Die Französin Isabelle Huppert gilt als die “harte Zarte”, die “stachlige, verschlossene Distelblüte” (Rainer Gansers, epd-Film), eine Schauspielerin, die für ihre aussergewöhnlichen Rollen bekannt ist, immer irgendwie unnahbar und abweisend erscheint, aber umso gekonnter Gefühle und Empfindungen auf die Leinwand bannen kann.
Bereits zweimal wurde sie beim Internationalen Filmfestival in Cannes mit der Goldenen Palme als Beste Schauspielerin ausgezeichnet, für ihr Leistungen in Die Klavierspielerin von Michael Haneke und Laura – Eine Frau geht durch die Hölle von Claude Chabrol. Mit ihren Filmen war sie selbst 14 Mal bei dem Festival vertreten und hält damit eine Rekord für eine Schauspielerin. Noch imposanter ist ihre Ausbeute beim Französischen Filmpreis: 13 Mal ist sie für die Trophäe nominiert. Auch hier zeigt sich: Isabelle Huppert ist in Frankreich eine Institution.
Nun wird die Schauspielerin den Vorsitz der Jury des Festivals in Cannes übernehmen. Das 62. Festival von Cannes findet vom 13. bis 24. Mai statt. Bisher hatten erst vier Frauen die Juryleitung bei dem renommierten Filmfestival übernommen: Liv Ullmann, Jeanne Moreau und Françoise Sagan. Mit Isabelle Huppert ehrt die Festivalleitung um Thierry Frémaux nicht nur eine weitere Schauspielerin, sondern auch eine Frau, die für das europäische Autorenkino steht und mit mehr als 80 Filmen dieses mitgeprägt hat.
Isabelle Huppert ist schlagartig Mitte der 1970er Jahre bekannt geworden, als sie in dem Drama Die Spitzenklöpplerin (1976) von Claude Goretta ein junges, etwas verklemmtes, kleinbürgerliches Mädchen spielt, dass sich in einen Studenten verliebt, aber nicht in dessen Gesellschaft passt. Sie liess sich nicht auf den Typ des verschlossenen Mädchens festlegen und überzeugte besonders unter der Regie von Claude Chabrol immer wieder als Frau mit Geheimnissen, als komplexe Persönlichkeit und intellektuelle Person.
Wie die Schauspielerin sagt, freue sie sich sehr über ihre Aufgabe. Ihr Vorsitz zeigt einmal mehr, dass Cannes sich um jüngere und experimentierfreudige Jury-Chefs bemüht. Im letzten Jahr konnte Sean Penn für die Position gewonnen werden, davor wares es Stephen Frears, Kar Wai Wong und Emir Kusturica. Venedig und Berlin stehen da noch etwas in der Schuld: Mit Tilda Swinton hat die kommende Berlinale – nach Roland Emmerich, Charlotte Rampling, Paul Schrader und Costa-Gavras – endlich auch einen weiteren weiblichen Jury-Boss, der sich für das Autorenkino stark macht.