Funny Games U.S. - Einer muss verlieren

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Funny Games U.S.
Moviepilot/X-Verleih
Aktion Lieblingsfilm: Funny Games U.S.
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Dass Michael Haneke mit Funny Games und dem Remake Funny Games U.S. nicht wirklich lustige Spiele meint, weiß auch dieser moviepilot User.

Spiele sind nicht immer lustig, zumindestens nicht für alle Beteiligten, denn Fakt ist: Einer muss verlieren. Umso mehr Personen mitspielen, umso mehr Verlierer gibt es normalerweise auch. Zeit sich ein nicht lustiges (oder möglicherweise doch lustiges?) Spiel näher anzuschauen: Funny Games. Doch genau da fängt es schon an. Reden wir hier über das deutsche Original von 1997 oder der amerikanischen Bild-für-Bild-Nachverfilmung aus dem Jahre 2007? Beide Filme entstanden unter der Regie von Michael Haneke, der spätestens seit seinem Film Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte einem sehr breitem Publikum bekannt ist. Wenn ein Regisseur seinen eigenen Film Shot by Shot nach verfilmt, wird er sich wohl etwas dabei gedacht haben und so möchte ich im Folgenden über Funny Games U.S. reden.

Das Ehepaar Ann und George Farber (Naomi Watts & Tim Roth) fährt mit ihrem Sohn Georgie (Devon Gearhart) in ihr Ferienhaus, das an einem ruhig gelegenen See liegt. Dort angekommen, bekommen sie bald schon Besuch von Peter und Paul (Brady Corbet & Michael Pitt). Das zuerst harmlose Treffen entwickelt sich schnell zu einem brutalen Spiel. Die beiden Fremden halten die junge Familie in ihrem eigenen Haus fest, foltern und quälen sie sowohl körperlich als auch mental und schlagen dann eine Wette vor. Sie glauben, die Familie wird keine 12 Stunden überleben, die Farbers sollen dagegen wetten.

Stilistisch bewegt sich Haneke wie immer abseits des Mainstream-Kinos. Musik kommt in
nur zwei kleineren Szenen zum Einsatz, und selbst da hätte ich auf Musik verzichten können. Der Film schafft es aber auch ohne Musik Emotionen zu übermitteln und den Zuschauer zu fesseln. Weiterhin ist die ruhende Kamera ein wichtiges Merkmal von Funny Games. Kameraeinstellungen von bis zu 9 Minuten dürfen hier bewundert werden. Nicht nur für Anhänger des Action-Kinos ist dies eine Herausforderung. Und zu guter Letzt spielen Teile der Handlung im OFF. Während Paul sich beispielsweise in der Küche aufhält und sich Essen macht begleitet in die Kamera dabei. Die entscheidende Handlung findet zu dem Zeitpunkt aber im Wohnzimmer statt. Was genau passiert, kann der Zuschauer nur erahnen.

Normalerweise versucht ein Film die Illusion auf zu bauen, „real“ zu wirken. Haneke bricht
diese Illusion ganz bewusst, indem er z.B. einen der Antagonisten auf höherer Ebene in
den Verlauf des Filmes eingreifen lässt (mehr sei hier nicht verraten.). Ein anderer Bruch
der Illusion entsteht dadurch, dass Paul immer wieder den Zuschauer direkt ansieht und
auch anspricht. Im Gegensatz zu den anderen Personen weiß er, dass er sich in einem Film
befindet. Obwohl Haneke immer wieder die Illusion bricht, fiebert der Zuschauer trotzdem
mit der Familie mit. Zu Verdanken ist dies vor allem den grandios spielenden Schauspielern, die in den zahlreichen Close-Ups die Verzweiflung der einzelnen Personen authentisch vermitteln können.

Die wohl stärkste Szene des Films ist die bereits angesprochene 9-minütige
Kameraeinstellung. Zuvor hörte man im OFF, dass jemand der Familie umgebracht wurde,
woraufhin Paul und Peter seelenruhig das Haus verlassen. Dann endlich sehen wir was
wirklich passiert ist. Nach dieser schockierenden Tat ist diese lange Einstellung fast
unerträglich auszuhalten. Die beiden Täter lassen die Überlebenden verstört zurück, Haneke
den Zuschauer.

Am Ende bleibt die Frage: Warum die ganze Gewalt? Die Antwort sagt Paul uns direkt in die
Kamera: Entertainment des Zuschauers. Haneke schiebt damit die Schuld auf den Zuschauer.
Ohne Zuschauer müsste die Familie nicht um ihr Überleben kämpfen, denn immerhin sind wir
hier, wie Paul weiß, in einem Film und da muss man den Zuschauern etwas bieten.

Doch warum hat er bitte eine Bild-für-Bild-Nachverfilmung gemacht? Haneke wollte, laut
eigener Aussage, die Thematik dem U.S. Publikum näher bringen, was allerdings kläglich
scheiterte. Zu mindestens finanziell war der Film ein Riesenflop. Trotzdem finde ich den
Film sehenswert. Mich hat der Film auch noch lange Zeit danach beschäftigt und gerade im
Zeitalter des „torture porn“ stellt sich doch die Frage, ob wir wirklich den 12ten Saw Filmbrauchen? Zu mindestens die Kinozahlen sprechen ja leider dafür.


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