Tony Gilroy - Der Vater der Bourne-Filme

15.09.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Das Bourne Vermächtnis
Universum
Das Bourne Vermächtnis
1
4
Er ließ Keanu Reeves einen Pakt mit dem Teufel schließen und brachte Jason Bourne ins Kino. Tony Gilroy ist einer der gefragtesten Autoren Hollywoods. In Das Bourne Vermächtnis bringt er nun auch die Regie des Franchise unter seine Kontrolle.

Seit Donnerstag schießt sich Aaron Cross (Jeremy Renner) in Das Bourne Vermächtnis durch die deutschen Kinos. Fans der Reihe fragen sich, wie viel Bourne noch in dem Film steckt nach dem Abgang von Star Matt Damon und Regisseur Paul Greengrass. Dabei hat der eigentliche Vater des Agenten-Franchise nun die Kontrolle übernommen und dessen Name lautet nicht Robert Ludlum. Der Schriftsteller mag Jason Bourne getauft haben. Tony Gilroy lehrte ihm in drei Bourne-Filmen das Laufen. Der Drehbuchautor sitzt in Das Bourne Vermächtnis auf dem Regiestuhl, die bisherige Krönung seines Aufstiegs in der Traumfabrik.

Von Horror zur Paranoia
Die Geschichten von Drehbuchautoren in Hollywood wirken oft deprimierend. Wie ein David gegen Goliath kämpft hier die Kunst gegen das Big Business. Selten geht der Schreiber mit der Steinschleuder bzw. dem Federhalter als Sieger vom Platz. Tony Gilroys Lebenslauf hätte in ähnlichen Bahnen abdriften können. Der Mann, der die Uni schmiss, um in einer Band zu spielen, wollte sich mit Drehbüchern nur etwas dazuverdienen. Der große Roman muss schließlich finanziert werden. Dessen Fertigstellung und der literarische Durchbruch blieben aus. Drehbücher gewannen die Oberhand und heute ist der 56-Jährige einer des bestbezahlten Autoren in Hollywood. Das Motiv des Einzelnen, der mit allmächtigen Institutionen um seine Integrität ringt, durchzieht seine Arbeiten trotzdem. In einer Kontinuität mit den Paranoia-Streifen der 1970er Jahre schreibt und inszeniert Tony Gilroy Filme für das Zeitalter der Globalisierung.

Mehr: Top 7 der Agentenfilme

Seinen ersten großen Erfolg als Drehbuchautor bildete die Adaption eines Stephen King -Romans (Stephen Kings Dolores). Der erste echte Gilroy-Held entstieg allerdings einem Flop. Dr. Guy Luthan (Hugh Grant) legt sich in Extrem – Mit allen Mitteln mit einer Organisation an, die gefährliche Experimente an Obdachlosen durchführt. Luthan verliert alles und nimmt den Widerstand dennoch auf. Dass Tony Gilroy, der das Drehbuch für Extrem lieferte, mit den idealistischen Helden eines Aaron Sorkin (Eine Frage der Ehre) wenig anfangen kann, bewies er in Im Auftrag des Teufels. Kevin Lomax (Keanu Reeves) giert es nach Erfolg, also heuert der gewissenlose Anwalt bei einer New Yorker Kanzlei an, die der Teufel höchstpersönlich leitet. Tony Gilroys Protagonisten, ob Kevin Lomax, Michael Clayton, Jason Bourne oder nun Aaron Cross, sind Teil des Systems, das sie zu bekämpfen lernen. In den Filmen anderer Leute wären sie die Bösewichte.

Im Land der Bourne-Identität
Im Blockbuster-Milieu angekommen, wurde Tony Gilroy überredet, Robert Ludlums Agentenabenteuer Die Bourne Identität zu überarbeiten. Mit der Vorlage konnte er wenig anfangen: “[Die Bücher] handeln nicht vom menschlichen Verhalten. Sie handeln vom Rennen zum Flughafen.” (The New Yorker) Die Idee eines Agenten mit Amnesie faszinierte ihn allerdings. Spannungen zwischen Regisseur Doug Liman und ihm verhinderte das nicht. Dass es noch turbulenter ging, bewiesen Die Bourne Verschwörung und Das Bourne Ultimatum. Für letzteren schrieb Tony Gilroy die erste Fassung des Drehbuchs unter der Voraussetzung, nicht mit Paul Greengrass kommunizieren zu müssen. Danach distanzierte er sich von dem Projekt.

Mehr: Movie Bäm – Die Faktenflut zu Bourne

Dem Ende der ursprünglichen Bourne-Trilogie schloss sich für Tony Gilroy der Beginn einer neuen Karriere an. Seine erste Regiearbeit Michael Clayton heimste 2008 sieben Oscar-Nominierungen ein, zwei davon für Regisseur und Autor Gilroy. Wieder ist es mit dem Fixer Clayton (George Clooney) ein Profiteur dunkler Machenschaften, der irgendwann die Reißleine zieht und seine Brötchengeber attackiert. Ohne Verfolgungsjagden, dafür mit einer von Zeitsprüngen und überraschenden Wendungen (reversals) gespickten Story, verarbeitet Michael Clayton geduldig Themen, an denen die Bourne-Filme stets nur vorbeigehastet waren. Den Tentakeln der corporations, die mit jedem Film schwerer von Regierungsinstitutionen zu differenzieren sind, gilt es zu entkommen. Anders als in vergleichbaren Genrebeiträgen, liegt bei Gilroy die Schuld nicht an ein paar faulen Äpfeln in Führungsebenen. Vielmehr kämpfen seine Helden gegen eine gesichtslose Hydra, ein institutionelles Geschwulst, das seine ursprüngliche Motivation (Service für oder Schutz der Bürger) zugunsten einer unkontrollierbaren Eigendynamik aufgegeben hat.

Nach Michael Clayton und den ähnlich gelagerten Duplicity – Gemeinsame Geheimsache (Regie) und State of Play – Der Stand der Dinge (Drehbuch) kehrt Tony Gilroy in Das Bourne Vermächtnis zu den Wurzeln seines Erfolges zurück. Der Autor, der David, scheint in diesem Falle über Goliath gesiegt zu haben. Anders als seine Helden Jason Bourne oder Aaron Cross denkt Tony Gilroy gar nicht daran, auszubrechen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News