunkt ja null Förderung und keinerlei Fernsehpartner, also musste ich das Drehbuch auch niemandem vorlegen. Beim Schreiben war ich ständig in Verbindung mit Florian, habe auch Ideen von ihm eingearbeitet. Etwas später kam Kostja Ullmann noch dazu: eine große Bereicherung für den Film.

Und die wunderbaren Ladies, die mitspielen, hatten fast alle zugesagt, bevor sie das Drehbuch kannten, weil sie die Idee so charmant fanden… Zum Teil sind das gute Freundinnen, mit denen ich schon gedreht hatte, Barbara Auer, Anna Brüggemann, Gudrun Landgrebe, Leslie Malton zum Beispiel. Die Rollen habe ich auch für sie geschrieben. Dazu kamen Jördis Triebel, mit der ich noch nicht gedreht hatte, und Jana Pallaske, die ich zwar nicht kannte, aber Florian kannte sie – diese Produktionsgeschichte ging also sehr schnell und unkompliziert. Wir haben den Film absolut guerillamäßig mit einem Team von neun Leuten gedreht!

Wie war die Zusammenarbeit mit Florian Lukas?

Florian Lukas hat sich sehr intensiv auf diese Paparazzo-Rolle vorbereitet, hat viel recherchiert, hat die Biografien von bekannten Paparazzi gelesen, mir immer wieder Material dazu geschickt, es gibt sogar ein paar Dialog-Sätze in dem Film, die Original-Zitate aus Interviews mit Paparazzi sind. “Ich dokumentiere doch nur das Leben dieser Leute” zum Beispiel, oder “Wenn man die Stars persönlich kennt, macht Kino eigentlich keinen Spaß mehr”.

Die beiden Protagonisten, der eine, der beruflich mit dem Thema Brangelina zu tun hat, der andere privat, standen also von Anfang an fest?

Richtig. Die Idee war, einen Film über so eine Art “Odd Couple” zu machen: Zwei Jungs, die überhaupt nicht zusammen passen. Ich erinnerte mich vage an einen französischen Film mit Lino Ventura und Jacques Brel, Die Filzlaus, und ich dachte, so ein Pärchen müsste das sein: zwei Männer, die sich im wahren Leben weitflächig aus dem Weg gehen würden, dann aber über die Umstände zusammengeschweißt werden. Aber eigentlich hat der Film nur eine bewusste Hommage. Die liegt in dem Namen der Figur, die Florian so wunderbar spielt: Will Tremper, den ich gut kannte, der ein großartiger Maverick-Filmemacher war und tolle Berlin-Filme gemacht hat, “Playgirl” zum Beispiel, oder “Die endlose Nacht”. Wir kannten uns sehr lange und gut, ich habe viel von ihm gelernt. “Katelbach”, der Name des fiktiven Zahnarztes, in dessen Dachwohnung die Geschichte spielt, ist natürlich auch kein Zufall: Das ist ein Hinweis auf den Roman Polanski -Film Wenn Katelbach kommt.

Der andere Protagonist in Ihrem Film ist ja bei allem Profi-Paparazzitum sehr typisch berlinerisch geblieben…

Ja, er findet dann ja auch zu seiner alten Liebe zurück. Es ist eben auch ein romantischer Film! Es entstehen immerhin sogar zwei neue Lieben.

Es ging dann jedenfalls sehr schnell zur Sache mit dem Dreh, und Sie haben hier auch nebenbei gewohnt.

Ja, und das kann ich niemandem empfehlen. Ich weiß zwar, was es bedeutet, bei fremden Leuten in der Wohnung zu drehen, aber der Alptraum ist dann natürlich, wenn man in der eigenen Wohnung dreht. Ich wusste aber von Anfang an, dass wir den Film mit einem sehr kleinen Team machen würden, denn hier passen ja auch nicht viele Leute rein… Was anderes fiel mir andererseits auch gar nicht ein, denn wir haben den Film ja mit kleinen Mitteln realisiert. Das ging dann aber doch gut, wir hatten einen separaten Raum für Maske und Garderobe im Erdgeschoss.

Wie haben Sie das überhaupt separiert, ihr Privatleben und den Dreh?

Na ja, morgens um sieben klingelte es zum Beispiel mal, und eine der Schauspielerinnen stand vor der Tür, die überlesen hatte, dass die Maske im Erdgeschoss war… Leben und Film gingen also sehr stark ineinander über. Mit dem Kameramann Klaus-Peter Weber habe ich alle meine Low-Budget-Kinofilme und auch etliche “Tatorte” gemacht, mit der Cutterin Florentine Bruck arbeite ich seit 20 Jahren zusammen, es war also ein bisschen “friends & family”. Den beiden ist der Film übrigens gewidmet.

Das Ganze scheint Methode zu haben. Sie wollten absichtlich einen “kleinen” Film machen, oder?

Ja, und das wusste auch jeder. Es war allen Beteiligten klar, dass es mehr ein kurzes intensives Sommerabenteuer werden würde, als ein großes kommerzielles Unterfangen. Insofern kommt einem zugute, wenn man die Mitwirkenden kennt, wenn ein gewisses Grundvertrauen da ist.

Wie bekommt ein Regisseur eine solche Gelassenheit, von Anfang an niedrig zu stapeln?

Ein “kleiner” Film ist ja nicht notwendig ein schlechter oder langweiliger Film! Man macht sich mit so einer Haltung erst mal von Druck und Erwartungen frei. Clint Eastwood hat mal gesagt, manche seiner Filme mache er “unter dem Radar”, das heißt unterhalb der normalen Wahrnehmung, und das ist ein schöner Ausdruck, finde ich.

Können Sie etwas zu der Musik sagen?

Letztes Jahr war ich hier in Berlin um die Ecke in einem Jazz-Konzert, da spielte eine Band namens “Big Bazaar Orchestra”, die leitet ein griechischer Jazzer namens Jorgos Psirakis. Das gefiel mir wahnsinnig gut. Das war aber Monate vor dem Film. Ich wollte keine typische Filmmusik, sondern hatte von Anfang an Jazz im Kopf, und als ich dann über Musik für Warten auf Angelina nachdachte, fiel mir das Konzert wieder ein. Ich rief den Jorgos also an, und schickte ihm das Drehbuch. Seine Band hatte noch nie Filmmusik gemacht! Die nahmen dann später einen Tag lang live die Musik im Studio auf.

Wer hat denn den Film bezahlt, wenn es keine Förderung gab?

Der hat nicht viel Geld gekostet. Aber das ist im Prinzip auch egal, denn ob er mehr oder weniger gekostet hat, macht ihn ja nicht zu einem besseren oder schlechteren Film. Ich habe auf jeden Fall am Anfang eine Menge selber gemacht, eine Weile war ich sogar meine eigene Produktionssekretärin, habe Motivverträge gemacht, Verhandlungen, Behörden-Telefonate selber geführt. Das hatte ich vorher auch noch nie gemacht, war lustig! Glücklicherweise hatte ich dann zum Dreh mit Jakob Krebs einen sehr fähigen Aufnahmeleiter. Und am Ende hatte ich das Glück, dass die Filmförderung Hamburg Schleswig Holstein die Postproduktion finanziert hat.

Ihre anderen Spielfilme, wie “Rotwang muss weg” oder “Planet der Kannibalen” sind ja oft Parodien auf ein bestimmtes Genre, “Rotwang” ist eine RAF-Satire, “Planet der Kannibalen” ein Science Fiction-Verschnitt. Was steckt denn bei “Angelina” dahinter?

Mich hat dieser irrsinnige Celebrity-Kult interessiert, an dem wir ja alle mehr oder weniger partizipieren und von dem wir auch profitieren. Dieses Brangelina-Phänomen ist ja von absurder Schönheit. Manche Zeitungen haben die ja jede zweite Woche auf dem Titel, das ist eine ganze Industrie. Das hat mich sehr interessiert, insofern war die Paparazzo-Recherche durchaus ernsthaft. Und jetzt, wo Quentin Tarantino mit Brad Pitt hier in Berlin dreht, sind bestimmt schon ein paar Paparazzi aus Los Angeles unterwegs…

Ist so ein Film für Sie eine Entspannung im Gegensatz zu den harten Geschichts-Dokudramen, die Sie oft fürs Fernsehen inszeniert haben?

Zumindest machen mir diese Independent-Kinofilme ein sehr spezielles Vergnügen. Bei einem Film wie Die letzte Schlacht über die Schlacht um Berlin 1945 arbeitet man anderthalb Jahre daran, ein Riesenprojekt, auf das ich auch sehr stolz bin. Aber so eine Sache entsteht ja nicht aus mir heraus, sondern das ist ein Auftrag, und man versucht dann, diese Geschichte so gut und nah wie möglich an den Verhältnissen zu erzählen. So etwas wie Warten auf Angelina ist eher das, wieso ich ursprünglich mal angefangen habe, Filme zu machen. Alle paar Jahre muss so etwas sein, solange es noch möglich ist, in diesen Nischen zu arbeiten.

Ist Ihr Film ein Berlin-Film?

Die Geschichte kann eigentlich nur in Berlin spielen. Aber was ist schon ein Berlin-Film? Ich wollte auf jeden Fall diese ganzen pseudocoolen Mitte-Posen vermeiden.

Copyrigth: Farbfilm

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News