Der offene Exzess von Wet Hot American Summer: First Day of Camp

07.07.2016 - 09:45 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Die Teenies haben Spaß in Wet Hot American Summer: First Day of CampNetflix
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Ich schenke mein Herz für Serie dem ersten Tag im Camp in einem Wet Hot American Summer. Ein Tag, so schön, dass jeder sich die nächsten 15 Jahre glatt jünger fühlt.

Zu bescheuert, um wahr zu sein. 15 Jahre nachdem die Jungs und Mädels im Camp Firewood im Original Wet Hot American Summer ihre jugendlichen Probleme am letzten Tag des Camps zu bewältigen versuchten, sind sie alle wieder da. Am ersten Tag. Ist es nun originell, so viel Witz allein aus der Prämisse zu schöpfen, dass das Prequel zu Wet Hot American Summer so viele Jahre nach dem Original gedreht wurde und die Darsteller, die damals schon zu alt für ihre Rollen waren, jetzt mit Gemütlichkeitsbäuchlein, Perücke und sichtlich gealtert in den Schauplatz zurückzuwerfen? Wahrscheinlich nicht. Aber ähnlich wie Anchorman 2 - Die Legende kehrt zurück alle Versatzstücke des ersten Teils nahm und gnadenlos überzog, funktioniert auch Wet Hot American Summer: First Day of Camp. Der Prequel-Serie vorzuwerfen, sie würde sich schlicht auf dieser reinen Tatsache ausruhen, wäre falsch.

Wet Hot American Summer: First Day of Camp lebt und liebt den Geist des Originals und dessen Hang zur exzessiven Überschreitung von Fremdscham-Grenzen und konventionellen Comedy-Situationen. Die Formel ist so einfach wie wirksam: höher, weiter, verrückter. Eine Formel, die der angesprochene Anchorman 2 - Die Legende kehrt zurück verinnerlichte und das Finale seines Vorgängers konsequent eskalieren ließ. Es hätte mich nicht gewundert, wäre der erste Tag im Camp mit einem Zeitreise-Twist zu Ende gegangen. Denn es ist die konstant maßlose Überzeichnung, die Wet Hot American Summer: First Day of Camp alle Türen öffnet, so dass die Camp-Mitglieder im großen Finale auch gegen das Militär kämpfen könnten. Oder passiert das wirklich?

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Weil Witz auch Überraschung ist

Die Logik eines Films resultiert aus ihm heraus. So wie es falsch ist, jeden Film nach den gleichen Maßstäben beurteilen zu wollen, verhält es sich auch mit dem Logik-Lineal. Warum es nervt, dass sich der so krampfhaft auf wissenschaftliche Korrektheit berufende Der Marsianer - Rettet Mark Watney im Endeffekt so sehr nach dem unrealistisch utopischen Feel-Good-Quatsch sehnt, aber es nicht stört, wenn Charlie Kaufman die Grenzen zwischen Realität und Traumwelt verwischt, ergibt sich ganz einfach daraus, wie sich die Filme geben und damit ihre eigene, innere Logik formen. Von Anfang an ist in Wet Hot American Summer: First Day of Camp klar, dass alles passieren kann und darf. Ein Gefühl der übermäßigen Konstruktion eines Gags stellt sich dementsprechend nicht ein, weil er organisch aus den Gesetzten der Welt zu resultieren scheint, die Regisseur und Drehbuchautor (auch des Originals) David Wain zusammen mit seinem Ko-Autor Michael Showalter zeichnet. Was als nächstes im Camp passiert, ist deshalb dem Zufall überlassen und nicht vorhersehbar.

Back to the roots

Prequels fungieren gerne, um Vorgeschichten zu erzählen und uns zu erklären, warum bekannte Charaktere so sind, wie sie sind. David Wain und Michael Showalter nutzen diese Konvention, um bekannte Charaktere in Charakteristiken zu quetschen, die der ursprünglichen Version widersprechen, um dieses Vorgehen dann durch schön bescheuerte Wendungen mit einem Handgriff zu konterkarieren und Figuren mit einem minimalistischen Schritt um 180 Grad zu drehen. Wir wissen, dass mit Gene (Christopher Meloni) irgendetwas passieren muss, damit er zum verrückten Koch wird, so wie wir wissen, dass jemand wie Michael Cera keine Rolle im Original spielte, und Wet Hot American Summer: First Day of Camp findet überaus konsequente Wege, um schließlich zu der Ausgangssituation des Films von 2001 zurückzukehren. Und natürlich kann sich auch ein Meta-Kommentar auf die Gesamtsituation nicht verkniffen werden.

Eben hat er noch friedlich gekocht, jetzt kocht er vor Wut

Bradley Cooper (Hangover), Paul Rudd (Ant-Man), Amy Poehler (Parks and Recreation) oder Elizabeth Banks (Die Tribute von Panem - The Hunger Games) kannte damals niemand. Mit merkbar großem Spaß kehren sie in ihre alten Rollen zurück und liefern unglaublich komische Over-The-Top-Leistungen.

Ich hoffe, ihr habt genau so viel Spaß mit der Serie (und dem Film) wie ich. Und denkt dran, immer schön aufpassen beim Autofahren.


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