Marvel’s The Avengers brechen an den Kinokassen alle Rekorde und in unseren Top 20-Filmen, die ihr 2012 bei uns am besten bewertet habt, mussten sich die Superheldenrächer lediglich der französischen Komödie Ziemlich beste Freunde geschlagen geben. Doch wir haben uns gefragt, wie Marvel es geschafft hat, so erfolgreiche Filme zu produzieren. Was macht Marvel anders als DC Comics und was kann die Konkurrenz daraus lernen?
The Avengers ist nur einer von sechs Filmen, die direkt in Eigenfinanzierung von der Produktionsgesellschaft Marvel Studios realisiert wurden. Zum Marvel Cinematic Universe gehören außerdem die Comic-Verfilmungen Iron Man (2008), Der unglaubliche Hulk (2008), Iron Man 2 (2010), Thor (2011) und Captain America – The First Avenger (2011), die sich über mangelnde Fans und Sequel-Pläne ganz sicher nicht beschweren können.
Marvel entscheidet sich für die richtigen Regisseure
Die Macher der Elite-Rächer haben auch bei der Auswahl der Regisseure ein gutes Händchen, was für den Erfolg eines Films ja nicht unerheblich ist. Jon Favreau durfte in den beiden Iron Man-Verfilmungen beweisen, was er hinter der Kamera so drauf hat und außerdem war er als Tony Starks Bodyguard Happy Hogan sogar vor der Kamera zu sehen. Das ist doch mal Einsatz! Die Iron Man-Fans danken es ihm. Im dritten Film über Tony Stark wird jedoch ein anderer die Regie übernehmen: Shane Black (Kiss, Kiss, Bang, Bang ebenfalls mit Robert Downey Jr. in der Hauptrolle) darf auf dem Regiestuhl Platz nehmen und die Fans sind schon jetzt gespannt, ob er die Reihe erfolgreich weiterführen wird. Bei Joss Whedon sind sich die Kritiker einig: Ohne ihn und seine Inszenierungsleistung wäre The Avengers niemals ein so erfolgreicher Film geworden. Auch die Leistung von Kenneth Branagh, der für die Regie bei Thor zuständig war, wird von Kritikern gelobt. So heißt es, Branagh (Viel Lärm um nichts, Hamlet) inszeniere sogar den Gott des Donners Shakespeare-artig.
Marvel verpflichtet Darsteller für mehrere Filme
Robert Downey Jr. ist hier natürlich das Paradebeispiel. Dafür, dass der charismatische Schauspieler auch in weiteren Sequels mit von der Partie ist, greift Marvel tief in die Produktionskasse. Doch verglichen mit dem, was The Avengers bisher weltweit eingespielt haben, sind die 50 Millionen Dollar Gage, die der Iron Man-Darsteller bisher in dieser Rolle verdiente, ja fast schon Peanuts. Der Filmerfolg von Marvel hängt schließlich auch mit den namhaften Hollywood-Stars zusammen, die Marvel per Vertrag gleich für mehrere Comic-Verfilmungen verpflichtet. Da sind neben Robert Downey Jr. unter anderm auch Scarlett Johansson, Natalie Portman, Chris Hemsworth oder Gwyneth Paltrow zu nennen. Mit dem überwältigenden Staraufgebot von The Avengers können nicht viele Konkurrenten in der Comic-Branche mithalten.
Marvel schafft es, Neugierde zu wecken
Wer bei Marvel-Filmen noch nach dem Abspann sitzen bleibt, wird meist belohnt. Nicht nur in den Filmen, sondern oft auch im Epilog danach wimmelt es nur so vor Querverweisen auf andere Comic-Helden aus dem Marvel-Universum. Dieser Crossover-Stil ist in der Comic-Branche natürlich nicht unüblich, aber Marvel weiß, wie damit die Fans bei der Stange gehalten werden. Und die begeisterten Zuschauer kehren auch meist wieder, denn sie wollen ja wissen, in welchem Film und in welcher Form sich die von Scarlett Johansson verkörperte Black Widow alias Natasha Romanoff weiterentwickelt. Und während die Trailer und Poster zu The Dark Knight Rises das potentielle Ende des legendären DC-Helden Batman prophezeien und derzeit kein weiterer aussichtsreicher DC-Superheld bereit steht, ist im Marvel Universum noch lange kein Ende in Sicht – ganz im Gegenteil. Alle paar Monate werden sogar neue namenlose Filmprojekte aus dem Hause Marvel angekündigt und die Comic-Fans beteiligen sich an wilden Spekulationen: Ist es Ant-Man oder Black Panther oder doch eher Iron Fist?
Marvel erzählt klassische Geschichten
Marvels Erfolg lässt sich auch damit begründen, dass ganz klassische Geschichten erzählt werden. In Thor geht es um den althergebrachten Konflikt zwischen Brüdern. Schon die Bibel kann uns da Geschichten erzählen. Aber neben den Differenzen zwischen dem nordischen Donnergott und seinem Bruder Loki werden in Thor auch Unstimmigkeiten zwischen Vater (Göttervater Odin) und Sohn dargestellt. Auch darüber wurden schon unzählige Geschichten erzählt. Nicht jeder, der Erfolg will, muss immer auch völlig neue Geschichten erzählen. Marvel transportiert die eigenen Comics inklusive der klassischen Handlungsstränge (Gut gegen Böse) in ein neues Medium und hat dabei glänzende Zukunftsaussichten.
Marvel konzentriert sich auf einen Bösewicht pro Film
Ihr seht vor lauter Bösewichtern gar nicht mehr durch? Und dann kooperieren die Superschurken auch noch ständig, um es dem Comic-Helden noch schwerer zu machen? In den Marvel-Filmen wurde da bisher ein anderer Weg gegangen. Ein Bösewicht pro Film ist ja auch völlig ausreichend. Dadurch bleibt der Gegenspieler auch nicht so oberflächlich. In The Avengers beispielsweise weiß Tom Hiddleston als fieser Loki vollends zu überzeugen. Der von ihm verkörperte Bösewicht bleibt alles andere als blaß.
Marvel widmet sich Helden mit Makeln
Auch Superhelden sind manchmal nur Menschen und so haben sie auch ihre kleineren oder größeren Schwächen. Beste Beispiele hierfür sind der eingebildete Hüne Thor (der verbannt wurde und sich in Demut üben soll) und Iron Man alias Tony Stark. Tony Stark ist reich, was ja bereits den Makel der Arroganz impliziert. Aber nicht nur bei finanziellen Themen agiert der Großindustrielle mit Hochmut. Außerdem entwickelt seine Firma Stark Industries Waffen, was moralisch auch hinterfragt werden kann. Doch der Frauenheld hat in den Comics noch einen weiteren Makel: Tony Stark ist Alkoholiker. In den bisherigen Iron Man-Verfilmungen mit Robert Downey Jr. wurde der Mann in der eisernen Rüstung als trinkfreudiger Zeitgenosse dargestellt. Auf eine dramatische Zuspitzung wie in der Comic-Reihe Demon in a Bottle verzichteten die Macher der Filme – bislang. Wir dürfen gespannt sein, ob das Alkoholproblem der Hauptfigur in zukünftigen Filmprojekten eine Rolle spielen wird. In Iron Man 3 wird dies jedoch erstmal nicht zum Thema gemacht, wie Kevin Feige, der Präsident der Marvel Studios, verriet.
Marvel nimmt sich selbst nicht zu ernst
Marvel dürfte zwar einen hohen Anspruch an die eigenen Filme haben, doch die bisherigen Comicverfilmungen zeigen, dass da immer genug Raum für Witz und Selbstironie bleibt. Es geht den Machern nicht nur um ästhetisch ansprechende Werke, die den Zuschauern den Atem rauben – sie wollen vor allen Dingen gut unterhalten. Gelungene Actionszenen allein genügen da nicht. So rastet Hulk halt auch gern mal richtig aus und schlägt mit kräftigen Schleuderattacken über die Stränge. Thor gibt zu, dass Loki halt adoptiert ist und man deshalb gnädig mit ihm sein müsse. Auch die Tatsache, dass Robert Downey Jr. den im Comic als Alkoholiker angelegten Charakter Tony Stark/Iron Man mimt, spricht dafür, dass auch die Darsteller sich nicht allzu ernst nehmen und mit einem Augenzwinkern auf die eigene Fehlbarkeit verweisen. Und dann streiten sich die Avengers auch noch ganz nebenbei darüber, wer denn hier das körperbetontere Outfit trägt.
Warum ist Marvel eurer Meinung nach so erfolgreich?