The Last of Us-Fans irren sich: Die Serie müsste noch viel mehr aus dem Spiel ändern

30.05.2025 - 18:18 Uhr
The Last of Us
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Die 2. Staffel des HBO-Endzeitdramas The Last of Us ist komplett. Der Debüt-Season stand sie in fast nichts nach. Nur hatte sie dasselbe Problem: die enge Verbindung zum ach so heiligen Videospiel.

Was macht eine "gute" Adaption aus? Viele Videospiel-, Buch- und Comic-Nerds scheinen die Qualität einer Verfilmung daran zu messen, wie sklavisch sie sich an die gefeierte Vorlage hält. Jede Woche konnte man während der 2. Staffel von The Last of Us in den sozialen Medien miterleben, wie der Erfolg oder Misserfolg der HBO-Serie an der Ähnlichkeit zum Videospiel gemessen wurde. Und ich kann kaum zum Ausdruck bringen, wie sehr mich diese oberflächliche Medienkritik auf die Super Mario-Palme bringt.

Wenn man mich fragt, hat die The Last of Us-Serie von Showrunner Craig Mazin sich nicht annähernd genug von dem Videospiel distanziert.

The Last of Us ist eine sehr gute Serie, macht als Adaption aber nicht viel her

Als Videospiele verpixelte Angelegenheiten jenseits jeglichen Realismus waren, gab es noch eine Menge an echter Adaptionsarbeit zu leisten. Denken wir an den viel geschundenen Super Mario Bros.-Film, der die rudimentären Elemente aus der Game-Vorlage extrapolierte und – Qualität des Endergebnisses hin oder her – definitiv einen 90er-Jahre-Abenteuerfilm abgeliefert hat. Zwei komplett unterschiedliche Entitäten in ihrem respektiven Medium. Aber was sind AAA-Videospiele wie The Last of Us heute?

Es ist überhaupt kein Geheimnis, dass Druckmann zu seinem Endzeit-Survival-Game inspiriert wurde, nachdem er sich Children of Men angesehen hatte und sich fragte, warum es so etwas nicht als Videospiel gibt. Wie ein Großteil der Blockbuster-Videospiele mit realistischen 3D-Grafiken, wollte The Last of Us also ein spielbarer Endzeitfilm sein. Klar, muss man hier und da ein bisschen die Steuerung übernehmen, aber eine Canon-Handlung liegt inklusive cinematischer Cutscenes vor. Diese als "Verfilmung" nachzustellen, ist ein viel kleinerer Sprung als unser Super Mario-Beispiel.

Dass The Last of Us eine gute Serie mit Knüller-Cast und handwerklich hervorragenden Elementen ist, lenkt kaum von der Tatsache ab, dass wir über die Videospielbande eine Stille-Post-Version von Children of Men und The Road bekommen haben. Diese muss sich nun ständig mit einer noch "heiligeren" Inkarnation messen. Genauso ist der Uncharted-Film ein Indiana Jones Re-Remake über das Verbindungsstück des gleichnamigen Spiels.

Interaktivität und lange Spielzeit tragen bei Videospielen zu einer engen Bindung an die Konsument:innen bei. Das hat oft zur Folge, dass jegliches bisschen eigene Identität, das ein solcher Film oder eine solche Serie besitzen könnte, direkt als Sakrileg angesehen wird. Bedient man diesen Impuls als kreativ Verantwortliche, lädt man schnell unangenehme Vergleiche und nachweislich hanebüchene Kritik ein.

Was Film- und Serienschaffende vielleicht selbst mit ihrer Kunst ausdrücken wollen, scheint vielen Fans bei Adaptionen vollkommen egal zu sein. Da wird auch schnell die Sprache religiös: Filme und Serien müssen dann vorlagengetreu oder "faithful" sein. Das Erleben des neuen Werks verkommt bei Akolythen der Vorlage zum freudlosen Abhaken oder Ankreiden, um sich als besonders treuer Fan der heiligen Dokumente zu inszenieren. Um Gottes Willen!

The Last of Us Staffel 2 hätte noch viel mehr ändern müssen – und nicht nur Details

Meine Ideal-Adaption ist ein Werk, das sich eine Vorlage als Sprungbrett für etwas einigermaßen Eigenständiges nimmt. Denn so sehr ich Bella Ramsey und Isabela Merced als Endzeit-Pärchen liebe, die reine Tatsache, dass man ihren engen Neujahrstanz inklusive Game-Dialog in Staffel 2 Folge 1 eins zu eins nachgestellt hat, beeindruckt mich kein Stück. Das ist Fan-Getue, das ist Cosplay. Von einer Prestigeserie mit Integration brauche ich mehr, um sie am Ende des Tages zu respektieren.

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Andernorts regen sich einige über die Statur von Kaitlyn Dever als Abby oder kleinste Abweichungen in der Abfolge von einzelnen Szenen auf. Dabei hätte man so viel mehr wagen können und sollen, um auf eigenen Beinen zu stehen. Das Videospiel, das inklusive Inszenierung ohnehin ein (spielbarer) Film sein wollte, liegt längst vor. Man kann es sogar als zusammengeschnibbelten Cutscene-Film auf YouTube bingen.

So merkt man an den weniger gelungenen Stellen leider, wie noch eine und noch eine Location aus dem Videospiel reingequetscht wurde, weil sie eben im Game vorkommt. Oder dass man jemanden oder etwas für Fan-Service erwähnt. Dann liest man einen Tag später auf Reddit "Wir haben gewonnen", weil etwas Bekanntes aus dem Ding, das man mag, jetzt auch in der anderen (aber nicht sehr anderen) Version von dem gleichen Ding auf dem Bildschirm erschien. Ist das alles, was Filme und Serien erreichen sollen?

Wenn Minecraft-Fans sich im Kino über den Auftritt vom Chicken Jockey freuen, haben sie wenigstens die Ausrede, 12 Jahre alt zu sein. Und Ein Minecraft Film hat mehr Adaptionsarbeit geleistet als The Last of Us.

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