Tolkien vs. Jackson - Die Gefährten

24.06.2014 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
I wish the ring had never come to me. I wish none of this had happened.
Warner Bros.
I wish the ring had never come to me. I wish none of this had happened.
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Mit seiner Rundumbetrachtung des ersten Teils von Peter Jacksons Herr der Ringe-Trilogie liefert uns moviepilot-User Agent Smith93 den zweiten Teil seines Mammutprojekts, Buch und Film miteinander zu vergleichen. Auf nach Mittelerde, ihr Flauschfüßler!

Nachdem ich mich zuletzt dem einsamen Krieger John Rambo “gewidmet”: habe, möchte ich nun eine ausführliche Analyse meiner drei absoluten Lieblingsfilme machen. Die meisten hier, die mich bereits kennen, benötigen keine hellseherischen Fähigkeiten, um zu wissen, dass dies die Herr der Ringe-Trilogie von Peter Jackson ist! Es war und ist mir schon seit Langem eine Herzensangelegenheit über diese drei Filme in der Speakers Corner zu berichten. Doch möchte ich hier keine gewöhnliche Filmkritik verfassen, sondern einen Text, der sich mit dem Gesamtwerk befasst. Und das bedeutet auch, dass ich das Buch von Professor Tolkien mit einbeziehen werde.

Mir geht es hier vor allem darum ausführlich aufzuzeigen, wie (und warum) Peter Jackson die Romanvorlage von Tolkien verändert und überarbeitet hat. Ich möchte jedem der drei Teile einen eigenen Text widmen, und daher beginnen wir auch chronologisch korrekt mit The Fellowship of the Ring welcher im Deutschen unter dem Titel Der Herr der Ringe: Die Gefährten bekannt ist.

Zuallererst muss man sich bewusst werden wie unglaublich schwer es ist, einen Roman filmisch umzusetzen. Ein Buch ist etwas ganz anderes als ein Film. Ok, das hört sich jetzt vielleicht ein wenig überflüssig an, weil (in dem Sinne) ohnehin jeder weiß, dass es so ist. Trotzdem sind besonders Hardcore-Fans von Buchumsetzungen häufig enttäuscht. Die Filme schaffen es ihrer Meinung nach nicht, den Zauber des geschriebenen Wortes zu verbreiten. Außerdem klagen viele (was wirklich albern ist), dass ein Film ihre Fantasie zerstört hat.

In ein Buch muss man sich emotional hineinversetzen, und somit anstrengen. Man lässt die Welt, die dort beschrieben wird, in seinem Kopf wahr werden, und so hat jeder ein (in diesem Fall) ganz persönliches Mittelerde. So wie auch Peter Jackson sein ganz eigenes Mittelerde im Kopf hatte, als er das Filmprojekt des Jahrzehnts begann. Bei einem Film muss man sich nicht so stark anstrengen, man baut zwar eine Verbindung mit dem Projekt auf, doch je nach Anspruch des jeweiligen Films, ist es eher eine entspannende Tätigkeit. Schließlich fällt die Fantasie hier komplett weg. Ist ein Film dadurch aber automatisch schlechter? Nein, natürlich nicht.

Meiner Meinung nach, zerstört eine filmische Umsetzung die Fantasie des Lesers nicht. Ich, zum Beispiel, fühle mich dadurch eher bereichert. Wenn ich das Buch nun zum 2999. Mal durchlese, habe ich immer noch eine ganz eigene Vorstellung. Selbstverständlich gibt es für mich seit den Filmen nur noch einen Aragorn, und das ist Viggo Mortensen. Doch viele andere Figuren, wie Gimli oder Faramir, male ich mir in meiner Fantasie immer noch ganz anders aus. Peter Jackson hat mit seinem Film etwas erschaffen was vermutlich nicht mehr übertroffen werden kann. Auch die heiß erwarteten Filme über den Hobbit, die momentan nach und nach herauskommen, schafften es leider nicht mehr, den Zauber der Original-Trilogie zu erreichen. Doch vom Hobbit soll hier nicht die Rede sein. Hier geht es um die HDR-Trilogie, und ihrer Umsetzung. Eine Kritik in dem Sinne möchte ich hier jedoch nicht schreiben. Denn ich denke niemand will zehn Seiten lang mein auf elbisch komponiertes Lobeslied an Peter Jackson und seine Crew durchlesen…

Als fanatischer Tolkien-Fan juckt mich natürlich schon seit Ewigkeiten die Frage, was der ehrwürdige Oxford-Professor persönlich zu den Filmen gesagt hätte. Allerdings kann ich zumindest eine Vermutung anstellen, und die lautet folgendermaßen: Tolkien hätten die Filme höchstwahrscheinlich NICHT gefallen! Nicht, weil sie irgendwie schlecht oder lieblos wären, nein, der Grund wäre viel einfacher gewesen. J.R.R. Tolkien hätte die Verfilmung schlichtweg nicht verstanden. Hä? Wie kann man diese Filme bitteschön nicht verstehen, werden sich nun manche fragen. Sogar ohne das Buch zu lesen, kann man gut der Story folgen. Das stimmt zwar, aber man muss hierbei bedenken, dass Tolkien in den frühen 1970ern verstarb. Er war ein sehr klassischer Mann mit recht altmodischen Sitten. In den rund 35 Jahren die zwischen seinem Tod und der Verfilmung vergangen sind hat sich die Welt extrem stark verändert. Würde Tolkien heute in die Welt zurückkehren…er wäre schockiert. Überall große Städte, Autos, Straßenbahnen, Industrie und hässliche Hochbauten. Tolkien mochte die Modernisierung die nach dem 1. Weltkrieg einsetzte nicht. Er liebte die Natur, und vor allem die Bäume waren für ihn wie Brüder. (Daher verwundert es auch nicht, das ihm die Ents so sehr am Herzen lagen). Im Grund hat Tolkien mit der Zerstörung Isengarts mit der Industrialisierung abgerechnet, denn Saruman der gefallene Zauberer verfiel dem Bösen und zerstörte, um seine Armeen zu erschaffen, massenweise Wälder. Im zweiten Buch ist es meine absolute Lieblingsstelle, wenn die Ents in den Krieg ziehen und singen. Es ist wirklich schade, dass Jackson ausgerechnet diesem Punkt in seiner Verfilmung nur wenig Beachtung geschenkt hat. Doch dazu äußere ich mich dann, wenn ich Der Herr der Ringe: Die zwei Türme analysiere. Hier soll es, wie schon gesagt, nur um Die Gefährten gehen.

Doch zurück zu Tolkiens Verständnis der Verfilmung. Ich gehe ziemlich stark davon aus, dass er sein Werk nur noch im Ansatz wiedererkennen würde. Jackson hat sich eng aber nicht sklavisch an die Vorlage gehalten, und das hat dem Film stellenweise eindeutig gut getan. Tolkien wäre jedoch an sehr vielen Punkten anderer Meinung. Zum Beispiel würde Tolkien ein großes Fragezeichen über dem Kopf schweben, wenn er den Sprüche klopfenden Gimli aus dem Film gesehen hätte. Die Figur ist im Buch eine sehr heldenhafte und ehrbare Person mit einer eher ernsthaften Persönlichkeit. Zudem ist es wirklich schade, dass die warmherzige Freundschaft zwischen Legolas und Gimli im Film einer Buddy-Beziehung à la Bud Spencer und Terence Hill gleicht.

Eine weitere wichtige Sache ist die Ausweitung der Figur Arwen Undomiel, welche im Buch kaum mehr als 3 Sätze spricht. Und das erst am Ende des letzten Buches. Zur genauen Analyse Arwens komme ich bei der Bruinen-Furt Szene. Hier sei nur erst mal gesagt, dass Tolkien wohl sehr überrascht gewesen wäre, dass Arwen Frodo rettet. Im Buch ist es nämlich der Elbenprinz Glorfindel. Zudem reitet Frodo ganz alleine nach Bruchtal und besiegt die Ringgeister durch seine Willens- und Überlebenskraft.

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum das Tolkien Frauen dem Mann unterordnete. Tolkien war ein sehr treuer und fürsorglicher Ehemann, und mit seiner Frau Edith blieb er bis zum Tod zusammen und heiratete danach auch nicht erneut. Doch nicht nur im realen Leben, auch in seinen Werken sind die Frauen nicht wertlos. Besonders wichtig ist zum Beispiel Luthien, ein Elbenmädchen aus dem Silmarillion, welche sich in den sterblichen Beren verliebte. Gemeinsam drangen sie und Beren in die Festung Thangorodrim von Morgoth ein und stahlen einen seiner Silmarilli, die er in seiner Krone befestigt hatte. Bald darauf starb Beren und Luthien opferte ihr unsterbliches Leben, um bei ihm sein zu können. Für ihre Liebe zu einem niederen Menschen gab sie das Geschenk der Götter (Valar) auf. Tolkien ließ auf den Grabstein seiner Frau den Namen Luthien schreiben. Die anderen Frauen, wie Nienor oder Morwen, bewiesen ihre Stärke auf vielfache Art und Weise in Tolkiens Geschichten. Am bekanntesten dürfte wohl Eowyn sein, weil diese auch in den Filmen dabei ist. Tolkien zeigte hier ganz genau, dass auch Frauen stark sein können, und nicht unter den Männern stehen.

In diesem Text soll es nun um die Interpretation Jacksons gehen, und wie diese verglichen mit dem Buch wirkt. Zuerst einmal widme ich mich den Darstellern, da diese das Herz der Verfilmung sind. Jackson strebte vor allem danach, damals noch unbekannte Akteure einzusetzen. Er wollte keine weltbekannten Stars, bei denen man gleich sagt: “Ach, den kenne ich doch aus Film X und Y!” Natürlich konnte Jackson manchmal trotzdem nicht widerstehen, und besetzte mit Christopher Lee, Ian McKellen oder John Rhys-Davies trotzdem einige weltberühmte Gesichter. Der Löwenanteil des Castings war zu jenem Zeitpunkt jedoch tatsächlich kaum jemandem bekannt.

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