Dieser Teenie-Thriller über das Ferienlager des Grauens lässt niemanden kalt – intensiv, beklemmend, brutal ehrlich

16.05.2025 - 15:50 UhrVor 1 Stunde aktualisiert
The Plague ist schon jetzt einer der Geheimtipps von Cannes 2025
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The Plague ist schon jetzt einer der Geheimtipps von Cannes 2025
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Der Teenie-Thriller The Plague zeigt auf beklemmende Weise einen Kreislauf des Mobbings in einem Ferienlager. Es ist einer der echten Geheimtipps beim Festival von Cannes 2025.

So ein souveränes Spielfilmdebüt sieht man selten. The Plague heißt der Thriller, Charlie Polinger hat Regie geführt und obwohl mit Joel Edgerton ein durchaus bekannter Schauspieler vor der Kamera stand, bleibt es ein kleiner, aber feiner Geheimtipp beim von Stars überlaufenen Filmfestival von Cannes.

In ebenso präzise wie aufreibend geschriebenen 95 Minuten taucht der Film in ein Ferienlager des Grauens ein und zeigt, wie Jungen einander das Leben zur Hölle machen. Es ist ein beklemmender Film über die Anpassungszwänge in der Pubertät. Dabei beginnt er wie eine harmlose Teenie-Komödie.

The Plague wird von fantastischen Kinderdarstellern getragen

Fundament des Teenie-Thrillers ist das erstaunliche Casting der 12- bis 13-jährigen Jungen, vor allem des Trios im Zentrum des Films. Wobei: "Trio" suggeriert schon zu viel freundschaftliche Bande zwischen ihnen.

Erzählt wird der Film aus Sicht von Ben (Everett Blunck), der 2003 seinen Sommer in einem Sportlager mit Fokus auf Wasserball verbringt. Ben ist clever, sensibel. Er will dazu gehören.

Der charismatische Jake (Kayo Martin) gehört nicht nur dazu, er hat bereits eine treue Gefolgschaft pubertierender Bengel um sich geschart. Jake wirkt auf den ersten Blick wie der kleine Bruder von Gaten "Dustin" Matarazzo aus Stranger Things, Wuschelkopf und Charme inklusive. Auf den zweiten Blick erkennt man einen meisterhaften Manipulator und Menschenkenner, der mit seinen Späßen bei Laune hält, dirigiert, ausgrenzt.

Der mit Spuren einer Hautkrankheit übersäte Eli (Kenny Rasmussen) darf nicht dazugehören, denn laut Jake hat er "die Pest". Also springen in der Schulkantine alle von ihren Plätzen, wenn sich Eli hinsetzt. Will Neuling Ben wirklich dazugehören, muss er den Aussätzigen meiden – und um alles in der Welt verhindern, dass er auch "die Pest" bekommt.

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Der Teenie-Thriller steigert die Anspannung, bis sie kaum auszuhalten ist

Mehr Herr der Fliegen als Kings of Summer, beginnt The Plague zunächst harmlos. Charlie Polinger, der auch das Drehbuch geschrieben hat, trifft den Ton von Prä-Smartphone-Teenagern. Ihre Pranks amüsieren genauso wie ihre aufgegeilte und gestelzte Sprache, ein Rotzbuben-Slang, der vermutlich MTV, American Pie und älteren Brüdern entlehnt wurde. Ihr Humor lockt in die Falle.

Schnell macht sich nämlich die Mobbing-Dynamik im Ferienlager bemerkbar. Sie versetzt den unsicheren Ben in einen Angstzustand, der sich auf den Film überträgt. Mit intensiven Großaufnahmen und genau beobachteten Gesten porträtieren Polinger und sein Team Bens Zerrissenheit zwischen dem Mitgefühl für Eli und der Furcht vor Ausgrenzung. Sie zeichnen Charakterbilder dreier Jungs, die auf unterschiedliche Weise ihre Identität zu definieren suchen, und die einander mehr als nur verunsichern.

Angetrieben wird der Thriller glücklicherweise nicht von den "guten" oder "bösen" Jungs, von einfachen Feindbildern oder Bully-Klischees. Treibstoff ist der soziale Druck, der die einen Jungs zu Klassenclowns macht und die anderen zu Mobbing-Opfern. Der Dominoeffekt dieses Drucks wird in The Plague derart konsequent zu Ende gedacht, dass einem das Lachen im Halse erstirbt.

Wir haben The Plague beim Festival von Cannes gesehen, wo er in der Sektion Un Certain Regard Premiere feierte. Aktuell hat der Film noch keinen deutschen Kinostart.

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