Dumbo: Ein Disney-Remake, das kräftig gegen Disney austeilt

02.04.2019 - 11:20 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Handelt es sich beim Remake Dumbo um einen harmlosen Disney-Ableger? Mitnichten, denn Regisseur Tim Burton hat einen Film gedreht, der kein gutes Licht auf den Mäusekonzern wirft.

Achtung, Spoiler zu Dumbo: Dumbo ist die neueste Live-Action-Adaption eines beliebten Disney-Klassikers und versprach durch die Besetzung des Regiepostens mit Kino-Fantast Tim Burton schon vorab, eine Ausnahmestellung im Kanon jüngerer Remakes des Konzerns einzunehmen. Diese Vermutung bewahrheitet sich nun auf kuriose Weise, denn Dumbo kommt zu einem heiklen Zeitpunkt und erscheint - insbesondere im Lichte aktueller Entwicklungen - als harsche Kritik an seinem eigenen Studio.

Im vergangenen Jahr sorgte eine Meldung für Aufsehen, wonach Disney das konkurrierende Studio 20th Century Fox kaufen wird. Mittlerweile ist der historische Deal über die Bühne gegangen und wird noch einige Konsequenzen nach sich ziehen: Wie Variety  berichtet, könnte der Zusammenschluss bis zu 4.000 Arbeitsplätze vernichten. Dumbo bildet ein genau solches Szenario in etwas kleinerer Dimension ab, wobei die Sympathien eindeutig verteilt sind.

Dumbo

So übt Tim Burton mit Dumbo Kapitalismuskritik

In Tim Burtons Neuauflage wird Dumbo nach dem Ersten Weltkrieg in einen Zirkus hineingeboren, dem es wirtschaftlich nicht allzu gut geht. Umso größere Hoffnungen legt der Eigentümer Max Medici (Danny DeVito) daher in seine jüngste Sensation: einen fliegenden Elefanten. Bald erscheint jedoch der Unternehmer V. A. Vandevere auf der Bildfläche, um den Dickhäuter für seinen Freizeitpark zu gewinnen. Es kommt zum Vertrag zwischen Medici und V. A. Vandevere, der eine Integration von Dumbo und dem Zirkus-Personal in Vandeveres Imperium vorsieht.

Jedoch verläuft die Durchführung der Abmachung alles andere als glatt: Vandevere schert sich nicht um seine (neuen) Mitarbeiter, ihm ist nur der Profit wichtig, den Dumbo abwerfen soll. Schließlich kommt heraus, dass der zwielichtige Mogul seine Geschäfte in Wahrheit auf Kredit finanziert. Als sein Vergnügungspark am Ende buchstäblich niederbrennt und Medici zur Feier des Tages einen Hot Dog essen geht, leuchtet die Aussage von Dumbo sternenklar auf: Rücksichtslose Geldhaie wie Vandevere haben es nicht anders verdient.

Dumbo mit Michael Keaton und Danny DeVito

Dumbo beißt furchtlos die Hand, die ihn füttert

Vandevere, der sich die Konkurrenz einfach einverleibt, steht in Dumbo also stellvertretend für Disney - zumindest drängt sich diese überaus ironische Lesart des Remakes praktisch auf. Konkret auf den Deal zwischen Disney und Fox bezogen sein kann der Film wohlgemerkt nicht, denn die Dreharbeiten gingen bereits 2017 über die Bühne.

Mit ihrer grundsätzlich antikapitalistischen Haltung positioniert sich das Remake jedoch auch abseits dessen tendenziell eher gegen den Megakonzern. Zusätzlich eröffnet Tim Burton mit seinem markant erneuerten Dumbo eine Metaebene über eigene künstlerische Einschränkungen im Rahmen seiner Arbeit an Dumbo durch mögliche inhaltliche Vorgaben seitens Disney.

Der neue Dumbo will kein Star sein

Absolut nicht in Einklang mit gängiger Unternehmenspolitik steht Dumbo außerdem aufgrund seiner Kommerzkritik, die im Remake noch deutlicher zutage tritt als im Original. In Burtons Version wird zum einen der hilflose Elefant durch den Verkauf von Merchandise (hier: Kuscheltieren) gezielt als Sensation vermarktet, aber damit noch nicht genug: Kurz zu sehen ist eine Attrappe der Titanic, die erst wenige Jahre vor dem Einsatz der Filmhandlung untergegangen war.

Dumbo

Mit dem nachgestellten Schiff nimmt der Regisseur unverkennbar Bezug auf das mitunter zynische Ausschlachten auch tragischer realer Ereignisse durch die Filmindustrie zu monetären Zwecken. Freilich aber betreffen die soeben beschriebenen Phänomene keineswegs allein Disney, sondern vielmehr die gesamte moderne Unterhaltungsbranche.

Die Tatsache, dass natürlich auch zum neuen Dumbo-Film Fanartikel auf den Markt geworfen werden, ist in Anbetracht der Botschaft des Remakes eine weitere leicht absurde Pointe, die jeder Zuschauer selbst einordnen muss.

So offensichtlich nimmt das Dumbo-Remake Disney auf die Schippe

Vandeveres schillernder, zugleich aber auch abgründiger Rummelplatz aus Dumbo trägt sicher nicht nur zufällig ausgerechnet den Namen Dreamland. Disneyland könnte in diesem trügerischen Universum direkt nebenan liegen, zumindest liegt die Verbindung schon wegen der Wortwahl absolut nicht fern.

Das Dreamland in Dumbo

Denken können wir bei Dreamland außerdem an das Dornröschen-Schloss, welches das Disney-Logo ziert und dessen Bewohnerin im dazugehörigen Märchen bekanntlich mit einem Fluch belegt wird. Der äquivalente, gleichwohl unausgesprochene Fluch in Dumbo wäre dann die Profitgier mehrerer Figuren, von der immerhin Max Medici am Ende geheilt wird - Empathie für andere Lebewesen erweist sich im finalen Drittel des Films als die notwendige Medizin.

Warum Tim Burtons Dumbo ein Paradoxon ist

Der ultimative Anti-Disney-Film ist Dumbo aber trotzdem nicht. Gegen eine solche These sprechen unter anderem seine überaus vertraute Dramaturgie und die stellenweise Entschärfung des Originals. So erregte der Zeichentrickfilm von 1941 durch seine berühmte Sequenz mit rosa Elefanten die Gemüter, die dem kleinen Dumbo im Champagner-Rausch erscheinen. Bei Tim Burton hingegen gibt es keinen Alkohol mehr für minderjährige Vierbeiner - wer genau das entschieden hat, bleibt wohl ein Geheimnis.

Wie bewertet ihr Dumbo als Disney-Film?

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