Seitdem er für seine Rolle des sadistischen SS-Standartenführers Hans Landa den Oscar erhalten hat, ist Christoph Waltz in aller Munde. Wir haben uns seine Biographie vor und nach Quentin Tarantino mal angeschaut und prognostizieren: Der Mann wird der nächste große Charakterdarsteller in Hollywood.
Auch wenn die deutschen Medien gerne mal so tun, als wäre Christoph Waltz derzeit “unser Mann in Hollywood”, müssen wir doch festhalten, dass das in Wirklichkeit nicht so einfach ist. Geboren wurde er nämlich in eine Theaterfamilie in Wien, wo er auch aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Auch sein Schauspielstudium hat Christoph Waltz am berühmten Max-Reinhardt-Seminar in der österreichischen Hauptstadt begonnen. Weil sein Vater aber Deutscher ist, hatte Christoph Waltz trotzdem nie die österreichische Staatsbürgerschaft. Die wurde ihm erst nach seinem Oscar-Gewinn anerkannt.
Sein Schauspielstudium hat Christoph Waltz im renomierten Actors Studio in New York fortgesetzt. Danach hat er dann erstmal international viel Theater gespielt. Parallel zu seiner Theaterkarriere ist Christoph Waltz beim TV-Publikum hierzulande mit kleineren Auftritten bekannt geworden. Zu den Serien, in denen er zu sehen war, zählen unter anderem Derrick, Tatort, Kommissar Rex, Der letzte Zeuge und Rosa Roth. Schnell war Christoph Waltz auch über den deutschen Sprachraum hinaus für Fernseh-Rollen gefragt. 1995 stand er etwa zusammen mit Catherine Zeta-Jones für die Fernsehproduktion Katharina die Große vor der Kamera.
Der Sprung nach Hollywood war dann eigentlich nur noch konsequent und ist Christoph Waltz endgültig mit Inglourious Basterds gelungen. Die Liste seiner Auszeichnungen liest sich wie die Aufzählung der wichtigsten Filmpreise: Bambi, Golden Globe, Bester Schauspieler in Cannes und der Oscar für die beste Nebenrolle. Seitdem haben wir Christoph Waltz in der 90 Millionen Dollar teuren Produktion The Green Hornet gesehen. Als ernsthaft um seine Außenwirkung besorgter Gentleman-Oberboss des Drogenhandels in L.A. bekommt er nur ein paar wenige Szenen. Trotzdem hinterlässt Chudnofsky alias “Bloodnofsky” als gleichzeitig komische wie größenwahnsinnige Figur tiefen Eindruck.
In seinem aktuellen Film Wasser für die Elefanten gibt Christoph Waltz den Zirkusdirektor August Rosenbluth. Dieser Charakter bildet in mitten der recht kitschigen Liebesgeschichte um den herzensguten Tierarzt Jacob (Robert Pattinson) und die Artistin Marlena (Reese Witherspoon) ein erfrischend fieses Highlight. August ist eine äußerst charismatische Figur. Wie hinter der sympathischen Fassade stückweise Aggression und Gewalt zum Vorschein kommen, das spielt Christoph Waltz mit Bravour als anfänglich subtile, aber bald unaufhaltsame Wandlung.
Der Zirkusdirektor, der buchstäblich über Leichen geht, um sein Unternehmen über die Große Depression zu retten, ist ein Paradebeispiel für die ambivalenten Charaktere, die Christoph Waltz mit Vorliebe spielt. Oberflächlich sind seine Figuren meist humorvoll und kultiviert. Aber sie haben immer eine dunkle Seite, sind gewalttätig oder zutiefst melancholisch. Christoph Waltz schafft es, diese Abgründigkeit selbst in einem noch so mauen Film wie der Roy Black Story zu transportieren. In diesem Sinne können wir uns sehr auf den nächsten Kardinal Richelieu freuen. Christoph Waltz tritt mit seiner Rolle in Die drei Musketiere in die Fußstapfen von Charlton Heston und Tim Curry.
Es ist faszinierend, wenn ein Schauspieler es schafft, uns immer wieder Sympathie für die größten Schurken abzuringen. Das ist die große Stärke von Christoph Waltz. Wir sitzen im Kino und können uns nicht dagegen wehren, über den Sadisten Hans Landa zu schmunzeln. Obwohl er mit dieser Nazi-Rolle berühmt geworden ist, ist es ihm gelungen, der Falle des ewigen Typecastings zu entkommen. Wir haben die große Hoffnung, Christoph Waltz noch vielen fassettenreiche Figurenporträts zu bieten hat und er sich mit seinen 55 Jahren zum internationalen Charakterdarsteller mausert.