Wendungen, die einen "vom Stuhl fegen": Konklave-Regisseur Edward Berger über seinen Verschwörungs-Thriller, Oscar-Gewinn und James Bond-Gerüchte

23.11.2024 - 14:00 Uhr
Konklave-Regisseur Edward Berger im InterviewLeonine
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Konklave-Regisseur Edward Berger schwärmt im Moviepilot-Interview von seinem Star Ralph Fiennes' Augen und spricht über Glaube und Zweifel in seinem Verschwörungs-Thriller.

Mit Konklave hat Edward Berger das gleichnamige Buch von Robert Harris verfilmt. Der Thriller stellt Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes) nach dem Tod des Papstes vor die schwierige Aufgabe, die nächste Wahl des katholischen Kirchenoberhaupts auf die Beine zu stellen. Doch obwohl es bereits Favoriten für die Nachfolge gibt, findet der Priester sich bald in einem Netz aus Intrigen und Manipulationen wieder, die die Ernennung eines neuen Papstes zunehmend erschweren.

Moviepilot sprach vor dem Konklave-Kinostart am 21. November 2024 mit dem deutschen Oscarpreisträger Edward Berger (Im Westen nichts Neues) über seinen neuen Film, Religion, Thriller-Vorbilder, James-Bond-Gerüchte und überraschende Stars, mit denen er in Zukunft gern drehen würde.

Konklave-Regisseur Edward Berger im Interview

Moviepilot: Wie bist du zu Konklave gekommen? Kanntest du das Buch von Robert Harris * schon vorher?

Edward Berger: Nein. Ich bekam einen Anruf von der Produzentin Tessa Ross, die meinte: 'Ich habe vielleicht ein Drehbuch für dich.' Als sie Drehbuchautor Peter Straughan nannte, habe ich sofort aufgehorcht und den ersten Entwurf gelesen. Was er so toll macht: Er schreibt einen spannenden Plot zu einer interessanten Geschichte, in einer mysteriösen Umgebung, die ich so noch nicht kenne, aber kennenlernen möchte. Und obendrein eine schöne innere Reise für die Hauptfigur: die Reise des Zweifels für Ralph Fiennes.

Sowie einen tollen Twist am Ende, den wir hier selbstverständlich nicht verraten.

Ja, natürlich. Der Film hat viele Ecken und Wendungen, die überraschend kommen. Wenn die mich plötzlich vom Stuhl fegen, weil ich nicht damit gerechnet habe, ist das immer gut.

Die Besetzung von Konklave passt wie die Faust aufs Auge, allen voran natürlich Ralph Fiennes. War er von Anfang an für die Hauptfigur angedacht?

Es gab theoretische Ersatzlösungen für Ralph Fiennes, bei denen ich aber immer dachte: Hoffentlich muss ich nicht auf sie zurückfallen. Ich wusste gar nicht genau, wie ich den Film gemacht hätte, wenn ich ihn nicht bekommen hätte. Aber als wir ihm das Drehbuch schickten, hat er zum Glück gleich 'Ja' gesagt.

Wir haben natürlich erstmal zwei, drei Jahre lang das Drehbuch entwickelt, bevor wir überhaupt ans Casting dachten. Irgendwann fiel mir auf, dass die Hauptfigur nicht viel redet. Er hört hauptsächlich aus der zweiten oder fünften Reihe zu und managt lieber im Dunkeln. Da dachte ich mir: Ich brauche jemanden, der diesen Rampenlicht-Widerwillen mit seinen Augen ausdrückt. Da fiel mir Ralph Fiennes ein. Weil er jemand ist, der unheimlich gut darin ist, uns durch die Augen an seinem Innenleben von Gedanken und Gefühlen teilhaben zu lassen.

Hat die Gretchen-Frage eine Rolle am Set gespielt: Wie hältst du's mit der Religion?

Ich habe mit Ralph [Fiennes] viel über Glauben gesprochen. Nicht unbedingt über Religion, weil ich das für relativ unwichtig halte. Aber ich finde alle Religionen als kulturelle Säulen interessant. Soviel auch über sie geschimpft wird: Man muss sich mal vorstellen, wir hätten sie nicht. Dann hätten wir auch ganz viel unserer Kultur, Geschichte und Identität nicht. Es wäre nicht viel übrig.

Darum geht es ja auch bei Ralphs Figur: um Zweifel. Er sagt, er hat Schwierigkeiten mit dem Gebet. Wenn man das als Kardinal sagt, ist das ungefähr so, als wenn ich [als Regisseur] sagen würde, ich hätte den Glauben an die Kraft der Bilder verloren. Die ganze Grundlage für meine Existenz wäre mir entzogen. Das ist schon eine große Krise und darüber haben wir viel geredet.

Glaubst du, Konklave wird nach dem Kinostart Diskussionen über Religion und Kirchenpersonal auslösen?

Das hoffe ich. Ich finde es immer gut, wenn Filme Diskussionen auslösen. Vor allem, wenn man einander zuhört und nicht einfach zumacht und sagt 'Ich will nicht mit denen sprechen'. Ich finde es extrem wichtig, dass man sich austauscht und voneinander lernt: wenn man durch Zuhören begreift, was der andere meint und dafür offen ist.

Ich glaube, am Ende ist Konklave gar nicht nur ein Film über Religion, sondern vor allem über Politik. Der Film hätte auch in Washington, D.C. spielen können oder in einem großen Unternehmen, wo die Führungsposition plötzlich leer ist und verschiedene Parteien ihre Messer herausholen, um den Thron zu besteigen.

Ich musste beim Schauen immer wieder an Die zwölf Geschworenen denken. Hattest du da ähnliche Inspirationen oder andere Filme im Hinterkopf?

[Die zwölf Geschworenen] habe ich natürlich, auch in der Vorbereitung, gesehen. Weil es ein Dialogfilm mit vielen Figuren in einem Raum ist und wir uns auch an einem Ort bewegen. Aber vor allem habe ich die politischen Conspiracy-Thriller der 70er Jahre von Pakula geschaut. Zum Beispiel Die Unbestechlichen oder Zeuge einer Verschwörung mit Warren Beatty. Konklave war meine Möglichkeit, so einen politischen Verschwörungs-Thriller zu machen.

Hat sich durch den Erfolg und Oscar-Gewinn von Im Westen nichts Neues etwas für dich und eine Karriere verändert?

Ich denke nicht viel darüber nach. Im Grunde muss ich mich darauf konzentrieren, welchen Film ich für mich machen möchte. Welcher Film ist gut für mich? Was habe ich mit ihm zu erzählen? Da schaue ich vor allem auf Figuren und was diese mit mir zu tun haben. Ob diese Filme jetzt groß oder klein sind, spielt keine Rolle.

Hat James Bond etwas mit dir zu tun? Da gab es zuletzt Gerüchte, dass du angefragt worden wärst?

Ja, aber das sind Gerüchte. Die haben nichts mit der Realität zu tun.

Würdest du es denn gerne machen, wenn man es dir anbietet?

Mit James Bond bin ich aufgewachsen. Das hat viel mit mir zu tun: mit meiner Jugend und meinen Träumen. Natürlich ist das interessant. Aber das ist völlig außer Diskussion. Insofern denke ich auch nicht darüber nach.

Was ist mit Projekten, die sich schon etwas konkreter anhören: ein neuer Jason Bourne-Film oder Ocean's 14?

Das sind immer alles Gerüchte. Ich weiß noch nicht, was als Nächstes kommen wird. Ich habe einen Film nach Konklave gemacht, den ich im August abgedreht habe. Er heißt The Ballad of a Small Player mit Colin Farrell und Tilda Swinton. Den schneide ich gerade mit großer Freude. Das nimmt erstmal meinen ganzen Fokus ein. Wer weiß schon, was danach kommt – die Welt verändert sich so schnell. Und auch das, was einen wirklich bewegt, verändert sich von Tag zu Tag. Das werde ich irgendwann im Frühjahr entscheiden.

Hast du ansonsten noch Träume, was du unbedingt mal ausprobieren oder mit wem du mal drehen willst?

Das ist endlos. Ich würde immer gerne Dinge ausprobieren, die ich noch nicht kann. Wo ich das Gefühl habe: Da bin ich auf unsicherem Boden und habe Angst vor ihnen. Und es gibt so viele Dinge, vor denen ich Angst oder Respekt habe!

Und bei Schauspielern? [überlegt] Ich finde Zendaya fantastisch. Ich finde Julia Roberts grandios. Das wäre eine Konstellation, die ich schön fände.

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