Narnia-Regisseurin macht es richtig: Die Fantasy-Neuauflage von Netflix gehört aus gutem Grund ins Kino

09.11.2024 - 14:15 Uhr
Netflix legt Narnia neu auf
20th Century Studios/Disney
Netflix legt Narnia neu auf
0
1
Für Streaming-Dienst Netflix dreht Greta Gerwig eine aufwändige Narnia-Neuverfilmung. Jetzt kämpft die Regisseurin auch für eine Kinoauswertung. Damit liegt sie goldrichtig, denn die Vorlage ist wie geschaffen für die große Leinwand.

Greta Gerwig legt C.S. Lewis' klassische Fantasy-Romanreihe Die Chroniken von Narnia für Netflix neu auf und soll mindestens zwei der Filme selbst inszenieren. Diese wie für Netflix üblich nur im Streaming zu veröffentlichen, reicht der oscarprämierten Barbie-Regisseurin jedoch nicht: Neuen Berichten zufolge pocht sie auf einen groß angelegten Kinostart der Filme ‒ und zwar im IMAX auf der größtmöglichen Leinwand.

Das wäre ein echtes Novum für Netflix, denn bisher hat der Streamer nur ausgewählte, oscarverdächtige Filme aus eigenem Hause vor Streaming-Start für den kurzen Lauf von nicht länger als einer Woche ins Kino gebracht, um bei der Award Season berücksichtigt zu werden. Dabei bieten die Narnia-Filme für Netflix die perfekte Gelegenheit, um diese Regel zu brechen und zu dem Ursprung des Mediums zurückzukehren.

Narnia im Kino: Die Fantasy-Kracher müssen ohne Ablenkung auf der großen Leinwand geschaut werden

Ob Herr der Ringe, Harry Potter oder die Narnia-Verfilmungen der 2000er selbst ‒ Fantasy-Filme haben schon immer am allerbesten im Kino funktioniert. In detailverliebte und bildgewaltige Welten einzutauchen, die mit aufwändiger Ausstattung und Kostümen, überbordender Action und kostspieligen Effekten daherkommen, braucht es vor allem zwei Sachen. Eine Leinwand, auf der das alles auch zur Geltung kommt, und einen Raum, in dem das alles überhaupt zur Geltung kommen kann.

Hand aufs Herz: Wer ertappt sich nicht manchmal dabei, während des Streamings auf dem heimischen Fernseher oder ‒ Aslan bewahre ‒ auf dem Laptop, den Blick zum Fenster schweifen zu lassen oder plötzlich das Smartphone in der Hand vorzufinden? Und das liegt häufig nicht daran, dass den Filmen und Serien die Spannung fehlt oder sie gar schlecht gemacht sind. Das liegt doch oft an der schieren Übersättigung an Titeln und verkürzten Aufmerksamkeitsspanne der Generation Social Media, die uns immer dann einen Strich durch die Rechnung machen will, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.

Das beste Mittel dagegen ist, diese bittere Gelegenheit gar nicht erst aufkommen zu lassen. Im Kino sitzen wir in einem dunklen Raum, dessen volles Zentrum die weitreichende Leinwand und der Film selbst ist. Aufs Handy schauen oder mit der Sitznachbar:in quatschen? Absolut verpönt. Auf Toilette gehen? Gerade noch so okay. Einfach aufstehen und abhauen? Definitiv nicht so leicht, wie einfach auf Stopp zu drücken und sich was anderes auszusuchen.

Im Kino lassen wir uns noch richtig auf Filme ein, die wir zu Hause im Streaming vielleicht längst ausgeschaltet hätten. Dass ich Zack Snyders Rebel Moon ab der Hälfte unterbrochen und nie weitergeguckt habe, wäre sicherlich nicht passiert, wenn ich den Film im Kino gesehen hätte. Da hätte ich ihn wohl oder übel zu Ende geschaut ‒ und der Sci-Fi-Action vielleicht sogar irgendwas abgewinnen können. Auf meinem Fernseher zu Hause hat sich der Film für mich verloren und ist zu einem uninteressanten Titel unter vielen geworden. Danke, next.

Die Welt von Narnia kann sich im Kino noch viel besser entfalten als im Streaming

Dass das für viele Netflix-Gelegenheitsstreamer:innen auch mit Gerwigs Narnia-Neuauflage passiert, wäre eine absolute Schande. Denn gerade die fantastische Welt von Narnia liefert eine so reiche Quelle an verspielten Landschaften und markanten Figuren, dass es geradezu tragisch wäre, davon nicht jede Sekunde voll wertschätzen zu können. Ich möchte in die Welt von Narnia eingesogen werden wie Lucy Pevensie, als sie das erste Mal durch den Wandschrank in den schneebedeckten Wald stolpert und an der Laterne auf Herrn Tumnus trifft.

Ich möchte den trügerischen türkischen Honig förmlich riechen können, den Edmund sich von der Weißen Hexe wünscht, weil ihn mir die Kinoleinwand beinahe ins Gesicht reibt. Ich möchte vom Sound eines Kinolautsprechers erschüttert werden, wenn Aslan sich unter dem tosenden Geschrei der Tiere auf dem Steinaltar opfert. Ich möchte mit einem vollen Kinosaal mitfiebern, wenn sich der finale Kampf auf dem Schlachtfeld vor der wunderschönen Kulisse Neuseelands entfaltet, wo der Film aktuell gedreht wird.

Und ich möchte emotional ergriffen werden, wenn es für die Pevensie-Geschwister Zeit ist, Narnia wieder zu verlassen, weil ich von Anfang bis Ende unabgelenkt mit Leib und Seele dabei war und es sich mit dem Verlassen des Kinosaals so anfühlt, als würde ich Narnia selbst wieder den Rücken kehren.

Streaming vs. Kino: Andere Streamer machen Netflix den perfekten Kompromiss schon vor

Nein, ich möchte auch Streaming nicht missen und ich bin froh, dass ich viele Filme und Serien jederzeit zu Hause (noch einmal) schauen kann. Letztendlich werde ich auch um die Narnia-Filme im Netflix-Repertoire froh sein. Doch absolut nichts kann einen Kinobesuch ersetzen, der sich für mich immer irgendwie wie ein großes Event anfühlt. Filme wie Narnia allein im Streaming zu versenken, nimmt dem Kino dagegen seinen Event-Charakter, seine Relevanz und seine Tragkraft ‒ ebenso wie den Filmen selbst.

Hier könnte sich Netflix an Konkurrenten wie Apple TV+ orientieren, die kinoreife Filme wie Ridley Scotts Napoleon und Martin Scorseses Killers of the Flower Moon für einen erweiterten Lauf auf die große Leinwand brachten, bevor diese im Streaming landeten.

Dass nach Narnia dann wohl noch mehr Netflix-Produktionen ein Stück vom Kino-Kuchen haben wollen, könnte sogar für Netflix mehr Segen als Fluch sein. Denn vielleicht entzerrt es den seelenlosen Streaming-Boom, in dem ein Titel nächste Woche bereits wieder in der Versenkung verschwindet ‒ und bringt Netflix vom austauschbaren Image weg, den sich der Streamer zuletzt mit Kritiker:innen-Flops wie Rebel Moon, Damsel oder Red Notice eingehandelt hat, bei denen Quantität vor Qualität stand.

Am Ende hätten also doch irgendwie alle was davon ‒ nicht nur die Narnia-Fans.

Das könnte dich auch interessieren

Schaue jetzt Untitled Narnia Movie

Kommentare

Aktuelle News