Kingsman - Kritik & Analyse

16.03.2015 - 00:00 Uhr
Kingsman Kritikmoviepilot
Es darf gelacht werden in Matthew Vaughns "Kingsman", doch das Lachen sollte einem dann bald im Halse steckenbleiben, meint Wolfgang M. Schmitt jun. in seiner Filmanalyse.

Die überraschend erfolgreiche Agentenkomödie Kingsman: The Secret Service von Matthew Vaughn hat einen durchaus ernsten Unterton: Seit den Enthüllungen von Edward Snowden sind die Geheimdienste in Verruf geraten, zumindest was die öffentliche Meinung anbelangt, denn gerade politisch hat sich so gut wie nicht verändert, ja, die Ausspähung der Bürger schreitet – politisch legitimiert – weiter voran, ob in Deutschland, in den USA oder in Großbritannien. Dem Image der Geheimdienste will „Kingsman“ nun ein Facelifting verpassen und das gelingt weitgehend. Mittlerweile scheinen Kritiker und Zuschauer des Unterhaltungskinos derart ausgedörrt zu sein, daß sie über jede Abwechslung, mag sie ideologisch noch so fragwürdig sein, dankbar sind. In der Tat ist „Kingsman“ über weite Strecken unterhaltsam, mit seinen 130 Minuten zwar ein gutes Stück zu lang, worüber einen jedoch die ausgezeichnete Besetzung hinwegtrösten kann. Colin Firth erleben wir in einer Paraderolle, aber auch dem Jungstar Taron Egerton gelingt die Transformation vom Proletarier zum Gentleman grandios.

Doch bei der Zelebration dieser Verwandlung bzw. dieses sozialen Aufstiegs geraten wir an den problematischen Kern des Films: Die Arbeiterklasse und die Prekarisierten werden allesamt als minderbemittelt, gewalttätig, ja, als regelrechter Abschaum der Gesellschaft dargestellt. Einem, der von Taron Egerton gespielten Figur, wird der Aufstieg ermöglicht, während alle anderen bleiben müssen, was sie sind und wo sie sind. Erzählt wird das Märchen vom sozialen Aufstieg, der aber nur den Wenigen vorbehalten ist; denen, die „es wirklich wollen“ und die „breit sind, sich anzupassen“ – heißt es wortwörtlich im Film. Es bleibt nicht bei dieser einen neokonservativen Botschaft, die sich mit der Figur von Egerton ein Feigenblatt gönnt. Auch sonst feiert „Kingsman“ den Neokonservatismus in all seinen Ausprägungen: Man verehrt Margaret Thatcher, sieht die Bürger nur als „breite Masse“ an und glaubt an eine Elite, die in allen Belangen den Ton angeben soll (Übrigens bezieht sich dieses elitäre Denken nie auf die Hochkultur, weil gerade die Hochkultur immer auch, so bürgerlich sie auch erscheinen möchte, immer subversives und emanzipatorischen Potential in sich birgt; Adorno und Pasolini wußten das.).

„Kingsman“ ist prima anschlußfähig an eine entpolitisierte Jugend, die ihre Kämpfe noch auf dem Gebiet des Lifestyles und auf Daddel-Maschinen ausfechtet und ansonsten nur Eines will: „Sich schöne Dinge leisten können“ – wie eine große Mehrheit von Studenten bei einer INFRATEST-Umfrage angab.

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