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Anime-Serien im Kino - Mein Abend im Königreich der Toten

21.12.2016 - 12:00 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Offizielles Visual zu The Empire of Corpses
Toho, Wit Studio, KAZÉ, AV Vision
Offizielles Visual zu The Empire of Corpses
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Nach dem Angriff der Titanen entführt uns The Empire of Corpses in eine alternative Version des viktorianischen Londons, das sich bald einer wahren Zombie-Invasion gegenübersieht.

Wie schnell doch die Zeit vergeht. Im Februar begann die Anime-Night des Publishers KAZÉ mit Tokyo Ghoul √A. Am 29. November ging die Film-Reihe schließlich, zumindest für dieses Jahr, in ihre letzte Runde; mit Project Itoh schickte sich ein sehr interessanter Genre-Mix an, die Anime-Night 2016 zu beenden.

Bei The Empire of Corpses handelt es sich um einen Roman des Autors Satoshi Ito, den er leider nie vollenden konnte, da er am 20. März 2009 an den Folgen einer Krebserkrankung verstarb. Neben The Empire of Corpses stammen ebenfalls die Romane Genocidal Organ und Harmony aus seiner Feder. Noitamina kündigte an, die drei Romane Itos als Anime-Filme adaptieren zu wollen, wobei jede Verfilmung von einem anderen Animationsstudio realisiert wurde. The Empire of Corpses, der posthum von To Enjo vollendet wurde, entstand bei Studio Wit, die sich in den letzten Jahren vor allem mit der Adaption des Manga Attack on Titan auszeichnen konnten.


Worum geht es in Project Itoh: The Empire of Corpses?

Watson und Friday

Die Geschichte von The Empire of Corpses entführt uns in eine alternative Realität, in der die uns bekannte Geschichte etwas anders verlief, als wir sie aus den Geschichtsbüchern kennen. Im Jahre 1878 gelang der Wissenschaft ein unvergleichlicher Durchbruch, denn dank neuer Technologie ist es nun möglich, Verstorbene wieder zum Leben zu erwecken. Mit sogenannter Necroware können die Verstorbenen ihre Körper wieder bewegen, doch da ihre Seele nicht zurückgeholt werden kann, sind sie im Endeffekt lediglich leere Hüllen, die in verschiedensten Bereichen der Gesellschaft als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden. Im Zentrum der Geschichte steht der junge Wissenschafter John Watson, der seinen verstorbenen Freund Friday mithilfe der Necroware-Technologie wieder auferstehen lassen will. Um dieses Vorhaben erfolgreich abschließen zu können, arbeitet er fieberhaft an der Verbesserung dieser noch jungen technischen Errungenschaft. Als sich ihm jedoch die Möglichkeit bietet, in den Besitz der verloren geglaubten Notizen Doktor Frankensteins gelangen zu können, sieht er seine große Chance gekommen, denn diesem war es bisher als einzigem Menschen möglich, nicht nur den Körper, sondern ebenso die Seele eines Verblichenen zurückzuholen. So beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, der Watson bis in die entlegensten Ecken des British Empire führen soll.

Von dem Vorhaben, die drei Romane Itos als Anime-Filme zu adaptieren, habe ich zwar gehört, doch leider ist das Project Itoh bisher weitestgehend an mir vorbeigegangen und auch die Vorlagen zu den einzelnen Filmen kannte ich vorher nicht, weshalb ich mich bei der Vorführung von The Empire of Corpses am 29. November im CinemaxX Bremen schön überraschen lassen konnte. Wie mir der Film gefiel, nachdem es nach einigen Trailern (unter anderem zu Dragonball Z: Resurrection 'F' und One Piece Film: Gold) endlich losging, und ob er mich begeistern konnte, das erfahrt ihr unterhalb dieser Zeilen ;)


Mein Abend mit Project Itoh: The Empire of Corpses

The Empire of Corpses - Das offizielle Kinoplakat

Zuerst ein paar Worte zum offensichtlichsten Highlight des Films: Seiner optischen Opulenz. Mit Anime-Serien wie dem oben bereits erwähnten Attack on Titan machte sich Studio Wit in den vergangenen Jahren einen Namen und zauberte visuell beeindruckende Szenen auf die Bildschirme; zum Glück steht The Empire of Corpses diesen Projekten in Nichts nach und weiß somit ebenfalls optisch auf ganzer Linie zu überzeugen. Angefangen von den feinen Animationen, über die schön gezeichneten Charaktermodelle bis hin zu den herrlich detaillierten Hintergründen; visuell gehört dieser Film mit zum Besten, was ich in den vergangenen Jahren gesehen habe. Diese Finesse zieht sich ebenfalls durch die Action-Abschnitte des Films, denn diese glänzen mit dynamischen Kamerafahrten sowie fein animierten Kampf-Choreographien. Zum Glück muss der teils wahrlich opulente Soundtrack hinter der optischen Pracht nicht zurückstecken und weiß ebenfalls zu gefallen. Geboten wird dabei ein schöner Mix aus neuen, speziell für den Film arrangierten Musikstücken, sowie bekannten Melodien aus anderen Werken, die sich harmonisch ins große Ganze einfügen. Ein besonderes Lob hat sich an dieser Stelle zudem die deutsche Synchronisation verdient, für die scheinbar weder Kosten noch Mühen gescheut wurden: Angeführt vom wieder einmal hervorragenden Sebastian Schulz als John Watson (unter anderem Future Trunks in Dragon Ball Z) wissen alle deutschen Sprecher bis hin in die kleinste Nebenrolle zu überzeugen und die jeweiligen Empfindungen ihrer Charaktere glaubhaft zu vermitteln. Besonders gefreut habe ich mich über ein Comeback der Sprecher-Kombination Schulz/Bösherz, die gemeinsam den Original-Anime zu Yu-Gi-Oh! synchronisierten (Schulz als Pharao, Bösherz als Yugi); auch nach all den Jahren ist es immer noch fantastisch, beide gemeinsam in einem Film oder einer Serie zu hören :)

Audiovisuell weiß The Empire of Corpses also zu überzeugen und zum Glück gilt selbiges ebenso für andere Facetten des Films. Besonders der Mix aus Realität und Fiktion sowie unterschiedlichen Genres sticht hervor, was, zumindest für mich, einen großen Anteil des Spaßes bei diesem Film ausmacht. In der Welt des Anime gelangen der Wissenschaft Durchbrüche, für die wir in der Realität teils viele Jahrzehnte länger brauchten. Der Name Charles Babbage wird mehrfach im Film erwähnt; was ihm in der Wirklichkeit nicht vergönnt war, scheint ihm in in dieser Welt tatsächlich geglückt zu sein, denn seine Analytical Engine (ein Vorläufer heutiger Computer) funktioniert und trieb die Modernisierung im Anime-British Empire deutlich voran. Mit diesen "Computern" ist es möglich, die wiedererweckten Leichen zu programmieren, um sie anschließend in verschiedenen Bereichen als Arbeitskräfte einsetzen zu können. Wer im Geschichtsunterricht aufgepasst hat, dem werden zudem sicherlich auch einige andere Namen bekannt vorkommen, wie beispielsweise Burnaby, Ulysses S. Grant oder Thomas Edison. Vermischt werden diese Versatzteile unserer Realität mit großen Namen der Weltliteratur wie Frankenstein, Hadaly oder eben Watson. Somit entsteht ein überaus interessanter Mix aus klassischer Literatur und historischer Fiktion, die zu einer faszinierenden Steampunk-Welt verschmelzen.

Apropos Watson: Als Protagonist des Films begleiten wir ihn auf seiner Reise, die ihn einmal rund um den Globus führen soll, und er wird zu unserem wichtigsten Bezugspunkt in dieser seltsamen, doch irgendwie auch vertraut wirkenden Welt. Dabei wird er als Getriebener gezeichnet, der seinem Ziel, seinen Freund Friday von den Toten zurückzuholen und die Geheimnisse der menschlichen Seele zu ergründen, alles unterordnet. Die Beziehung der beiden Figuren wird uns dabei nur sehr langsam offenbart, doch sie wird zur treibenden Kraft für die Geschichte. Obwohl Watson als eine Art Wunderkind gilt und mit relativ begrenzten Mitteln den Körper seines Freundes reanimieren konnte, so war es ihm doch nicht möglich, Fridays Seele zurückzubringen. Ohne seine Seele bleibt ein Zombie lediglich eine leere Hülle, die unfähig zum Sprechen oder Lernen ist; man kann sie zwar programmieren, doch sie sind nicht dazu in der Lage, Informationen selbstständig zu verarbeiten und diese anschließend in ihre Aktionen mit einzuberechnen. Einzig Doktor Frankenstein war es möglich, nicht nur einen Körper, sondern ebenfalls eine Seele wiederherzustellen, weshalb unser Protagonist besessen davon ist, die Notizen des Doktors in die Hände zu bekommen. Watson will die Geheimnisse der menschlichen Seele ergründen und jedes neue Informationshäppchen, das er auf seiner Reise findet, bringt ihm seinen Ziel ein Stück näher, die Seele seines Freundes zurückzubringen, doch dabei droht er seine eigene Seele zu verlieren.

Obwohl der Film bei seinem Setting, seinem Protagonisten sowie den aufgeworfenen philosophischen Fragen rund um die menschliche Seele zu begeistern weiß, so merkt man dem Film leider an, dass er im Grunde genommen auf einem Werk basiert, das nie vollendet wurde. Das Pacing der Geschichte hat einen sehr eigentümlichen Rhythmus und wechselt teils sehr abrupt zwischen schnellen, Action-reichen Momenten zu eher langsameren Szenen, die der Charakterzeichnung dienen sollen. Sollen deshalb, da leider viele Nebencharaktere erschreckend blass bleiben und wir wenig bis gar nichts über ihre Beweggründe und Motivationen erfahren; weniger Action und mehr Charakter-Momente wären der Entwicklung der Handlung an mancher Stelle dienlicher gewesen. Darüberhinaus machen es die teils jähen Schnitte unnötig schwer, der Handlung zu folgen, was den Film an einigen Stellen zudem etwas länger wirken lässt als er es mit seinen gut zwei Stunden Laufzeit ohnehin schon ist.

Project Itoh: The Empire of Corpses war zweifellos eine der interessantesten Kino-Erfahrungen des Jahres, was in erster Linie seiner einzigartigen Mischung aus Realität und Fiktion zu verdanken ist. Der Film entführt den Zuschauer auf ein spannendes Abenteuer mit einem gut gezeichneten Protagonisten und vielen nachdenklich stimmenden Fragen rund um die menschliche Seele; die dramaturgischen Schwächen können dabei zwar stören, rauben ihm jedoch nichts von seiner Faszination.

Das war sie also, die KAZÉ Anime-Night 2016. Nächstes Jahr wird diese Reihe jedoch fortgesetzt und dabei sollen auf den geneigten Anime-Fan noch mehr Filme und Serien warten, als es dieses Jahr der Fall war. Unter anderem bestätigt wurden bereits One Piece Film: Gold , der zweite Live-Action-Film von Attack on Titan, Black Buttler: Book of the Atlantic  sowie Genocidal Organ , ein weiterer Teil des Project Itoh.

Hier sind nochmal alle Titel der Anime-Night 2016 in der Übersicht :


Habt ihr ebenfalls Project Itoh: The Empire of Coprses gesehen und falls ja, was ist eure Meinung zum Film?

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