Zu viel, zu schnell, zu laut: Nach 2019 habe ich keine Lust auf Serien mehr

26.12.2019 - 09:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Baby Yoda in The Mandalorian.
Disney+
Baby Yoda in The Mandalorian.
37
19
2019 erschienen einige großartige Serien. Trotzdem habe ich praktisch keine Lust mehr aufs Serienschauen. Lasst mich erklären, warum.

Eigentlich war 2019 ein großartiges Jahr für Serienfans. Abgesehen vielleicht vom grandiosen Absturz von Game of Thrones gab es viel Gutes und Neues zu verzeichnen. Trotzdem ist mir die Lust auf neue Serien herzlich vergangen. Dieses Jahr hat mich zur totalen Serienmüdigkeit getrieben.

Tatsächlich habe ich sogar einen ordentlichen Teil der großartigen Neustarts und Rückkehrer mitgenommen dieses Jahr: Das clevere Kleinstadtspiel Sex Education, die herrlich dreckige Comicadaption The Boys oder Netflix-Phänomene wie Stranger Things. Ich könnte noch ewig weiter aufzählen. Und da wären wir schon beim ersten Problem.

Kurze Info: All die folgenden Probleme gibt es schon länger. Doch 2019 haben sie meiner Ansicht nach einen Höhepunkt erlebt, der mir den Rest gegeben hat.

Frustfaktor 1: Zu viel, zu schnell, und kein Ende in Sicht

Seit spätestens 2019 ist entspanntes Schnuppern nach Serien für mich unmöglich. Es gibt permanent und immer mehr Neues. Jeden Monat erscheinen alleine auf Netflix bestimmt ein Dutzend neue Serien und -staffeln. Es genügt ein Blick auf die Moviepilot-Übersicht für den Dezember 2019, um zu sehen, wie groß die Flut ist.

Immer noch nicht gesehen: Fleabag.

Und das ist nur Netflix. Wer unsere hauseigenen Monatslisten mit (inter)nationalen Serienstarts liest, wird Zahlen in den Titeln finden, die meist weit über 50 liegen. Dabei sind das nur ausgewählte Highlights! Diese Serien-Lawine macht Druck ... und lähmt. Oft schaue ich am Ende gar nichts oder falle zurück in Komfortzonen wie Scrubs oder Supernatural. Empfehlungen wie Fleabag und Euphoria ignoriere ich, aus purer Überforderung.

Zugleich geht oft die Fortsetzung von Serien unter, auf die ich mich eigentlich gefreut hätte. Ich vergesse zum Beispiel regelmäßig, dass mich noch eine 3. Staffel Jessica Jones erwartet und eine 2. Staffel The Frankenstein Chronicles. Wann ist das bitte passiert?

Frustfaktor 2: Tausend Streaming-Dienste, hundert Sender und kein Überblick

Kurz gesagt: Es gibt zu viele Plattformen, Tendenz steigend. Netflix, Amazon Prime, Maxdome, YouTube, Sky ... Hinzu kommen die abgeschotteten Exklusiv-Clubs von HBO und Co., und seit kurzem natürlich vor allem Neueinsteiger Disney+.

Dank The CW und Sky noch nicht gesehen: Supernatural Staffel 15

Wollte ich also all meine Serieninteressen abdecken, wäre ich sehr schnell sehr arm. Außerdem erscheint es mir einfach albern, ganze Dienste abonnieren zu müssen, nur weil sie aus Exklusivitäts- und Geldgründen genau ein interessantes Format für sich bunkern. Von den vielen US- und UK-Sendern und -Portalen, die mir in Deutschland nicht zur Verfügung stehen, will ich gar nicht erst anfangen (Looking at you, Hulu und The CW!).

Nein, bei diesem Spiel der Konzerne, die alle ihr eigenes Ding drehen, bin ich raus.

Frustfaktor 3: Das ewig Neue ersetzt bewährte alte Lieblinge

Im Konkurrenzkampf der Streaming-Anbieter, denen vor allem der große böse Mäusekonzern jetzt Sorgen bereitet, entsteht ein neues Problem: die Absetzungswellen.

Besonders dieses Jahr fiel auf, wie sehr selbst beliebte Serien unter dem Kampf um Geld und neue Kunden leiden. Das Ende der Marvelserien auf Netflix, von Daredevil über The Punisher bis hin zu Luke Cage, führte uns vor Augen, dass es jeden erwischen kann. Warum also Zeit und Emotionen investieren, wenn nichts sicher ist?

Auch ein Opfer der Absetzungen: Daredevil

Für mich führte das zu einem schmerzvollen Abschied von Serien, für die ich trotz der Flut Platz gemacht hatte (Rest in Peace, Santa Clarita Diet). Gleichzeitig verschwinden heimlich alte Serienkonstanten aus dem Programm. Auf der einen Seite ziehen mir Netflix und Co. eins mit dem "Jetzt neu!"-Laternenpfahl über, auf der anderen rauben sie mir geliebte Alternativen.

Frustfaktor 4: Social Media-Rummel und der Irrsinn des Internets

Zu guter Letzt wäre da noch ein Faktor, der sich in meinen Augen jedes Jahr noch mehr zuspitzt und sich vor allem 2019 hässlich äußerte: der Wirbelsturm der "sozialen" Medien.

Die Hasswellen gegen Game of Thrones und die Verselbstständigung des kleinen Baby Yoda aus The Mandalorian zeigen, wie schnell neue Serien inzwischen das Internet übernehmen. Ich interessiere mich gar nicht für Star Wars, und trotzdem konsumiere ich indirekt permanent die Inhalte von Disneys letztem Geniestreich. Eigentlich praktisch, jetzt muss ich Serien nicht mal mehr schauen, um von ihnen so richtig die Nase voll zu haben.

Er ist überall: Baby Yoda.

Jetzt könnte ein jeder natürlich sagen "dann lies doch einfach keine Posts über [XY]". Der Witz ist: Das tue ich nicht. Aber ich bewege mich nun einmal privat und für die Arbeit im Internet. Und Spoiler, Diskussionen, Hasskampagnen und "SCHAUT UNBEDINGT DIESE SERIE!" lauern hier ausnahmslos überall.

Fazit: Für 2020 gibt's einen Serien-Rettungplan

Gemeinsam erzeugen all diese Aspekte etwas, das mit einer Abschalt-Beschäftigung wie Serienschauen niemals verknüpft sein sollte: Druck. Ich fühle mich hin- und hergeschoben, bevormundet, verloren im Labyrinth aus Angeboten und Anbietern. Wie mit dem alles regierenden MCU im Kino setzt bei mir in Sachen Serien eine Übersättigung ein, vor der ich mich irgendwie retten muss.

Daher jetzt für mich und alle Mitleidenden ein 5-Sterne-Notfallplan, der die Freude an Serien auch 2020 noch bewahren soll:

  • Sozialisieren: Serienabende mit Freunden, Netflix-Konferenzen via Whatsapp... Hauptsache, eine gemeinsame Motivation finden.
  • Dosieren und Zelebrieren: Auch, wenn eine ganze Staffel erscheint, nur eine Folge die Woche, wie in alten Zeiten. Steigert die Vorfreude.
  • Aussortieren: Jeden Monat nur eine oder zwei Serien/Staffeln raussuchen, auf die ich mich bewusst freuen kann.
  • Ignorieren: Einen großen Bogen um die Serien machen, die ich eh nicht haben kann, und auf sozialen Medien weghören, so gut es geht.
  • Analogisieren: Ruhig einfach mal einen DVD-Start abwarten und dann ganz abseits des Internet gemütlich gucken.

Ich wünsche allen Serienfreunden ein hoffentlich etwas entspannteres 2020.

Mehr zu den besten Serien 2019 gibt's im Moviepilot-Podcast:

Im der letzten Streamgestöber-Folge des Jahres reden wir über die 25 besten Serien des Jahres von uns und der Community:

Insgesamt haben Andrea, Esther, Matthias und Max 2019 über 3400 Stunden Serien geguckt und wissen ganz genau, wo ihre Zeit hinverflogen ist: zu Game of Thrones, Dark, Chernobyl und viele mehr. Wir begegnen den Serien-Highlights von Sky, Amazon, Netflix und Co. mit viel Liebe, Schwärmerei und angemessener Kritik.

Fandet ihr 2019 auch so anstrengend als Serienjahr?

Das könnte dich auch interessieren

Schaue jetzt Marvel's Daredevil

Kommentare

Aktuelle News