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3/8 - Boyhood

08.02.2015 - 13:51 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Mason Junior und Senior im Vater-Sohn-Gespräch
Universal
Mason Junior und Senior im Vater-Sohn-Gespräch
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Wunderschöne und packende Geschichte über das Erwachsenwerden

Leider konnte ich mir Boyhood nicht im Kino ansehen, da ich es letztes Jahr verpasst habe und um ehrlich zu sein war ich mir damals auch nicht sicher, ob mir der Film zusagen würde. Was sich jedoch als Fehleinschätzung herausstellen sollte!

So mussten nun eine DVD und mein Fernseher herhalten, um mir Boyhood vorzuführen. Doch, dass es im Film bei weitem nicht um hochauflösende Effekte geht war mir bewusst und so tat dies dem Film nicht im geringsten weh.

Während des Beginns war ich mir zwar noch unsicher ob mich die Geschichte wirklich mitnehmen würde, da die Charaktere auf den ersten Blick etwas unbeteiligt wirkten, aber je länger ich Boyhood sah, desto mehr wurde mir bewusst, dass hier keine melodramatischen Szenen oder außergewöhnlichen Personen im Vordergrund stehen, sondern das Aufwachsen als solches, mit all seinen Höhen und Tiefen. Und ich muss sagen, dass mir selten ein Film so gut getan hat.

Ich bin jetzt 19 Jahre und mache mir immer wieder Gedanken darüber, wie ich glücklich werden kann, was ich dafür tun muss und wie ich schlechtes vermeiden kann. Und es ist nicht möglich alles zu vermeiden oder zu umgehen, was einem weh tut oder innerlich verletzt. Es ist nicht möglich sich und die Menschen die einem wichtig sind vor allem Unheil zu schützen, vieles können wir nicht verhindern. Aber das müssen wir auch nicht. Wenn mir Boyhood eines klar gemacht hat, dann, dass es zum Leben dazu gehört auch mal auf die Fresse zu fliegen. Wenn man sich jedes mal, wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich vorgestellt hat, zu sehr darauf fixiert versagt zu haben wir man früher oder später vor dem Leben resignieren. Vieles verändert sich, nicht nur man selber auch die Menschen um einen herum. Mal zum Guten, mal zum Schlechten und wie wir damit umgehen ist uns überlassen aber an der Tatsache selber können wir oft nichts ändern.

Mason (Ellar Coltrane) ist in Boyhood kein Wunderkind, er ist ein einfacher Junge wie es ihn wahrscheinlich Millionen mal auf der Welt gibt und genau das macht den Film so besonders, man sieht sich vielleicht selbst in ihm oder seiner Schwester (Lorelei Linklater), Mutter (Patricia Arquette) oder seinem Vater (Ethan Hawke), aber es ist nicht so, dass man am Ende des Film sagt "Ach was wäre es schön wenn es wirklich so ein Happy End geben würde.", man weiß, dass es so IST, wie in diesem Film und das bringt einem die ganze Geschichte um einiges näher.

Auch wenn Mason's Familie nicht perfekt ist und er sogar ziemlich viel durchmachen musste gibt es viele Dinge die ihm Halt geben. Sei es sein Vater, der obwohl die Eltern getrennt leben, immer wieder an Seiner Seite ist und ihm hilft. Oder auch die Tatsache, dass es seine Mutter, trotz ihrem Pech mit den Männern, schafft ihren Master zu machen und Professorin zu werden. All diese kleinen Geschichten, die zwar nicht zu jedem passen, die viele aber bestimmt in ähnlicher Form erlebt haben oder zumindest nachvollziehen können, geben dem Film einen gewissen dokumentarischen Character, welcher perfekt mit der Tatsache verschmilzt, dass es sich immer um ein und die selben Personen handelt, welche durchweg brillant harmonieren. Neben den Figuren spielen auch die Musik und der gesellschaftliche Mainstream eine tragende Rolle, mit den Charakteren ändern sich auch die Trends und man kann hier unter Umständen selber das ein oder andere finden was einen eigenen Lebensabschnitt ausgemacht oder geprägt hat.

Bei Boyhood sticht im Allgemeinen weniger der Inhalt, sondern seine Erzählweise und die Wirkung hervor. Ohne überdramatisierte Ereignisse oder außergewöhnliche Schicksale schafft es der Film doch einen in seinen Bann zu ziehen und zu berühren. Er zeigt ein Stück der Welt, einfach wie sie ist und unterscheidet sich in diesem Punkt auch von einem "Hollywood Blockbuster", der uns eine Welt vorführt wie wir oder sein Macher sie gerne hätte. Von daher ist auch Boyhood ein berechtigter Oscar-Favorit und lässt in seiner gesamten Wirkung so manchen Konkurrenten hinter sich.

Was Richard Linklater angeht, so hat er allein für sein Durchhaltevermögen und ich schätze auch mal für die Motivation des Restlichen Teams die Nominierung verdient. Er erzählt mit Boyhood eine wunderschöne und authentische Geschichte, wie man sie nur selten erlebt und wie ich sie bisher noch nie gesehen habe.

Hier geht's zu den anderen Artikeln:

1/8 - The Imitation Game

2/8 - The Grand Budapest Hotel

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