Mythologie im Film – Eine kopflose Tragödie

02.04.2013 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Mythologie im Film – Eine kopflose Tragödie
moviepilot/20th Century Fox
Mythologie im Film – Eine kopflose Tragödie
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Verfilmte Mythologie wird gerne als hohles, aufpoliertes trojanisches Pferd in die Kinos geschoben. Warum dabei nicht selten ein “Hassfilm” herauskommt, damit befasst sich moviepilot-Mitglied Miss Kubelik zwischen Perseus und Percy Jackson.

Die Kategorie „Hassfilm“ hier bei moviepilot ist bei mir vergleichsweise leer, weil ich persönlich damit nicht nur einen wahnsinnig schlechten Streifen betiteln würde (der von mir meist wenigstens zwei bis drei Mitleidspunkte erhält), sondern vor allem jene Filme, die mich tief im Inneren zur Weißglut gebracht haben. Gute Chancen auf einen Platz in der Liste haben aber besonders jene Produktionen, die sich an antiken Dichtungen von Homer über Hesiod bis Ovid vergreifen und sie meiner Meinung nach mit Füßen treten – wie zum Beispiel Percy Jackson – Diebe im Olymp. Und leider sind solche Filme keine Seltenheit. Doch warum ist die filmische Verwertung insbesondere der griechischen und römischen Mythologie bislang so mau ausgefallen? Sollten die abenteuerlichen und nicht gerade zimperlichen Geschichten nicht viel eher eine perfekte Steilvorlage für fantastische Epen darstellen?

Percy Jackson mag für die Toleranteren unter uns ein nett gemeinter, durchschnittlich unterhaltsamer Fantasy-Blockbuster sein, der wenigstens Sean Bean als Zeus zu bieten hat und der versucht, die Heldenmythen in die Neuzeit zu transportieren. Ich hingegen (als jemand, der sich mit der Thematik auseinandergesetzt und die Erzählungen verinnerlicht hat) sage: Percy Jackson ist ein sinnfreies Potpourri aus verschiedenen Mythen, das nach Belieben die schaurigen Ungeheuer zusammenwürfelt und die Dichtungen unnötig stark abändert. Als Entschuldigung ließe sich vielleicht anbringen, dass Percy Jackson in erster Linie eine Romanadaption ist – da ich die geistigen Ergüsse des Autors Rick Riordan allerdings nicht kenne, kann ich nichts über die Unterschiede zwischen Buch und Film sagen. Letzten Endes würde ich wahrscheinlich beide Versionen zu Hades in die Unterwelt verbannen.

Unnötiges Abweichen von vielversprechenden Vorlagen
Doch was genau ärgert mich eigentlich so an dem Film von Chris Columbus (Harry Potter und der Stein der Weisen und Harry Potter und die Kammer des Schreckens), abgesehen von dem unglaublich schlechten Drehbuch und den teils billigen CGI-Effekten? Annabeth (Alexandra Daddario) zum Beispiel ist im Film die Tochter von Athene. So weit so gut, doch Athene ist die Tochter des Zeus, des obersten Herrschers der griechischen Götter, und sie selbst ist die jungfräuliche Schutzgöttin des Krieges, der Weisheit und der Künste. Sie begleitete zwar die Männer gern in die Schlacht und stand zum Beispiel Perseus (zu dem wir gleich noch kommen werden) helfend zur Seite, aber um es mal plakativ zu sagen: Horizontale Leidenschaften bezogen auf das andere Geschlecht hatte sie nicht. Jeden Angriff auf ihre Keuschheit wusste sie zurückzuweisen. Und auch, wenn sie selbst eine mehr als sonderbare Geburt hinter sich hat (sie entsprang in voller Rüstung als ausgewachsene Kriegerin aus dem Schädel des Zeus): Die emanzipierte „Kopfgeborene“ hat nie in irgendeiner Art und Weise Kinder geboren.

Kommen wir nun aber zum Titelheld Percy Jackson (Logan Lerman), mehr oder weniger einfallsreich vom Halbgott Perseus abgeleitet. Im Film wie im Buch wird er als Sohn des Poseidon beschrieben, was – wie könnte es auch anders sein – vollkommen falsch ist. Warum auch sollte sein Vater der übermächtige Zeus sein, wenn stattdessen sein Bruder Poseidon, Hauptgott der Meere und Gewässer, herhalten kann um den Zuschauer vermutlich mit noch mehr Wassereffekten überschwemmen zu können. Davon abgesehen gibt es die Perlen von Persephone gar nicht (die Suche danach ist also ein „kreativer“ Drehbucheinfall), die Hydra kämpfte eigentlich gegen Herkules so wie Theseus sich in einem Labyrinth dem Minotaurus stellte und das gefährliche Kosten vom Lotus ist eigentlich Teil der Odyssee, die nichts mit Perseus zu tun hat.

Das könnte ich ja vielleicht alles noch als Versuch deuten, die verschiedenen Mythen miteinander zu verbinden und etwas moderner zu gestalten – was prinzipiell ja nichts Schlechtes sein muss. Wenn ich dann allerdings sehe, dass der Olymp mal eben auf das Empire State Building verlegt wurde und die Kiddies total hip mit Apple-Produkten hantieren, dann ist das nicht nur etwas zu viel des Guten. So bleibt also nur das Bild der schlangenhaarigen Medusa (Uma Thurman) mit ihrem versteinernden Blick im Gedächtnis, die von Percy mit Hilfe seines iPhones überlistet wird und dann ihren Kopf verliert. Perseus selbst nutzte stattdessen noch das gute, alte Spiegelschild der Athene, aber das wäre natürlich viel zu old school. Doch meiner Meinung nach täte dem Film ein wenig mehr „Werktreue“ sehr gut, da die griechische und römische Mythologie doch eigentlich genügend actionreichen und fantasievollen Stoff für gut gemachte Unterhaltung bietet.

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