Klassiker heißen nicht ohne Grund Klassiker. So wie Goethe und Schiller sind Filme wie 2001: Odyssee im Weltraum oder Citizen Kane die Spitzen des menschlichen Schaffens. Sie zeichnen sich durch Formalismus, Innovation oder Inhaltstiefe aus und wurden zahllose Male von klugen Köpfen für ihre Qualitäten in den Himmel gelobt. Zu jedem Klassiker gibt es tausende Reviews, Rezensionen und Interpretationen, denn sie sind so unglaublich vielfältig. Wenn sich die Kritiker und die Fans einig sind, was soll dann schon schiefgehen?
Leider kann ein Film noch so oft Meisterwerksstatus erlangen, in Filmkanons stehen und in hippen Hinterhofkinos voller Geschmacksnazis bis zum Exzess wiederholt werden, manchmal mag er uns einfach nicht gefallen. Dann stehen wir alleine da. Haben wir das Ganze missverstanden? Liegt es am Generationenunterschied? Oder hat unser eigenes Gusto eine höhere Sphäre erreicht? Auf jeden Fall solltet ihr eure unpopulären Meinungen nicht zurückhalten. Posaunt hier bei Mein erstes Mal heraus, wann ihr das erste mal von einem Klassiker enttäuscht wurdet!
Malte interessiert sein Stalker nicht
Nachdem ich Picknick am Wegesrand der Gebrüder Strugatzki gelesen hatte, wollte ich unbedingt die Verfilmung Stalker (1979) von Andrei Tarkowski (Solaris) sehen. Eigentlich stehe ich auf leise, athmosphärische Filme wie diesen. Die Bildsprache der Geschichte um eine geheimnisvolle, scheinbar lebendige und lebensgefährliche “Zone”, die Wünsche erfüllt und nur von kundigen Stalkern betreten werden kann, hat mich auch überzeugt. Nur von der Handlung hatte ich soviel mehr erwartet, als endlose Konzeptkontemplation und langsame Kamerafahrten. Ich kann den Klassikerstatus nachvollziehen, aber das hat mich nicht am Einschlafen gehindert.
Mattes
Große Teile der Nouvelle Vague langweilen mich unfassbar. Francois Truffaut kann ich wegen Sie küßten und sie schlugen ihn irgendwie alles verzeihen. Bei Jean-Luc Godard ist das schon anders. Während ich Die Verachtung liebe, enttäuschen mich viele Filme von ihm sehr. Mit Außer Atem stehe ich auf speziellem Kriegsfuß. Ich akzeptiere den filmtechnischen Befreiungsschlag und den gesellschaftlichen Stinkefinger, den dieser Film markiert. Filmhistorisch ist Außer Atem Rock´n Roll. Er war nötig. Doch er wirkt nicht auf mich. Andere historisch prägende Klassiker faszinieren mich durch ihre Technik hindurch auch emotional und gedanklich. Außer Atem ist mir da zu kalt und arrogant.
Rae
Ich mag Stanley Kubrick nicht. Das könnte damit zusammenhängen, dass ich Design studiert habe und Designer aus irgendwelchen mir absolut unbegreiflichen Gründen Kubrick-obsessiv sind. Bei unsererm monatlichen Filme-die-man-gesehen-haben-muss-Abend an der Uni kam ich irgendwann nicht umhin, mir Uhrwerk Orange anzusehen. Ich hatte schon viel Gutes von ihm gehört und nachdem ich Full Metal Jacket nicht mochte, wollte ich Kubrick noch eine Chance geben. Ich habe mich selten so gelangweilt und das Ende eines Filmes so herbeigesehnt. Ich fand den Film absolut überzogen, auch die Schock-Momente ließen mich kalt. Vielleicht war ich einfach zu jung oder es war der falsche Abend für so einen Film, aber von Kubrick habe ich trotzdem genug.
Wann wurdet ihr das erste Mal klassisch enttäuscht?