Die ultimative Best & Worst of Diversity-Liste 2015

28.12.2015 - 08:50 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Best und Worst of alte Männer im Film
Alamode Film (Mr. Holmes), Paramount Pictures Germany (Terminator: Genisys)
Best und Worst of alte Männer im Film
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Jahresendlisten gehören zum Jahresende. So. Und deshalb hier die ultimativ besten und schlechtesten Filme des Jahres 2015 in Sachen Vielfalt, nach meiner Meinung und in loser Reihenfolge. Los geht's.

Best of:

Tangerine - der bessere Transgenderfilm des Jahres

Zwei transgender Prostituierte ohne Schauspielausbildung, ein Jungregisseur, ein iPhone und die orange-goldene Sonne in Kalifornien. Tangerine straft alle FilmemacherInnen Lügen, die sagen, es wäre schwer oder gar unmöglich solche Rollen mit Menschen zu besetzen, die tatsächlich vielfältig sind. Nimm das, The Danish Girl! Nimm das, Alle Farben des Lebens! Aber der Film ist nicht nur hübsch vielfältig, er ist vor allem auch gut. So gut, dass er nicht nur in Sundance für Furore sorgte, sondern auch eine eigene, wenn auch kleine Oscar-Kampagne bekommt.

Mad Max: Fury Road - multidimensionale, aktive Frauenfiguren

Verdammt noch mal, was für ein Film! Und was für Frauenfiguren! Die Menge allein ist schon betörend. Noch wichtiger aber: Die Frauen im Mad Max-Universum sind aktiv. Allen voran Imperatorin Furiosa (Charlize Theron), die sogar einarmig noch mehr als nur gefährlich ist. Selbst die jungen Ehefrauen überkommen ihr rein dekoratives Dasein und legen Hand mit an, schießen um sich und nehmen ihr Schicksal in die eigene Hand. Und dann die Many Mothers, die die letzen Samen beherbergen und die Milchfrauen, die die Kinder in einer fast wasserlosen Welt großziehen. Mad Max: Fury Road integriert die vielen Aspekte von Weiblichkeit in einem Film, der dadurch in seiner postapokalyptischen Action sogar noch bereichert wird.

It Follows - benennt und bekämpft seine eigene sexuelle Neurose

Kein amerikanischer Film stellt sich so offen der dort vorherrschenden sexuellen Paranoia, wie der wunderbare kleine Indie-Film It Follows. Jay (Maika Monroe) hatte entspannten Geschlechtsverkehr mit einem Jungen und hat sich dabei einen Dämon eingefangen. Das Perfide an diesem Dämon: Wer ihn sich einfängt, wird ihn erst wieder los, wenn er/sie mit jemand anderem schläft und diesen quasi damit ansteckt. Und zwar bevor der Dämon es schafft einen zu ermorden. Doch so schnell ist man nicht aus der Nummer raus, denn wenn einer in der dämonischen Ansteckungsfolge stirbt, geht der Fluch auf den vorherigen zurück. Eine interessante Idee, ist es doch sonst so, dass nur die Jungfrauen überleben und die sexuell Aktiven die ersten sind, die ins Gras beißen müssen. Und Maika regelt das schon.

Magic Mike XXL - entspanntes Unterwandern der Geschlechternorm

Ich hatte ja schon einmal ausgiebig über Magic Mike XXL geschrieben. Und zwar hier. Der Film ist nicht nur sehr entspannt goofy und nimmt sich nicht allzu ernst, er nutzt auch seine Chance die übliche Geschlechternorm, Frauen zu sexualisieren, objektivieren und anzustarren, umzudrehen. Hier sind es die Männer, die nackt sind, ihren Beckenboden kreisen lassen und sich zur Verfügung stellen. Und dabei so einiges darüber lernen und im Film auch thematisieren. Noch dazu ist der Film fast der einzige dieses Jahr, der sich in Sachen Kameraarbeit und Ausleuchtung perfekt um seine dunkelhäutigen ProtagonistInnen kümmert. Und als wäre das nicht genug: Sexualität ist hier vielfältig und so entspannt wie sonst kaum.

Taxi Teheran - die cleverste Mischung aus Humanismus und politischer Kritik

Jafar Panahi hat im Iran Berufsverbot. Er darf nicht mehr als Regisseur arbeiten. Nachdem er jahrelang Hausarrest hatte, hat er jetzt wieder die Erlaubnis sich draußen zu bewegen. Also fährt Panahi jetzt Taxi. Irgendwie muss man ja Geld machen. Und zur Sicherheit hat er auf seinem Armaturenbrett zwei Kameras aufgebaut. Doch doch, nur wegen der Diebstähle. Ganz zufällig filmen die mit, wie Panahi durch Teheran fährt und ein Querschnitt der Bevölkerung - von der Lehrerin über einen Taschendieb bis hin zu Omas, die einen Goldfisch transportieren wollen, von A nach B. Und weil man als Taxifahrer so ein bisschen redet und weil so ein Taxi gleich von mehreren KlientInnen gleichzeitig genutzt wird, kommen da sehr viele politische und persönliche Gespräche auf. Die die Bordkamera zufällig aufnimmt. Und irgendwie hat das jemand zusammengeschnitten und der Berlinale geschickt. Na ja, passiert.

Eisenstein in Guanajuato - Viva la Homosexualität

Der große Sergei M. Eisenstein war nicht nur einer der wichtigsten Regisseure überhaupt. Er war auch schwul. Doch davon wollte niemand etwas hören und Zeit seines Lebens musste Eisenstein das auch verstecken. Peter Greenaway lässt Eisenstein in seinem fantastisch chaotisch-neurotischen Film seine Sexualität genießen. In vollen Zügen, mit Liebe, Würde, Spaß und ohne sich zu verstecken, so wie es der wahre Eisenstein wohl nie zu leben vermochte. Und so lässt er sich von seinem mexikanischen Gefährten eines Abends seinen Winterpalast erstürmen und dort sogar einen roten Wimpel hissen, während die beiden dabei die kommunistische Weltrevolution und den Kolonialismus besprechen.

Mr. Holmes - würdevoller Repräsentation von Alter

Selbst große Helden werden irgendwann alt. In Mr. Holmes ist Sherlock schon so alt dass er sich kaum noch selbst betun kann. Und doch will er noch einen alten Fall lösen. Oder sagen wir lieber: sich daran erinnern, denn die Altersdemenz ist schon weit fortgeschritten. Der Film schmeißt Holmes weder in die Erzählung vom tattrigen Greis, in der er faktisch zu nichts mehr zu gebrauchen ist, noch überhöht und ignoriert er sein Alter und die Krankheit. Im Gegenteil, während Holmes sich ganz langsam an seinem Fall abarbeitet, kommentiert der Film ständig die Realitäten - die guten und die schlechten - des Älterwerdens. Ein Thema, dass so gut wie nie im Film in solch einer Fülle und solcher Würde vorkommt.


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