Leonardo DiCaprio in Cannes: Wer braucht da noch Game of Thrones?

14.05.2019 - 11:40 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Leonardo DiCaprio und Brad Pitt in Once Upon a Time in HollywoodSony
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Heute wird das Filmfestival von Cannes mit der Zombiekomödie The Dead Don't Die eröffnet. Ich blicke auf die am meisten erwarteten Filme, mit dabei: Once Upon a Time in Hollywood.

Ein Zombieland für die Arthouse-Zielgruppe eröffnet heute die 72. Internationalen Filmfestspiele von Cannes. So zumindest sieht The Dead Don't Die von Jim Jarmusch im ersten Trailer aus. Der Film mit Adam Driver, Bill Murray und Tilda Swinton soll den Ton setzen für ein Festival, dessen roter Teppich wieder intensiver von Hollywood-Stars beackert wird.

In den kommenden zwei Wochen werde ich für Moviepilot von der Croisette berichten und hier hoffentlich erhellende Einblicke ins wichtigste Filmfestival der Welt liefern. Weltbewegende Fragen rund um Cannes 2019 werden beantwortet:

Wie ist der neue Tarantino, Once Upon a Time... in Hollywood, mit Leonardo DiCaprio und Brad Pitt? Was kann von Jury-Präsident Alejandro González Iñárritu erwartet werden? Und wie fühlt es sich an, 14 Tage ausschließlich von Kapsel-Espresso und überlagertem Toastbrot zu leben?

3 elementare Fakten übers Filmfestival von Cannes 2019

Cannes 2019: Leonardo DiCaprio und Brad Pitt an der Croisette

In der ausgeklügelten Vorbereitung dieses Artikels habe ich mir als unbedingt erwähnenswerten Punkt notiert: "Cannes ist geil." Bei aller differenzierten Diskussion über das Programm, die enttäuschend kleine Präsenz von weiblichen Filmemachern im Wettbewerb und den geringen asiatischen Anteil bleibt festzuhalten: Cannes ist geil.

Zumindest für mich bleibt Cannes ein außerweltliches Erlebnis, so als würde ich das ganze Jahr in Winterfell vorm Kamin brüten und plötzlich einen feuerspeienden Drachen sehen. Einen Drachen mit einer goldenen Armbanduhr in einem matt lackierten Maserati. Wer braucht da noch Game of Thrones? (Ich).

Once Upon a Time in Hollywood

Nichts anderes als bizarr ist der Trubel um dieses Festival. Es lockt Tausende Presseleute, professionelle Filmhändler und Autogrammjäger an, die wiederum von Hunderten Polizisten und Festivalmitarbeitern in Zaum gehalten werden.

Das Festivalzentrum blickt auf die Mittelmeerküste und wird von edlen Strandpartys (hab ich gehört) und teuren Jachten flankiert. Gegenüber gibt es Döner und Franchise-Burger. Mit einer Akkreditierung gehörst du zu einem exklusiven Club, in dessen Zentrum sich ein noch exklusiverer Club befindet, den du durch milchige Fenster angaffen kannst.

Mitten in einer attraktiven Touristen-Gegend öffnet sich ein dunkles Loch, in das Tausende bereitwillig hineinspringen. Sie entsagen zwei Wochen dem Tageslicht - wenn sie nicht gerade stundenlang in der Schlange vor dem Sprungbrett stehen.

Dieses Jahr heißt es warten auf Xavier Dolan (Matthias & Maxime), Céline Sciamma (Portrait of a Lady on Fire) und Bong Joon-ho (Parasite). Und natürlich Leo. Leonardo DiCaprio hat seit vier Jahren, also seit der Bären- und Oscar-Attacke The Revenant - Der Rückkehrer, keinen Film mehr gedreht. Er übermalickt quasi Terrence Malick, der gerade mal zwei Jahre Pause vor seinem Cannes-Mitbewerber Ein verborgenes Leben einlegte.

Ein verborgenes Leben

In Sachen Aufmerksamkeit wird zweifellos Once Upon a Time in Hollywood den Höhepunkt des Festivals von Cannes 2019 markieren. Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie und die halbe Einwohnerschaft von Hollywood spielen mit in dem Film über das Umfeld der Manson-Morde 1969.

Quentin Tarantino feiert mit Once Upon a Time in Hollywood sein Jubiläum

Quentin Tarantino feiert so das 25. Jubiläum seines Palmen-Gewinns mit Pulp Fiction. Damals saß Clint Eastwood der Jury vor. In Nebensektionen liefen Filme von Claire Denis, Ang Lee, Kevin Smith und Michael Haneke, die ich schon immer mal alle in einem Satz nennen wollte.

Vor zehn Jahren war Tarantino ebenfalls in Cannes, diesmal mit Inglourious Basterds. Das damalige Programm liest sich wie ein Prequel des Jahrgangs 2019. Ken Loach war da, der dieses Jahr in Sorry We Missed You seine sozialkritische Kamera auf Paketboten richtet; Pedro Almodóvar, Marco Bellocchio, Elia Suleiman, Bong Joon-ho, Corneliu Porumboiu, Gaspar Noé und Xavier Dolan ebenfalls.

Würde ein Kritiker nach einer Dekade im Koma aufwachen, müsste er sich höchstens über zwei Dinge wundern: Die Espressos im Pressezentrum kommen aus futuristischen Kapseln und in zehn Jahren ist der Frauenanteil im Wettbewerb nur von drei auf vier angestiegen.

Leid und Herrlichkeit von Pedro Almodóvar

Cannes bleibt seinen Autorenfilmern eben genauso treu wie seinen Fehlern. Es bleibt das ideale Festival für einen wie Quentin Tarantino, der sein Werk in den Kontext der Filmgeschichte einfügt wie wenige andere. Er setzt seiner Filmografie eine Deadline.

Ein Korpus von 10 Werken soll es sein, handlich für Generationen von Filmhistorikern, die sich damit auseinander setzen sollen. Sein neunter Film wurde durch den Schnitt gejagt, damit die Rahmung durch das Jubiläum funktioniert. Da sind wir uns so weit einig, der Tarantino und ich: Cannes ist geil.

Meine fünf am meisten erwarteten Filme des Festivals:

Portrait of a Lady on Fire von Céline Sciamma

Portrait of a Lady on Fire

Céline Sciamma hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten fest im Festival-Zirkus etabliert, ob als Regisseurin (Mädchenbande) oder Drehbuchautorin (Mit siebzehn). Portrait of a Lady on Fire vereint sie mit ihrer Water Lilies-Darstellerin Adele Haenel.

In dem Historiendrama erhält eine Malerin anno 1770 den Auftrag, eine angehende Braut zu porträtieren, ohne dass diese es merkt. Klingt nach einem idealen Stoff für die Fachfrau für die sensible und vorurteilsfreie Beobachtung von (weiblichen) Beziehungen.

Once Upon a Time in Hollywood von Quentin Tarantino

Once Upon a Time in Hollywood

Es hat mehrere Jahre und Filme gebraucht, aber seit Death Proof bin ich Quentin Tarantino verfallen. Vor allem freut mich, wie wenig ich mir unter Once Upon a Time in Hollywood vorstellen kann, obwohl ich den Trailer gesehen, als Vorbereitung die Western-Serie Lancer gebingt sowie diverse Podcasts und Filme über Charles Manson konsumiert habe. Das obige Bild fasst meine Haltung zum neuen Tarantino perfekt zusammen.

Parasite von Bong Joon-ho

Parasite

Nach seinem Vegetarismus-Märchen Okja dreht Bong Joon-ho wieder einen kleineren Thriller, der ein bisschen klingt wie die koreanische Version von Jordan Peeles Wir. Zwei Familien aus "extrem unterschiedlichen Umgebungen" kommen in Parasite zusammen. Vor der Premiere schickte Bong übrigens die Bitte an die Presse, den Film nicht zu spoilern.

Little Joe von Jessica Hausner

Little Joe

Nach der verqueren romantischen Komödie Amour fou legt die Österreicherin Jessica Hausner im Wettbewerb Little Joe vor. Darin züchtet eine alleinerziehende Mutter ein Science-Fiction-Pflänzchen namens Little Joe heran, das seinen Besitzer glücklich machen soll. Stellt euch Paddington vor, aber als Pflanze, die vielleicht gar nicht so harmlos ist wie sie aussieht. Ben Whishaw spielt (natürlich) auch mit.

Zombi Child von Bertrand Bonello

Zombi Child

Bertrand Bonellos H&M-Terroristendrama Nocturama war einer meiner Lieblingsfilme 2017, umso gespannter bin ich auf Zombi Child, der in der Nebenreihe Directors Fortnight läuft. Stichpunkte zur Story: Ein wiederbelebter Mann im Haiti 1962 und eine Gruppe von Schülerinnen mit einem dunklen Geheimnis.

Freut ihr euch auf Once Upon a Time in Hollywood von Quentin Tarantino?

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