Am 16. Mai 1929 wurden das erste Mal während einer “privaten” Dinnerparty (es waren nur ein paar Hundert Filmschaffende anwesend – für damalige Hollywoodverhältnisse regelrecht winzig) die ersten Oscars vergeben. Die Verleihung selbst dauerte nur 15 Minuten und von Spannung und dramatischen Dankesreden gab es keine Spur. Die Gewinner waren schon Monate zuvor bekanntgegeben worden. So langweilig, wie sich die Verleihung anhört, ist es verständlich, dass die Oscars 1929 die einzigen Academy Awards sind, die nicht in Radio (oder später Fernsehen) übertragen wurden. Ein Jahr später, 1930, war der Academy das enorme Publicity-Potential der Veranstaltung doch noch auffallen und sie landete einen Radio-Hit, der Millionen fesseln sollte.
Der schizophrene Oscar
Über die Jahre gab es eine ganze Menge Veränderungen in den Kategorien der Oscars und wofür die Preise vergeben wurden. Ursprünglich war zum Beispiel der Oscar für schauspielerische Leistung nicht auf einen speziellen Film beschränkt. Stattdessen wurde die gesamte Arbeit eines Schauspielers in dem betreffenden Jahr ausgezeichnet. Vom künstlerischen Standpunkt aus, macht diese Vorgabe sogar mehr Sinn als das heutige Verfahren, wo die Leistung an einen einzigen Film gebunden ist. Gleichzeitig lässt sich ein Schauspiel-Oscar natürlich schwerer vermarkten, wenn Studios keine Werbung für ihren Film machen können.
Doppeltes Glück hatten in dieser Hinsicht Barbra Streisand und Katharine Hepburn im Jahre 1968. Die eine gewann den Oscar für ihr Debut in Funny Girl, die andere für ihre Rolle als Eleanor of Aquitane in Der Löwe im Winter. In 80 Jahren war es das einzige Mal, dass die Academy sich nicht für eine Beste Hauptdarstellerin entscheiden konnte.
Kleine Oscars für kleine Stars
Ab und an ließ sich die Academy auch etwas Originelles einfallen, um Hollywood bei Laune zu halten. Da es lange Zeit keinen Animations-Oscar gab, Schneewittchen und die sieben Zwerge aber DER Überraschungserfolg des Jahres war, gewann Walt Disney einen Ehrenoscar – und sieben kleine. Ganz schön unverschämt, wenn man drüber nachdenkt: Heißt das doch, dass sein Film zwar ehrenswert war, aber längst nicht den Status eines richtigen Films zugestanden bekam. Das hat sich ja Gott sei Dank mittlerweile geändert, und Oben ist nicht nur für die Animations-Kategorie, sondern auch für den Oscar als Bester Film vorgeschlagen. Ganz ähnlich verfuhr die Academy übrigens auch mit Shirley Temple – als sie 6 jahre alt war, wurde ihr ein kleiner Oscar zugestanden. Erst 30 Jahre später sollte Tatum O’Neal mit 9 Jahren dann doch noch als erstes Kind einen richtigen Oscar gewinnen. Heute sehen wir solche Spielereien eher selten. Stellt Euch mal das Gesicht von James Cameron vor, wenn ihm dieses Jahr nur ein CGI-animierter Oscar überreicht würde.
Früher war alles besser
Ganze Oscar-Disziplinen haben sich über die Jahre geändert oder es gibt sie heute nicht mehr. Der Oscar für die Beste Regieassistenz zum Beispiel wurde zwar nur vier Jahre lang ab 1934 vergeben, brachte aber dafür jedes Jahr gleich einer ganzen Handvoll von Regieassistenten eine goldenen Knaben ein. 1938 wurde diese Kategorie für einen der schwersten Jobs am Set wieder abgeschafft.
Zwischen 1995 und 1999 gab es zwei verschiedene Kategorien an Filmmusik. Ein Oscar für den herkömmlichen Score, einen zweiten für Kompositionen zu Musicals oder Komödien. Diese Kategorie einzustampfen, und nur noch einen einzigen Oscar für die Filmmusik in allen Bereichen zu vergeben, war vielleicht etwas voreilig. Mittlerweile gibt es wieder mehr Musicals in den Kinos und der Trend scheint gerade erst richtig in Fahrt zu kommen, wenn wir uns die Planung für die nächsten Jahre ansehen. Es wird zwar in absehbarer Zukunft keine eigene Kategorie für Musicals geben, die Unterschiede zu herkömmlicher Filmmusik sind jedoch groß genug, um eine solche Unterscheidung nachvollziehbar zu machen.
Kunst? Hamwa nich!
Ganz am Anfang, als der Oscar noch keinen Namen hatte, gab es sogar zwei Oscars für den Besten Film. Der eine bezog sich, wie heute, auf die Produktion. Der zweite wurde für einzigartige, künstlerische Leistungen verliehen. Wahrscheinlich wurde der Academy recht schnell klar, dass sie in den zukünftigen Jahren mit Kunst nicht viel am Hut haben wird. Diese Kategorie erlebte jedenfalls nur eine Verleihung. Der einzige Oscar für einen künstlerisch wertvollen Film ging übrigens an F.W. Murnau für Sonnenaufgang – Lied von zwei Menschen.
Soviel zu den Oscars, die es nicht mehr gibt. In Zukunft könnten zusätzliche Oscar-Kategorien vergeben werden, sollte sich die Academy of Motion Picture Arts and Sciences tatsächlich einmal einigen. 1999 wurden gleich drei vorgeschlagene Kategorien abgeschmettert, die allesamt durchaus einen Oscar verdient hätten. “Best Casting”, “Best Title Design” und “Best Stunt Coordination”. Für letzteren setzten sich wiederholt Stars wie Sylvester Stallone ein – vergeblich.
Welche Oscarkategorie fehlt Eurer Meinung nach oder sollte wiederbelebt werden?