Wie kann die Deutsche Film- und Medienbewertung immer wieder Unfug wie Legend of Tarzan Prädikate wie "wertvoll" oder "besonders wertvoll" verleihen? Wenn öffentlich rechtliche Sendeanstalten den Auftrag verfolgen durch u.a. Information und Bildung die öffentliche Meinungsbildung zu unterstützen, kann man dies wohl auch von einer Behörde erwarten, die sich darum bemüht Kinofilme u.a. auf Originalität, Bedeutung, zeitkritischem Gehalt und sachliche Richtigkeit zu überprüfen, um dann eventuell eine Empfehlung auszusprechen, die einem Publikum als Hilfswert dienen könnte. Statt jedoch die tatsächliche Aussagekraft und Substanz zu prüfen, hat man sich bei Legend of Tarzan wohl darauf verlassen, dass sich die Filmbesucher von exotischen Urwaldbildern und dem Sixpack von Alexander Skarsgård ablenken lassen und nicht merken was da für ein Unsinn da inszeniert wurde. Zumindest bei der Jury zur Vergabe des Prädikats scheint es geklappt zu haben.
Zugegeben, um einen Film als wirklich originell zu bezeichnen, müsste er heutzutage fast schon bahnbrechende Ideen enthalten. Zwar handelt es sich heute gefühlt bei jedem zweiten Kinofilm um ein Remake oder ein Fortsetzung, jedoch erschien Edgar Rise Burrough's Figur des Tarzan schon im Jahr 1912 auf der Bildfläche und wurde seither laut IMDb in mehr als 100 Filmen dargestellt. Klingt bis dato eher abgedroschen als originell.
Fragt sich weiter, welche Bedeutung dem Film zuteilwird, der die afrikanische Bevölkerung als planlose Idioten darstellt, die erst vom weißen Mann versklavt und dann vom weißen Import-Messias gerettet werden zu müssen. Bei einer solchen Unfähigkeit hätte die menschliche Spezies auf dem afrikanischen Kontinent längst ausgerottet gewesen sein müssen, lange bevor Tarzan's Eltern dort ausgesetzt wurden.
Wie sieht es mit dem zeitkritischen Gehalt aus? Wenn man überhaupt von einem ernsthaften Versuch sprechen kann, die Sklaverei oder die Profitgier der Kolonialherren kritisch zu thematisieren. Die Verbindung von Sklaverei in Afrika, Tarzan und dem Kongo, dem Land mit dem größten Regenwaldgebiet in Afrika, ist durchaus nachvollziehbar. Nicht jedoch warum Tarzan's Eltern, sich, nachdem sie an der afrikanischen Küste ausgesetzt worden sind, aufmachten mitten im Kern des Kontinent's auf Hilfe zu warten. Der offensichtlich schwachsinnige Grund bleibt verborgen. Bei ernsthaften Absichten hätte man sich doch eher mit der Sklaverei in der größten Kolonialmacht der Geschichte, dem britischen Imperium, befasst, in der zwar zu der Zeit, der Sklavenhandel aber noch längst nicht die Zwangsarbeit verboten war. Zumal dies auch einige Logikfehler im Keim erstickt hätte, es waren in Nigeria und in Ghana ja durchaus Regenwaldgebiete verfügbar in den man hätte Tarzan von Baum zu Baum springen lassen können, Gebiete, deren tropische Regenwaldklimata tatsächlich am Meer liegen. Natürlich macht es bezüglich der Vorgeschichte auch mehr Sinn Jane durch den Urwald einer Kolonie der britischen Krone stolpern zu lassen, als sie durch den Regenwald einer zentralafrikanischen Kolonie unter fremder Herrschaft zu scheuchen. Hätte man nach einem zeitkritischen Gedanken gehandelt, wäre dieser Film wohl eher kein Fingerzeig auf andere.
Von sachlicher Richtigkeit kann man hier nun wirklich nicht sprechen, wenn man unmittelbar nach Filmbeginn sich ungläubig die Augen reibt, und sieht wie sich bis zu 180kg schwere Gorillas an Lianen schwingend durch die Baumkronen des Regenwaldes bewegen. Im Verlauf des Films wird es nicht besser, da kommt dann mal die Frage auf wie Tarzan als Kind mit Löwen befreundet sein konnte und sogar mit ihnen aufwuchs, wenn er im Dschungel lebte und sie in der Savanne? Warum ein Stamm aus der Savanne sich bestens im Dschungel auskennt? Warum der Stammeshäuptling des Urwaldstammes einer belgischen Kolonie fließend Englisch spricht? Warum der belgische König es gutheißt, einen englischen Lord, der im Oberhaus des englischen Parlaments sitzt, entführen zu lassen, wenn es doch ein leichtes für die britische Krone wäre jeden Seeweg von und nach Belgien bzw. dem Kongo zu blockieren? Besser noch, wie kann es Tarzan möglich sein, sich mittels Liane von einem mindestens 30m hohem Baum samt Samuel L. Jackson auf dem Rücken, auf einen unter ihm passierenden 70km/h schnellen Zug, herabzuschwingen? Im Film hängt Tarzan etwas mehr als 21s an der Liane, das heißt, in der Zeit legt der Zug über 400m zurück, bei sachlicher Richtigkeit würde Tarzan somit bei seiner maximal 30m langen Liane kometenartig ins Gleisbett einschlagen. Das wäre aber nicht das Ende, denn beobachtet man die passierten Klimazonen des Zuges von Savanne – Regenwald – Savanne - Regenwald und gleicht diese mit den örtlichen Gegebenheiten ab, so wird klar, dass der Zug die ganze Zeit im Kreis fährt und sich Tarzan nur wieder aufrappeln und sich eine neue Liane suchen müsste.
Bei dieser Betrachtung könnte man mutmaßen, dass die Deutsche Film- und Medienbewertung, um nur nicht in die Versenkung zu geraten, ihre Prädikate an Werke verschleudert die weniger mit Substanz als mit Budget und Namen glänzen. Sicherlich gibt es noch weitere ergänzende Kriterien u.a. bezüglich Kameraführung und Make-up aber man kann auch Abfall fantastisch in Szene setzten, es bleibt jedoch Abfall. Was ärgere ich mich überhaupt über Legend of Tarzan, wenn sogar ein so meisterlicher Dialog wie „(…)was ist es? – Blaues Licht! - Was macht es? – Es leuchtet blau!“ aus Rambo III oder Zack Snyder's Pädophilenporno Sucker Punch als wertvoll anerkannt werden. Wie hoch ist die Aussagekraft dieses Siegels überhaupt wenn Atze Schröder irgendwas zwischen 120€ und 3000€ auf den Tisch legt und für sein unterseeisches Abendteuer U-900 ein solches Prädikat absahnt. Wenn man sich laut eigener Aussage auf die Fahne schreibt, so „(…) eine Orientierung im vielfältigen Angebot“ zu sein, bin ich lieber orientierungslos.