Diesen Donnerstag startet hierzulande Die Jagd, der das breite Publikum – wenn überhaupt – in erster Linie mit dem Namen Mads Mikkelsen locken wird. Und tatsächlich sieht es nach bisher gesehenem Videomaterial danach aus, dass der Däne eine weitere brillante Rolle in seinem Portfolio verbuchen wird, aber um Mads Mikkelsen soll es heute nicht gehen. Stattdessen schauen wir uns seinen Landsmann und Regisseur von Die Jagd Thomas Vinterberg genauer an. Schließlich befindet sich der Mann auf einer Liste mit den interessantesten Regisseuren, die Europa zur Zeit zu bieten hat. Dennoch steht Thomas Vinterberg immer noch im Schatten seiner Kollegen.
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Besonders lange hat Thomas Vinterberg nicht gebraucht, um die internationale Filmwelt auf sich aufmerksam zu machen: Nachdem er die Dänische Filmschule 1993 als jüngster Absolvent aller Zeiten verließ, heimste sein Abschlussfilm Sidste omgang direkt zahlreiche Preise auf diversen Festivals von München bis Tel Aviv ein. Nur zwei Jahre später rief er zusammen mit Lars von Trier das Dogma 95-Manifest ins Leben: Eine Bewegung, die im Groben forderte, dass das Filmemachen sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren und auf technische Spielereien und Special Effects vollkommen verzichten solle. Thomas Vinterberg steuerte 1998 auch den den ersten und bis heute wohl berühmtesten Beitrag zur Dogma 95, Das Fest, bei und avancierte unter Cineasten in Windeseile zu einem Namen, den jeder auf seinem Zettel haben sollte.
Von da an verlief seine Karriere allerdings doch etwas anders, als die seiner Dogma-Kollegen, zu denen auch Susanne Bier gezählt werden darf. Innerhalb des dänischen Trios Vinterberg – von Trier – Bier blieb Ersterer seit jeher unter dem Radar, was zwar schade und unverdient ist, letzten Endes aber gar nicht einmal so überraschend ist. Thomas Vinterberg befindet sich stilistisch irgendwo zwischen seinen beiden Regie-Kollegen und erreicht damit wohl das kleinste Publikum. Auf der einen Seite steht Susanne Bier, die mit ihren einfühlsamen, tendenziell leichter verdaulichen Filmen mit Hang zur Melodramatik solch einen Anklang bei einem breiten Publikum findet, dass sie mittlerweile sogar einen Oscar zuhause stehen hat. Auf der anderen Seite haben wir Lars von Trier, der vor allem in junger Vergangenheit durch Skandale (“I’m a Nazi”) auf sich aufmerksam gemacht hat und dessen Filme – mit ihrer verstörenden Art und Weise, sich menschlichen Problemen zu nähern – die Masse polarisieren.
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Auch Thomas Vinterbergs Figuren kämpfen meist mit enormen Problemen, tragen ihren Schmerz allerdings nicht so stark nach außen, wie es beispielsweise von Trier mit seinen Charakteren handhabt. Das Kino von Thomas Vinterberg zeichnet sich durch eine Introvertiertheit aus, die nichts mit den verstörenden Bildern eines Lars von Trier oder der einfühlsamen Melodramatik einer Susanne Bier gemein hat, aber dennoch keineswegs uninteressant ist: Thomas Vinterberg spielt mit verschiedenen Genres, beschäftigt sich intensiv mit menschlichen Problemen und inszeniert das Ganze kompromisslos und vollkommen frei von Moralpredigten. Vielleicht ist es gerade diese Kombination, die dafür sorgt, dass um Thomas Vinterberg wohl niemals solch ein medialer Rummel gemacht wird, wie um seine beiden genannten Landsleute oder jüngst gar um seinen Landsmann Nicolas Winding Refn, dessen Stil allerdings kaum mit dem Dogma-Initiatoren vergleichbar ist.
Nun startet bald Die Jagd und handelt erneut von einem Protagonisten (Mads Mikkelsen), der es wahrlich nicht leicht in seinem Leben hat. Die Trennung von seiner Frau setzt ihm extrem zu, doch er schafft es, nach einiger Zeit wieder Fuß zu fassen. Mit einer neuen Lebensgefährten baut er sich ein neues Leben in einer kleinen dänischen Gemeinde auf und beginnt allmählich, sich wieder wohl zu fühlen. Doch dann verdächtigt ihn die Dorfgemeinschaft, ein junges Mädchen sexuell belästigt zu haben. Fortan ist er wie Freiwild zur Jagd freigegeben.
Die Kritik bejubelte Die Jagd bereits vergangenes Jahr nach der Premiere beim Festival Cannes als Thomas Vinterbergs besten Film seit Das Fest. Zehn Monate später startet der Streifen endlich auch in unseren Kinos und wer weiß: Vielleicht sorgt er endlich für die Aufmerksamkeit, die dem dänischen Regisseur zusteht.
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