Ist es allein Michael J. Fox anzurechnen, dass diese leichte Komödien-Kost der Neunzigerjahre wie Ein Concierge zum Verlieben irgendwie immer noch nicht vergessen ist, obgleich ihr kein anderes Schicksal (Oder Rikscha? Kleiner Zurück in die Zukunft-Witz) zustünde? Oder erinnern wir uns einfach gerne an die Zeit, als Komödien - ja, so nostalgisch bin ich - aus einer cleveren Idee heraus geboren wurden, um die herum dann, ganz unaufgeregt, der Film aufgebaut wurde. Da gab es ein leichtes Drehbuch, wie bei Doc Hollywood, einen bekömmlichen Charakter mit abgerundeten Ecken und Kanten, Anfang, Hauptteil, Schluss, eine simple runde Sache, der Kreis aus moralischen, erotischen und romantischen Verwirrungen schließt sich und alle gehen sorgenfrei nach Hause = Die Neunzigerjahre-Michael J. Fox-Komödie.
Derlei Komödien sind allerdings nicht umsetzbar, geschweige denn genießbar, fehlt ihnen ein charismatischer Schauspieler wie eben Michael J. Fox, der zwischen 1985 und 1990 gar Tom Cruise (Achtung, Körpergrößen-Witz) auf Augenhöhe begegnete, der in dieser Zeit wohl nicht nur zufällig keinen Film mit ihm gemeinsam drehte: Zu ähnlich sind sich ihre Werdegänge mit ihren Yuppie-Rollen und Vietnam-Dramen, da läuft man eher aneinander vorbei als aufeinander zu. Nur später in den Neunzigerjahren blieb Fox bei der Komödie, während sich Cruise ernsteren Stoffen zuwandte. Die Verdammten des Krieges sollte eine Ausnahme bleiben.
Ein Schauspieler wie Michael J. Fox vermittelt durch seine beharrliche Präsenz in dieser Dekade ein warmes Gefühl von dieser Zeit, den Neunzigern, die wir derzeit zu verklären beginnen. Beim Zurück in die Zukunft-Marathon am 21. Oktober letzten Jahres
in einem Kino in der Nachbarschaft waren über 200 Menschen, größtenteils
Männer, größtenteils im Millennial-Alter, die wahrscheinlich ähnlich denken wie
ich, die beim Zappen hängenbleiben, wenn an einem Sonntagnachmittag ein Michael
J. Fox-Film läuft, auch bei Hilfe! Jeder ist der Größte und auf jeden
Fall bei Teen Wolf und vielleicht sogar bei Hallo, Mr. President. Es gibt ja Kindheitsgerüche. Wenn man etwa frisch gemähten Rasen oder
Baumharz riecht, wird durch eine Assoziation eine komplexe Erinnerung oder ein
unbestimmtes Gefühl in der Magengegend ausgelöst. Für mich ist Michael J. Fox
so eine Art Rasengeruch für die Neunzigerjahre, nur eben in Schauspielergestalt.
Mit der Eitelkeit desjenigen, der sein Versprechen ja tatsächlich eingelöst hatte, konnte Fox in seiner Autobiographie Comeback im Rückblick schreiben, man hätte ihm schon im Grundschulalter die spätere Prominenz angemerkt, wie es manche Prominente eben gerne von sich behaupten. Dass er ein charmantes Kind gewesen sein muss, das schon immer wusste, wie es sein Publikum um den Finger wickeln konnte, das glaubt man Michael J. Fox aber auch einfach zu gerne. Denn genau diesen Lausbubencharme konservierte er in seinen federleichten Komödien, wurde damit aber auch zur Katherine Heigl der Neunziger-Komödie, spielte nämlich immer das Gleiche. So wurde Michael J. Fox jedoch zu einem der präsentesten Schauspieler der Neunzigerjahre.
Das Blöde ist, dass alldem, was ich nun gerade hier
rekapituliert habe, ein tragischer Pragmatismus zugrunde liegt. 1991 war Fox
gerade 30 Jahre alt geworden, da sagt ihm ein Neurologe, er werde seinen Beruf noch
gut 10 Jahre ausüben können, jedoch nur bei korrekter ärztlicher Behandlung der
Parkinson-Krankheit, die zu dem Zeitpunkt seinen kleinen Finger und allmählich
die ganze linke Hand schüttelt. Zehn Jahre, denkt sich Michael J. Fox,
„zehn Jahre, um für die finanzielle
Sicherheit meiner Frau, meines Sohnes und künftiger Kinder zu sorgen.“
Er
entscheidet sich nach der endgültigen Diagnose gegen künstlerisch anspruchsvollere
und risikoreichere Projekte und unterschreibt nach einem Streit mit seiner Frau
Tracy Pollan einen Exklusiv-Vertrag bei Universal, der ihm einen achtstelligen Dollar-Betrag
einbringen wird. „Du wirst in der Falle
sitzen“, hält ihm seine Frau vor, denn, „wir wussten beide, was Universal vorschwebte: ein Remake von Das Geheimnis meines Erfolges nach dem anderen zu drehen, bis es sich wieder
bezahlt machte.“
Und so drehte Fox Michael J. Fox von 1993 bis 1995 für Universal Ein Concierge zum Verlieben, Greedy - Erben will gelernt sein und Hallo, Mr. President und spielt darin jeweils den gewitzten Ninetees-Yuppie mit Buben-Charme und ab 1996 fünf Jahre lang in Chaos City Mike Flaherty, den stellvertretenden Bürgermeister von New York - also das, was er am besten kann, wofür ihn die Zuschauer lieben und wofür er die höchsten Gagen gezahlt bekommt. Noch vor Ablauf der Zehn-Jahres-Spanne zieht Fox sich zurück, übernimmt nur noch einige Sprechrollen (unter anderem als Stuart Little).
Mir steht nur eine begrenzte Zeitspanne zur Verfügung. Dieser Vertrag gibt mir die Chance, das Beste daraus zu machen.
Gänzlich abgetaucht ist er nie, aber mittlerweile muss man ihn in der TV-Landschaft suchen, er drängt sich einem nicht mehr auf. Das Letzte, was ich vor diesem Artikel von ihm gesehen habe, war sein Auftritt in Scrubs - Die Anfänger, wo er zwei Episoden lang den von unkontrollierbaren Ticks geplagten Arzt Kevin Casey spielt – ein äußerst intensiver Gastauftritt, keine Wohlfühlrolle, Charisma statt Charme, ungewohnt gereift und schon etwas ausgezehrt. In seinem größten Projekt seit der Jahrtausendwende zeichnet Fox quasi seinen Therapie-Verlauf nach. The Michael J. Fox Show ist gleichzeitig die Rückkehr zur Sitcom, dem Format, mit dem 1982 mit Jede Menge Familie alles angefangen hat.
Sensibel, selbstironisch und durchaus gezeichnet von der Krankheit zeigte sich Fox in der Serie. Er ist eben doch nicht das ewige Milchgesicht mit den seidig geföhnten blonden Scheitelfrisuren, das, die Hände in den Taschen, die Schultern leicht hochgezogen, lässige Seitenblicke, ein Schielen auf die Popularität und den Jubel, der hinter ihm entbrennt, auf Talkshow-Sofas hüpft, wie damals nach Zurück in die Zukunft, als er Reagan-Amerika elektrisierte. Aber er hat immer noch dieses großartige Timing. Er ist immer noch der Michael J. Fox, der Eric Stoltz nach ein paar Wochen Drehzeit als Marty McFly ersetzte, weil er cooler, lässiger, witziger war. Die Komödien der Neunzigerjahre mag er sich aufgebürdet haben, auch die Rückkehr zur Sitcom, beidem ist und war er jedoch stets eine große Bereicherung.