Die polierten Hallen des vollautomatisierten Clamp Enterprises-Wolkenkratzer von Mogul Daniel Clamp (John Glover) empfangen unsere Helden aus Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster in einer hochtechnologisierten Zukunftsvision. Omnipräsente Computerstimmen kommentieren mit euphorischer Ironie den vermeintlichen Fortschritt, den diese größenwahnsinnige Manifestation der Modernisierung ausstrahlt. Handwerker, die einer von einer automatischen Drehtür eingeklemmten Frau helfen, werden zu super Türen-Upgrades und der firmeneigene Fernsehsender zeigt demnächst Michael Curtiz' Casablanca "now in full color with a happier ending." Grandpa Freds (Robert Prosky) Horrorfilm-Sendung wird währenddessen für ungünstigere Sendezeiten terminiert. Seinen Karrieretraum von seriöser Berichterstattung musste er schon früh dem gefragten Fast-Food-Konsum opfern, der The Attack of the Octopus People (Octaman - Die Bestie aus der Tiefe) statt Frankenstein verlangt.
Währenddessen wird Gizmo wieder aus dem behüteten Antiquitäten-Laden des Mr. Wing (Keye Luke) gerissen, nachdem dieser stirbt und den Kampf gegen die Gentrifizierung damit letztendlich doch verliert. "Television again? An invention for fools", sind mit die letzten Worte, die wir von ihm hören. Weit in den Film hinein, wenn die Anarchie der giftgrünen Gremlins schon im vollen Gange durch die Flure des Hochhauses wütet, zeichnet Regisseur Joe Dante eine Parallele zwischen wildgewordenen Kreaturen und den egozentrischen Anzugträgern des Gebäudes. Statt einem evolutionären Fortschritt resultiert eine menschliche Rückentwicklung aus dem technologischen Voranschreiten, die Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster in seiner bissig-satirischen Art in der exzessiven Übernahme des Chaos beschreibt.
Warum ich Gremlins II mein Herz schenke
Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster katapultiert sich geradewegs in einen anarchischen Wirbelsturm aus Referenzen, Meta- und Random-Gags in einem haltlosen Kreativitätsfluss. Spätestens wenn die Gremlins das chemische Versuchslabor von Doctor Catheter (Christopher Lee) und den Terminator 2 - Tag der Abrechnung-Zwillingen (Don Stanton und Dan Stanton) plündern, ist der Ideen-Sturm endgültig entfesselt. Erst nehmen die garstigen Viecher das Fernsehstudio ein, in dem Filmkritiker Leonard Maltin gerade Gremlins - Kleine Monster verreißt, wenig später schon sitzt ein sprechender Gremlin mit akademischem Wortschatz im Interview mit Grandpa Fred, während andere im Obergeschoss gerade zu Fledermaus- und Spinnen-Kreuzungen mutieren.
Schon im Vorspann, wenn das Warner Bros.-Logo angeflogen kommt, streitet sich Daffy Duck mit Bugs Bunny zu dessen 50. Geburtstag um den Platz auf dem Wappen. Zwischendrin wird der Film selbst von den Gremlins unterbrochen, die erst von Hulk Hogan bzw. in der alternativen Version von John Wayne belehrt werden müssen, damit der Hauptfilm weitergeht. Und Joe Dante ist sich nicht zu schade, ironisch auf Makel des ersten Films hinzudeuten, ohne diesem dabei Schaden zuzufügen. In einer Szene machen sich Mitarbeiter der Firma über die Regeln für den Umgang mit Gremlins lustig ("What if one of them eats something at eleven o'clock, but he gets something stuck in his teeth?") und in einer anderen verweist Joe Dante mit einem Augenzwinkern auf das willkürlich eingeschobene Weihnachtsmann-Trauma von Kate (Phoebe Cates) im ersten Film.
Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster ist Joe Dantes exzentrisches, bissiges Spaßfeuerwerk, das in unglaublich kurzweiligen 106 Minuten einen rasanten Rundumschlag austeilt. Ein Sequel bei dem der Regisseur statt Handschellen mehr Geld und komplette Freiheit bekommen hat, äußert sich in freigeistiger Kreativität.
Warum Gremlins II die Jahrzehnte überdauern wird
Im Gegensatz zur sonst so pessimistischen Einstellung gegenüber dem technologischen Fortschritt nutzt Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster diesen, um sich bezüglich der Animationstechnik in virtuose Höhen zu schwingen. Szenen wie die Nachstellung einer riesigen Musical-Nummer aus Broadway-Show sind geradezu größenwahnsinnig. 26 Jahre hat der Film bereits überstanden und ist dabei nur minimal merkbar gealtert. Die ganz raren Einsätze von Greenscreen, um Gizmo vollständig zu zeigen, sind immer noch mit einer aufwendigen Puppentechnik verbunden. Und ansonsten ist es schier beeindruckend, mit was für einer Hingabe und Diversität die Kreaturen designt sind, wie unbändig Massenszenen aufgezogen wurden, bei denen jeder einzelne Gremlin eigenständig funktioniert. Durch stark überwiegende Handarbeit ist es für Gremlins II - Die Rückkehr der kleinen Monster fast unmöglich, auf der technischen Seite zu altern. Filme mit CGI-Kreaturen, die 20 Jahre weniger auf dem Buckel haben als Gremlins II, sind bereits jetzt überholter, als es dieser Film jemals sein wird. Zudem ist Joe Dantes Meisterwerk auch thematisch zeitlos. Die Kritik an der Konsumgesellschaft und ihrer Befeuerung durch minderwertige Produktionen im Unterhaltungsbereich lässt sich problemlos auch auf die heutige Zeit anwenden und wird es zu einem gewissen Grad immer können. Immerhin ist auch der Gedanke hinter Daniel Clamps Figur aktueller als je zuvor. Diese ist unter anderem eine Parodie von Donald Trump.
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