DC v Marvel - Denn sie wissen nicht, was sie tun

18.10.2014 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
DC v Marvel - Denn sie wissen nicht was sie tun
DC Comics/moviepilot
DC v Marvel - Denn sie wissen nicht was sie tun
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DC und Warner machen ernst. Sie verkündeten einen Weltherrschaftplan, der jeden Superschurken vor Neid erblassen ließe. 10 Filme in vier Jahren plus diverse TV-Projekte. Man will Marvel mit den eigenen "univers-ellen" Waffen schlagen. Nur wissen sie leider nicht, was sie tun.

Cinematische Universen sind die neuen Trilogien, die neuen Prequels, Sequels, Reboots und Remakes. Die all das in sich vereinen und noch wesentlich mehr. Wer sich heute Studioboss nennt, der gibt sich nicht mehr mit Kleinkram zufrieden. Filmreihen etablieren, das macht heutzutage schließlich jeder. Ne ne, Hollywood entdeckt sein altes Credo "Think big" für sich neu. Und gar nicht zum Schaden des Zuschauers, wie seit einigen Jahren bewiesen wird. Marvels sogenanntes "Cinematic Universe" ist kein bloßes Franchise, kein Verkaufswerkzeug zwecks Gewinnmaximierung. Es ist eine Neudefinition eines narrativen Spielplatzes den bereits Kinolegenden wie Frankenstein oder Godzilla für sich entdeckten und im Grunde nur die simple Übertragung des wohl ältesten Kniffs, den Comicverlagen im petto haben.

So verwundert es nicht, dass nach langen Vorwehen sich nun auch der zweite, große Superheldenstall auf dieser Rennstrecke austoben möchte. Die Ausmaße des Vorhabens dagegen umso mehr. Der kürzlich angekündigte Masterplan von DC und Warner wirkt ebenso überambitioniert wie übereilt. Bis 2020 sollen zehn bestätigte Superheldenfilme auf die große Leinwand entlassen werden. Die obligatorischen, aber noch nicht offiziell vermeldeten Soloausflüge des Dunklen Ritters und des fliegenden Supermanns nicht dazu gezählt. Hinzu kommen mehrere Fernsehserien, die nicht zum großen Film-Universum gehören. Neben alten Bekannten wie den beiden DC-Galionsfiguren sollen The Flash, Wonder Woman, Aquaman, Cyborg und Shazam! ihren großen Auftritt im Kino erhalten. Inklusive der obligatorischen Teamformation. So dürfen The Justice League Part One und Part 2 ebenso wenig fehlen wie Suicide Squad. Selbst der berühmt-berüchtigte und lange als unverfilmbar geltende The Sandman darf uns heimsuchen. Und ob wir wollen oder nicht, soll 2020 auch die grüne Leuchte eine zweite Chance erhalten. DC lässt also nichts unversucht.

Blackest Night

Entgegen dem Sprichwort "In der Ruhe liegt die Kraft", mit der Marvel sein Universum während der ersten Phase Stein um Stein aufbaute,  erkoren die Strategen bei Warner/DC scheinbar eine nicht tot zu kriegende, deutsche Technoband zum Vorbild. "Faster, harder, Warner". Natürlich ist und bleibt die ganze Aktion ein offensiver Versuch, Marvel mit den eigenen Waffen zu schlagen. So wie es auch andere Studios in den groteskesten Variationen der Versuchung nach eigenen Universen verfielen. Universal gräbt sein Monsterkabinett wieder aus. Sony versucht sich mit einem Robin Hood-Universum (und die Welt fragt sich: WTF?!). Fox könnte die X-Men mit den Fantastic Four zusammentreffen lassen. Usw.

Im Vergleich mit Marvel glänzt DC nicht unbedingt mit Geduld. Stattdessen wollen sie zwei Phasen auf einmal überspringen. Anders lässt es sich nicht erklären, warum sie mit mehreren Teamfilmen beginnen. Als wäre es nicht herausfordernd genug, Superhelden mit Hilfe von zweistündigen Soloabenteuern zu etablieren - insbesondere wenn es sich um Helden aus der zweiten Reihe handelt. Jedoch ein komplett neues Superheldenteam in (großzügig gerechnet) 150 Minuten dem Zuschauer zu verkaufen, Empathie zu schüren und Interesse zu wecken, erachte ich als eine Herausforderung, der Warner/DC noch nicht gewachsen ist. Dass es funktionieren kann, steht außer Frage. Stichwort X-Men - Der Film. Doch selbst da wurden kleinere Brötchen gebacken. Die Gründe, warum es auf solche Weise versucht wird, liegen auf der Hand. Doppelte Heropower, doppelter Verkaufswert. Titel wie Batman v Superman: Dawn of Justice oder The Justice League Part One sind pure Gelddruckmaschinen, egal wie der Inhalt ausfällt. Die Chance, einige der größten Superhelden aller Zeiten in einem Film im Duell zu erleben, das lässt sich kein Comicfan entgehen. Also warum Solofilme mit Helden, die kaum jemand kennt, vorschicken und damit das Floprisiko auf sich nehmen und sich damit die Chance auf mehrere milliardenschweren Blockbuster entgehen zu lassen? Wir müssen uns nur daran erinnern, mit was für Hohn und Skepsis Marvel konfrontiert wurde, als sie ihre Pläne für Phase 1 bekannt gaben, die im Grunde nur aus personeller Restware der anderen Studios bestand. Iron Man? Thor? Captain America? Anyone? Aber was blieb Kevin Feige auch anderes übrig, als die Ärmel hoch zu krempeln. An einen Film mit den Rächern war zu der Zeit nicht zu denken. Nicht nur weil der einzige (Teilzeit-) Avenger mit Superstarqualitäten längst an Sony verhökert wurde. DC befindet sich in einer wesentlich bequemeren Lage. Was ihnen nun zum Verhängnis werden könne.

Auch wenn die Fans Batman v Superman: Dawn of Justice die Kinotüren einrennen werden, so wird es anfangs allein aufgrund der Namen passieren. Fan will wissen, wie sich die beiden schlagen. Im wahrsten Sinne. Und das obwohl die beiden Protagonisten herzlich schlechte Voraussetzungen besitzen. Der eine ist so sympathisch wie ein Eisklotz und eroberte in seinem ersten Abenteuer nicht unbedingt die Herzen der Zuschauer wie im Flug. Der andere ist zwar Everybody's Darling, aber muss sich nun ohne Christopher Nolan erst wieder beweisen. Marvel dagegen kann aus den dramaturgischen Vollen schöpfen. Captain America 3 wird nicht nur Phase 3 einläuten, sondern mit Civil War das Cinematic Universe an einen entscheidenden Wendepunkt bringen. "Iron Man V Captain America", ein Duell, das aus der Empathie der Zuschauer der vorangegangenen Filme gespeist werden wird und damit eine Verbindung aufweist, die fast zehn Jahre reifen konnte und von der DC aktuell nur träumen kann. Apropos Phase 3, lässt Marvel selbst in seinem dritten Zyklus nicht von der bewährten Methode ab, erst die Figuren ausführlich vorzustellen (Guardians of the GalaxyAnt-Man, Doctor Strange) bevor sie in den größeren Teamkontext gestellt werden  DC dagegen beweist soviel Feingefühl und Geduld wie ein Teenager beim ersten Mal…

Brightest Day

Letzten Endes bleibt der von Warner und DC anvisierte Produktionsplan bis auf weiteres nur ein fragiles Luftschloss. In 18 Monaten, wenn Batman v Superman: Dawn of Justice in den Kinos startet, könnten die ambitionierten Instant-Universenbauer unsanft von der Realität eingeholt werden. Schließlich stellt der Film die Generalprobe für alle kommenden Filme dar. Die schnellsten Gäule im DC-Stall müssen sich dann beweisen. Auch wird der Grundstein für The Justice League Part One gelegt, wenn auch nur in Cameoform. Ein Fehlstart wäre katastrophal und würde den Masterplan an seiner empfindlichsten Stelle treffen. Ich persönlich würde es DC nicht wünschen, sondern hoffe als inniger Superman-, Sandman-, Watchmen- und Constantine-Fan trotz trüber Vorzeichen auf das Beste. Trotz Zack Snyder, trotz David S. Goyer, trotz des Versuchs von DC, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Trotz des Gefühls, dass Warner die eigenen Superhelden so richtig am Allerwertesten vorbei gehen. Trotz des Anscheins, das Warner-CEO Kevin Tsujihara mit "Malen nach Marvelzahlen" in erster Linie ein Bild für seine Aktionäre kreiert. Trotz, trotz, trotz...

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