Die Spur des höllischen Menschen

14.04.2014 - 08:52 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Jäger des verlorenen Schatzes
Paramount
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Von Kriegspropaganda über Verarbeitung der Gräuel in den KZs bis hin zum teufelsgesandten mystischen Fetisch in Uniform, eine Form des Deutschen ist in seiner Beliebtheit ungebrochen. Der Nazi, Ausgeburt des Bösen, lässt Hollywood bis heute nicht los.

Wer nach US-amerikanischen oder Hollywood-Filmen sucht, in denen deutsche Gestalten mitspielen, der wird sehr schnell entdecken, dass eine Art des Deutschen, eine sehr spezielle, in gewaltiger Überzahl dargestellt wurde. Die Nazis bieten bis heute in Hollywood Gesprächsstoff. In verschiedensten Formen geistern sie immer noch als Gegenspieler, Teufel und Ausgeburt des Schlechten im Menschen über die Mattscheiben und Leinwände. Ikonisch ist ihr Auftreten geworden. Kaum ist ein Mensch in schwarzer SS-Uniform zu sehen, schon ist verstanden, dass Humanismus das Letzte ist, was zu erwarten ist. Kaum hängt eine rote Flagge mit weißem Punkt und Hakenkreuz an der Wand, schon wird es irgendwie kälter.

Doch am Anfang herrscht Stille. Kein schlechtes Wort sollte den Nationalstolz des Absatzmarktes Deutschland beschmutzen, nachdem diese zweifelhaften Leute an die Macht gekommen waren, die sich eben nur über diesen definierten. In den 30er Jahren verschwanden deutsche Figuren mehr oder weniger aus den Produkten der Traumfabrik. Zu heikel war das Thema, zu kompromisslos der Gegenpart. Schon 1933 gingen MGM, Paramount und 20th Century Fox einen Pakt mit dem Teufel ein, nur um weiterhin die deutschen Kinos beliefern zu können. Sie entließen jüdische Mitarbeiter, unterstützten die deutsche Wochenschau mit Material und übten in ihren Filmen keine Unze an Kritik.

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Erst 1939 kam ein Film eines großen Hollywoodstudios heraus, der dies ändern sollte. Ich war ein Spion der Nazis mit Edward G. Robinson basiert im Kern auf wahren Begebenheiten und handelte von einem deutschen Spionagering in den USA. Und vieles, was in der langsam losbrechenden Welle von Anti-Nazi-Filmen eine Rolle spielen sollte, hatte hier schon seinen ersten Ausdruck gefunden. Die bedingungslose Forderung nach Gehorsam, die Skrupellosigkeit, die sich selbst gegen die erfolgslosen Untergebenen richtet und die ewigen humanistischen Erklärungen, warum sich gegen diese Verführer, die der Demokratie den Krieg erklärt hatten, gewehrt werden muss. Besonders wieso ein guter Amerikaner diese Gefahr von Übersee nicht ignorieren könne. Wieso so ein männlich-ehrenvolles Volk (Umfragen in den USA förderten noch kurz vor Kriegsausbruch ambivalente Sympathiegefühle zu Tage) der schlimmere Feind sei als die kommunistischen Russen. Aus allen Kanonen wurde die Botschaft an die Kinobesucher gebracht, dass der Nazi die gesamte Welt will. Mit weniger werde er sich nicht zufrieden geben. Selbst im afrikanischen Dschungel trieb er sich in Tarzans Triumph herum und wollte erobern.

Aber in vielen frühen Propagandafilmen waren die Nazis einfach nur deutsche Bösewichte. Ihre Darstellung bediente sich einfachen Bildern von steifem Deutschtum und trotteliger bis arglistiger Bösartigkeit, die mit einem Hakenkreuz kredenzt wurden. Selten waren die schon bald fetischistisch verteufelten schwarzen Uniformen zu sehen. Und vor allem sollte erst langsam die selbsternannte Herrenrasse ihre geschmeidige, diabolische Note von Sadismus bekommen. Aber nicht von ungefähr verbreitete es sich schnell. Denn diesmal gab es nicht nur einen Emigranten, der dieses Bild ausgiebig pflegte, sondern Horden von geflohenen Schauspielern, die mit garstiger Ironie in Hollywood als Nazis besetzt wurden – und die Verfolger aus der Realität mit allem Hass und aller Angst in höchste Höhen des Bösewichtpantheons spielten. Beispielhaft sei hier Conrad Veidt in Casablanca genannt. Mit seinem durchdringenden, unnachgiebigen Blick, seiner Ruhe und Gewissheit überlegen zu sein, machte er mehr Angst als jeder waffenschwingende Psychopath. Hier hatte das Bild des skrupellosen Teufels seinen Ursprung, der durch die schrecklichen Entdeckungen in den KZs noch untertrieben schien.

Kriegs- und Spionage Genrekost (z.B. Saboteure) und aufrüttelnde Rührstücke (z.B. Die Wacht am Rhein) gaben sich die Klinke in die Hand und verbreiteten das Bild des schauerlichen Nazis, der jeden verführt, der nur an seinen Vorteil denkt, und jeden guten Menschen zerstören wird. Witze über die Bedrohung der Nazis, egal ob sie virtuos waren wie in Sein oder Nichtsein, schienen nicht angebracht. Witze über sie selbst waren aber umso beliebter. Und der beliebteste von ihnen bediente sich bei dem Klischee der schrecklichen deutschen Sprache und nachdem Charlie Chaplin als Hynkel einmal Schnitzel und Sauerkraut in Der große Diktator geschnaubt hatte, war der Witz überall. Zu gut war er, zu deutlich wurde das Bild des Vernunft niederschreienden Megalomanen abgerundet. In Cartoons wie Russian Rapsody oder The Ducktators schreien Hitler und seine Entenäquivalente unverständlichen Nonsens, wie in Tarzans Triumph die Funkdurchsagen von Cheeta von denen des Führers kaum zu unterscheiden sind.

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