Drei Sichtungen bestimmten meinen zweiten Tag auf der Berlinale 2016, wobei die Vorführungen an sich den geringsten Teil in Anspruch nahmen. Die meiste Zeit verbringt man mit den Anfahrten und dem Warten, endlich hereingelassen zu werden. Schlangen so weit das Auge reicht, ein Andrang, der nicht enden will.
Den Einstieg machte heute mit Der müde Tod ein Klassiker von Fritz Lang aus dem Jahre 1921. Den Tag mit einem Stummfilm zu starten hat auch seinen ganz eigenen Charme. Zum Glück konnte mich Lang mit seinen fantastischen Kulissen und Kostümen begeistern, denn abgesehen davon habe ich bemerken müssen, dass ich Stummfilme wahrlich nicht an jedem Tag und in jeder Gemütslage problemlos schauen kann. Die Geschichte zog sich somit ein wenig und auch die permanente musikalische Untermalung fiel mir an einigen Stellen negativ auf. Dennoch zurecht ein Klassiker, der es verdient, geehrt zu werden.
Anschließend war es Zeit für ein Mittagessen, doch schnell musste es wie immer gehen, denn der nächste Termin rückte bereits gefährlich nahe. Somit musste mal wieder das sündhafte Fastfood herhalten, um rechtzeitig zum Friedrichstadtpalast zu gelangen. Dort wurde ich schnell von einer gigantischen Menschenmasse überwältigt, die wohl alle den neuen Vinterberg begutachten wollten. Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass die alle in den selben Raum passen würden, doch der für die Berlinale umfunktionierte Saal war für meine Kino-Verhältnisse unfassbar riesig, weshalb er letztendlich sogar noch freie Plätze aufwies. Die Kommune war eine willkommene Abwechslung zu meinem restlichen Programm, da er das Publikum zum Lachen bringen konnte. Eine solide Komödie, die gezielt versucht, alle genretypischen Konventionen zu brechen, was sowohl locker und erfrischend daherkommt, jedoch an vielen Punkten auch scheitert. So schafft es der Zuschauer nicht sich in diesen skurrilen Situationen wiederzufinden, wodurch auch die daraus resultierenden Emotionen ausbleiben. Die meiste Zeit schaut man eher verdutzt dabei zu, was unsere Charaktere machen. Dann gibt es zwischendurch einen Lacher, eine traurige Szene (, die jedoch ebenfalls keinerlei Emotionen auslöst) und wieder haufenweise Skurriles. Mir fiel es jedenfalls schwer, mich mit irgendwem zu identifizieren und obwohl ich über weite Strecken meinen Spaß mit dieser bizarren Handlung hatte, fühlte sie sich für Außenstehende (, die eben noch nie in einer Kommune gelebt haben) extrem belanglos an, wodurch sogar an einigen Stellen Langeweile und Verwirrung auftauchten.
Am Ende dieses zweiten Tages durfte ich dann schließlich zum ersten Mal ein wenig Glamour-Luft schnuppern. Bevor es zur Sichtung von Gangs of New York kam, wurde zunächst Michael Ballhaus mit dem goldenen Bären für sein Lebenswerk geehrt. Ein Koloss des deutschen Kinos und eine lebende Legende. Die Laudatio durfte sein Freund Tom Tykwer halten. Eine lange, aber definitiv angebrachte Zeremonie und eine wunderbare Würdigung eines ganz Großen. Dennoch musste ich anschließend die Vorführung früher verlassen, da es sich viel zu sehr in die Länge gezogen hat und mich mein Wecker morgen um kurz vor acht aus dem Bett schmeißen wird, denn um 10 Uhr wartet dann auch endlich der neue Lav Diaz auf mich. A Lullaby to the Sorrowful Mystery heißt der achtstündige Epos, den ich sehnlichst, aber auch mit einer gesunden Prise Erfurcht, erwarte.
Somit verließ ich lieber frühzeitig das Kino und machte mich auf den Weg zurück zum Haus. Ein kurzer Abstecher zur Jazzbar, in der mein Gastgeber auf mich wartete, und ein kühles Blondes waren aber noch drin. Jetzt werde ich aber auch tot ins Bett fallen, nur um in Kürze wieder geweckt zu werden. In diesem Sinne: Gute Nacht!