Blockbuster haben beim Oscar ausgedient

01.02.2011 - 08:50 Uhr
Der Oscar
AMPAS/moviepilot
Der Oscar
6
4
Blockbuster haben bei den Oscars zwar einen schweren Stand, aber warum sie zunehmend von der Academy ignoriert werden, erklärt das nicht. Wir stellen Überlegungen an, warum die Nominierungen für den Oscar 2011 kleinere Filme bevorzugen.

Die Oscars sollen massentauglich sein. Die Oscars sollen Quote bringen. Letztes Jahr schien die neue Strategie der Academy noch aufzugehen. Da ging mit Avatar – Aufbruch nach Pandora der Blockbuster schlechthin als klarer Favorit in die Verleihung des Oscar und kam heraus … ja, als was genau? Als besiegter Titan, der geschlagen wurde von einem kleinen Kriegsfilm, der weltweit nur knapp 50 Millionen Dollar eingespielt hat. Auf den ersten Blick scheint die Academy, auch dieses Jahr den Blockbustern eine Absage zu erteilen. Unter den 10 Nominierten für den Besten Film weisen nur Inception und Toy Story 3 ein Budget von über 100 Millionen Dollar auf. Selbst der “große” Film im Wettbewerb, The Social Network, hat nur um die 40 Millionen gekostet und Winter’s Bone sogar nur 2 Millionen. Haben die kleinen und mittleren Werke den Event-Filmen entgültig den Rang abgelaufen oder müssen wir das Phänomen ganz anders interpretieren?

Betrachten wir den Blockbuster mal im Sinne der Prägung des Begriffs durch Hits wie Der weiße Hai und Krieg der Sterne in den 70er Jahren. Dann müssen wir zurückgehen zu Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs 2004, um einen echten Blockbuster als Oscarpreisträger für den Besten Film auszumachen. Blockbuster hatten zwar nie einen besonders guten Stand bei der Academy, doch in regelmäßigen Abständen kam so ein Über-Film daher, der alle anderen Konkurrenten in den Schatten stellte und die Zuschauer in Scharen in die Kinos lockte. Avatar – Aufbruch nach Pandora hätte dieser Film sein können, ebenso wie Inception. Letzterer kam sogar bei den Kritikern gut an und gilt trotzdem bei der am 27. Februar stattfindenden Verleihung als Außenseiter. Ohne eine Regie-Nominierung für Christopher Nolan hat der Film, so lautet das Gesetz der Oscar-Prognosen, keine Chance beim Hauptpreis.

Doch bevor vorschnell geurteilt wird, müssen wir die lauwarme Reaktion der Academy auf Inception und andere Blockbuster in den Kontext der Konkurrenz stellen. In den vergangenen Jahren hieß es häufig, die Academy belohne Filme, die kein oder kaum Geld einspielen, was dann auch als einer der Gründe für die sinkenden Einschaltquoten herangezogen wurde. Wer interessert sich schon für einen Preis, wenn er die nominierten Filme nicht gesehen hat? Diesem Trend wollten die Organisatoren entgegenwirken mit der Entscheidung, die Zahl der für den besten Film nominierten Streifen zu verdoppeln. Zehn Startplätze würden die Zuschauer wieder an den Bildschirm locken. Rein rechnerisch vergrößerte sich so die Chance, dass Kassenschlager unter die Auswahl rutschten und die Zuschauer mit Filmen mitfieberten, die sie tatsächlich gesehen haben. Doch dann kam Tödliches Kommando – The Hurt Locker.

Betrachten wir nun die diesjährige Konkurrenz von Inception und Co., scheinen wir wieder vor dem selben Phänomen zu stehen. Doch wenn wir, anders als häufig in den vergangen Jahren, von kleinen und mittleren Filmen sprechen, handelt es sich bei diesen größtenteils um Kassenschlager. Kassenschlager, deren Budgets zwar nicht Hunderte Millionen Dollar umfassen und die weder mit Special Effects, noch mit Action für sich werben. Nein, es ist eine ganz andere Spezies auf dem Vormarsch dieses Jahr: Filme, die ihr Geld wieder einspielen, die sogar einen Profit erwirtschaften und wie wir spätestens seit Slumdog Millionär wissen, lieben die Academy-Mitglieder kleine Filme, die einen Haufen Kohle machen.

Während sich die Produktionskosten von Hollywood-Filmen (nicht nur Blockbustern) seit Jahren in die Höhe schrauben, können wir die Oscar-Nominierungen auch als ein Lob lesen für Filme, die nicht nur gut sind, sondern auch rentabel. True Grit mit seinen zehn Nominierungen und einem Budget von rund 38 Millionen ist der erfolgreichste Film der Coen-Brüder überhaupt und hat bisher allein in den USA 148 Millionen Dollar eingespielt. Anders als sein teurer Vorgänger Der seltsame Fall des Benjamin Button konnte The Social Network von David Fincher problemlos sein Budget wieder reinholen. Selbst Darren Aronofsky hat mit dem vergleichsweise billigen Black Swan einen echten Hit produziert und das kommerzielle Potenzial des großen Oscar-Favoriten The King’s Speech – Die Rede des Königs ist in den USA noch längst nicht ausgeschöpft, da stehen schon 70 Millionen Dollar Einspielergebnis auf der Haben-Seite. Die Blockbuster, das ergibt dieser nüchterne Blick auf die Zahlen, werden dieses Jahr bei den Oscars von Filmen in den Schatten gestellt, die, so einfach es auch klingen mag, nicht so teuer sind und trotzdem einen großen Profit einspielen.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News