Das neue Fantasy-Abenteuer In the Lost Lands ist die größte verpasste Chance des Jahres

07.03.2025 - 08:48 UhrVor 2 Monaten aktualisiert
Der Fantasy-Film In the Lost Lands startet heute im KinoConstantin Film
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Fantasy-Fans müssen jetzt stark sein, denn trotz der cleveren Vorlage von Game of Thrones-Autor George R.R. Martin ist die Verfilmung von In the Lost Lands so verloren wie ihr Titel.

Es war einmal ein Schriftsteller namens George R.R. Martin, der 1982, lange vor dem Erfolg seiner später als Serie Game of Thrones verfilmten Buchreihe, eine spannende kleine Fantasy-Geschichte schrieb: In the Lost Lands. Auf nur 15 Seiten erschuf er die magische Welt der Hexe Gray Alys, die von einer Königin ausgeschickt wird, um mithilfe eines Jägers einen Werwolf zu finden. (Nachlesbar im Sammelband Traumlieder 2 *.)

Paul W.S. Anderson (Resident Evil) hat diese 15 Seiten jetzt in 101 Minuten jetzt fürs Kino adaptiert. Doch sein Fantasy-Film mutiert mit jeder tickenden Sekunde zur größten verpassten Genre-Chance des Jahres.

In the Lost Lands will mehr als ein Fantasy-Film sein – und das ist ein Problem

Die Anzahl großangelegter Fantasy-Filme ist dieses Jahr überschaubar. Wenn ein Trailer wie der zu In the Lost Lands ein Abenteuer voller Monster und Magie verspricht, noch dazu nicht als Remake oder Fortsetzung, merken Genre-Fans entsprechend auf. Und auf den ersten Blick hält sich die Verfilmung sogar dicht an die wichtigsten Figuren und Elemente der Vorlage:

Ob arm oder reich, die zauberkundige Gray Alys (Milla Jovovich) weist keine:n Hilfesuchenden ab. Als ihr die junge Königin Melange (Amara Okereke) den Wunsch nach einem Werwolfspelz unterbreitet, um sich selbst in ein Monster zu verwandeln, nimmt die Hexe den Auftrag ebenso an wie den von Melanges Hauptmann Jerais (Simon Lööf), der sie bittet, auf ihrer Mission zu scheitern. In Boyce (Dave Bautista) findet Alys einen Jäger, der sie in die gefährliche Einöde des Verlassenen Landes führt, wo die Bestie hausen soll.

Auf dem Papier klingt das nach einem vielversprechenden magischen Abenteuer. In der Praxis reicht es Regisseur Paul W.S. Anderson allerdings nicht, seinen Kessel nur mit Fantasy-Zutaten zu füllen. Stattdessen mischt er weitere Genres in sein Süppchen, welches dadurch zu einer unappetitlichen Masse verkommt: Er siedelt In the Lost Lands zusätzlich in einem postapokalyptischen Sci-Fi-Setting an und erklärt die bereiste Ödnis zum Überbleibsel einer untergegangenen Zivilisation. Aber ein vager Weltuntergang allein ergibt noch kein Worldbuilding.

Was soll diese "Realitätsanbindung" an eine nicht näher definierte, untergegangene Moderne? Wie passt das zu den übersinnlichen Fähigkeiten der Figuren? Solche Fragen interessieren Anderson nicht. Stattdessen reichert er das Ganze zusätzlich mit Western-Ingredienzen wie Revolverhelden und entgleisenden Zügen an. Fertig ist die Genre-Panscherei. Da hilft selbst die immer wieder eingeblendete, wie aus einem Fantasy-Buch gepflückte Quest-Karte nicht, die Erzählung auf Kurs zu halten.

Wenn In the Lost Lands wenigstens gut aussehen würden ...

Auch optisch versucht In the Lost Lands als Fantasy-Sci-Fi-Action-Western mehreren Vorbildern gleichzeitig nacheifern – und scheitert damit auf ganzer Linie. Das Abenteuer sucht die Coolness von Stephen Kings Der Dunkle Turm, an der schon andere versagten. Es braust durch die trockene Landschaft wie Mad Max: Fury Road, ohne ansatzweise an dieses Level visueller Ekstase heranzukommen. Und es entsättigt seine Bilder, ohne den Stilwillen eines Zack Snyder, als hätte der Film gerade erst den Sepia-Filter entdeckt.

An jeder Ecke stellt sich der Look selbst ein Bein für ein einheitliches Weltgefühl. Das glitzernde Fantasy-Kostüm der perfekt geschminkten Königin beißt sich mit der rostigen Kulisse. In einem Moment fliegen noch zweiköpfige Schlangen durch die Gegend, im nächsten bieten wir schon radioaktiv verseuchten Zombies in einem alten Atomkraftwerk die Stirn. Steampunkige Lokomotiven stampfen durch die von kaputten Windrädern übersäte Landschaft, religiöse Kämpfer zücken ihre Schusswaffen und Sonnenbrillen dienen als Schutz vor Hexenkräften.

Auf dieser zusammengewürfelten Fantasy-Reise geht es wenig subtil zu, wie wie spätestens der (für den Film erfundene) Name des Ziels verdeutlicht: Skull River, der Schädel-Fluss voller Totenköpfe, wo der gesuchte Werwolf in seiner mittelmäßig computeranimierten Gestalt haust. Der immer wieder eingeblendete Countdown eines mechanischen Vollmond-Schaubildes steht im kompletten Kontrast zu den lustlos hingeklatschten CGI-Stationen. Der Mix beschert Enttäuschung an allen Fronten.

In the Lost Lands empfängt den Todesstoß durch sein Personal

Nach Resident Evil und Monster Hunter arbeitet Paul W.S. Anderson erneut mit seinem langjährigen Lieblingsstar (und seiner Ehefrau) Milla Jovovich zusammen, die hier schon wieder eine Alice, Verzeihung: Alys, spielt und zugleich schlechte Erinnerungen an ihre Hellboy-Hexe Nimue wachruft. Darüber, dass Dave Bautista als Jäger Boyce dem weißhaarigen Jüngling der Kurzgeschichte nicht mal ansatzweise gleicht, lässt sich hinwegsehen. Darüber, dass der Rolle jegliches Charisma fehlt, nicht.

Wie jemand glauben konnte, die Hauptfiguren-Kombination von Jovovich und Bautista sei eine gute Idee, bleibt bis zum Ende schleierhaft. Schließlich sind beide eher, nun ja, mimisch reduzierte Schauspielende. Doch wenn auf den Gesichtern der wichtigsten Charaktere so wenig passiert, fällt die Anteilnahme an ihrem Fantasy-Abenteuer schwer. Leinwand-Chemie findet man vielleicht im erwähnten Atomreaktor, nicht aber zwischen diesen zwei Stars.

Hinzu kommt, dass die Nebenfiguren allesamt so uninteressant inszeniert sind, dass man sie bereits wieder vergisst, bevor sie ganz das Bild verlassen haben. Die Twists der Fantasy-Geschichte, die der Game of Thrones-Autor am Ende seiner kurzen Erzählung wie gekonnte Faustschläge abliefert, existieren auch in der Verfilmung. Allerdings hat die Adaption ihr Personal und ihre Welt an diesem Punkt schon so zerstört, dass statt Staunen nur Langeweile bleibt.

Anderson fährt das Ungetüm seines Films wie eine Lokomotive mit Volldampf in den Abgrund. Statt erzwungener Coolness oder erhoffter Leinwandmagie bleibt nichts als Leere zurück. Leere und der quälende Gedanke, was für ein großartiges Fantasy-Abenteuer George R.R. Martins Geschichte in anderen Händen abgegeben hätte.

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