Warum Hangover die Filmwelt verändern könnte

02.08.2011 - 08:50 Uhr
Hangover 2
Warner Bros.
Hangover 2
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Von G bis Unrated: Das US-Rating System stellt der Filmindustrie immer wieder ein Bein. Warum gerade Komödien wie Hangover und Brautalarm dem ein Ende setzen könnten, verraten wir euch hier.

Das Rating-System der USA ist sowohl für Filmfans als auch Macher ein rotes Tuch. Regelmäßig lesen wir, dass Regisseur X seinen Film Y neu überarbeiten oder kürzen muss, um das profitablere PG-13 Rating zu bekommen, das eine größere Zielgruppe anspricht und somit mehr Geld einbringt. Eine PG-13 Einstufung bedeutet von mehr Budget, was gerade bei sehr aufwendigen Produktionen erstrebenswert ist. Die Abstufung des US-Rating Systemes geht von G für General Audience, also kurz „alle“, bis hin zu Unrated, Filme, die erst Personen ab 18 zugänglich gemacht werden dürfen. Besonders interessant ist die Spanne zwischen PG-13 und R-Rated, die für viel Frust sorgt.

PG-13 bedeutet, dass der Film Material beinhaltet, das für Kinder unter 13 bedenklich sein könnte. Filme mit diesem Rating können zwar Nacktheit enthalten, jedoch ohne sexuellen Bezug, Gewaltdarstellung darf nicht verherrlichen oder realistisch sein, Flüche müssen sich in Grenzen halten und so weiter. Gerade für Genrefilme mit großem Budget sind solche Einschränkungen ein echtes Problem. Beispielsweise hat Prometheus – Dunkle Zeichen von Ridley Scott vom Studio die Auflage bekommen, das Rating bei PG-13 zu halten, was für Alien-Fans ein Schlag ins Gesicht ist, da alle anderen SciFi-Filme von Ridley Scott ein für die Atmosphäre wichtiges R-Rating haben. Zwar könnte ein höheres Rating auf DVD nachgeschoben werden, wie der Regisseur hofft, trotzdem verkündeten viele Fans bereits, dass sie sich den Kinogang hier sparen werden.

R-Rated heißt, dass Teenager und Kinder unter 17 nur in Begleitung eines Erwachsenen den Film sehen dürfen, da er von Sex, Obszönitäten, Drogenmissbrauch und expliziter Gewaltdarstellung nicht absieht. R-Rated Filme leiden in den USA unter eher stiefmütterlicher Behandlung. Neben dem oft geringeren Budget, werden auch die Werbemittel spärlich eingesetzt oder gar komplett weggelassen. Viele Medien weigern sich, für solche Streifen Werbung zu schalten, da diese Jugendlichen zugänglich ist. Das verschafft Filmen einen Nachteil, der sich natürlich auch auf die Besucherzahlen niederschlägt. Statistisch gesehen sind die Kinogänger in den USA jünger als je zuvor, mit einer Hauptgruppe aus 12- bis 24-Jährigen, die im Zentrum des Marketings stehen. Die Norm ist, dass PG-13 Filme mehr Geld einspielen, da fast alle großen Blockbuster dieses Rating bekommen, um einem breiteren Publikum zugänglich gemacht und ausreichend beworben werden können.

Zumindest war das bis jetzt so. Die neusten Einspielergebnisse zeigen ein ganz anderes Bild. Wie der Hollywoodreporter berichtet, spielten die fünf R-Rated Komödien des Sommers (Brautalarm, Hangover 2, Kill the Boss, Bad Teacher und Freunde mit gewissen Vorzügen) in den USA gemeinsam über 1,05 Milliarden Dollar ein, mehr als die zusammengerechneten Einspielergebnisse der PG-13 Superheldenblockbuster Thor, Captain America – The First Avenger, X-Men: Erste Entscheidung und Green Lantern. Auch wenn es vor einigen Jahren mit American Pie – Wie ein heißer Apfelkuchen bereits eine kurze Erfolgswelle der erwachsenen Komödien gab, kommt diese Entwicklung für Hollywood nichtsdestotrotz überraschend.

Den Hemmungsknoten löste 2009 der Überraschungserfolg von Hangover, der weltweit 467 Millionen Dollar einspielte. Da Hollywood schnell darin ist, Trends aufzugreifen, haben wir ihm die Schwemme an R-Rated Komödien diesen Sommer zu verdanken. Für die Studios hat es sich gelohnt, wenn wir die Zahlen betrachten. Aber auch für das Publikum? Was bedeuten diese Veränderungen für Filmfans und Kino? Bis jetzt beziehen sich die Einspielergebnisse wie erwähnt nur auf Komödien, doch es lässt sich leicht weiterspinnen, dass der Erfolg des R-Ratings in einem Genre sich mit dem richtigen Händchen auf weitere Filmkategorien übertragen lies.

Wenn Filme wie Prometheus – Dunkle Zeichen als PG-13 in die Kinos und als R-Rated auf DVD heraus kommen, dann bedarf es keines Genies, um zu erkennen, dass sich das an den Kinokassen niederschlagen dürfte. Gerade wenn der Vater des Science Fiction Horrors einen neuen Film dreht, ist es für Fans enttäuschend, wenn sich dieser dank Studiovorgaben an eine jüngere Zielgruppe wenden muss, nur um das nötige Budget zu halten. Der gefeierte Shooter Bioshock hat ein vorzeitiges Ende gefunden, da sich Regisseur Gore Verbinski weigerte, eine PG-13 Einstufung für die Gewaltspieladaption zuzulassen, was weitere Budgetkürzungen zur Folge hatte, bis er sich von seinem Herzensprojekt trennte. Als Grund gab er an, dass er keine gute Bioshock-Verfilmung ohne R-Rating abliefern wolle und könne und es daher lieber ganz sein lasse. Die Fangemeinde begrüßte seine Konsequenz, trotz Enttäuschung.

Sollte das R-Rating weiterhin so viel Geld einbringen und sich ausweiten, dürften uns Rückschläge wie diese erspart bleiben. Regisseure wie Gore Verbinski hätten die Chancen auf ein höheres Budget und einem Stoff angemessenem Rating, das auch die Zuschauer zufriedenstellen sollte. Welcher Fan will schon eine Verfilmung seines 18+ Lieblingsspiels sehen, in der auf die wichtigsten Elemente verzichtet wird, nur damit Kinder, für die das Basismaterial sowieso ungeeignet ist, den Film sehen können? Der finanzielle Erfolg der R-Rated Komödien könnte bedeuten, dass Studios vielleicht bald nicht mehr davor zurückschrecken, auch anderen Filmen eine höhere Einstufung zu geben, ohne ihnen Budgeteinschränkungen aufzuerlegen. Das alleine jedoch würde nicht reichen, um Filme finanziell erfolgreich werden zu lassen, wenn sich die Marketinggrundlage in den USA nicht ändert und weiterhin R-Filme werbetechnisch ignoriert werden. Mund-zu-Mund-Propaganda reicht heutzutage werbetechnisch leider kaum, um große Geldmittel wieder einzubringen. Ein Schritt in die richtige Richtung könnte dank Hangover & Co aber schon gemacht worden sein, wie es sich weiter entwickelt, werden wir abwarten müssen.

Ein interessanter Film, der sich mit der Thematik des amerikanischen Zensursystems beschäftigt, ist die Dokumentation Zensur unter der Gürtellinie – Hollywoods Moralhüter. Hier werden die einzelnen Ratings erklärt, so wie die Tücken, die sie mit sich bringen und die Unterschiede, von kleinen Filmemachern zu großen Studios.

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