Es folgen Spoiler zu Thor 4: Es ist schwer, sich an einem so schönen Menschen wie Chris Hemsworth sattzusehen, aber das MCU hat in den letzten 11 Jahren ganze Arbeit geleistet. Thor 4: Love and Thunder läuft seit dieser Woche in den Kinos. Die Thor-Quadrologie summiert sich zu 4 Avengers-Auftritten. Nochmal: 4 Solo-Filme. Das ist sehr, sehr viel, selbst in der Sequel-Maschine MCU. Die beliebtesten Superhelden/Darsteller-Kombinationen der letzten 20 Jahre legten nach 3 Einzelbeiträgen die Capes beiseite: Christian Bales Batman, Tobey Maguires Spider-Man, Chris Evans' Captain America und Robert Downey Jr.s Iron Man.
Chris Hemsworth hat der Marvel-Figur deutlich mehr Lebenszeit geopfert als die Superhelden-Gesetze verlangen. Nun braucht der Australier bestimmt keine Karrieretipps. Es läuft bei ihm. Aber weil jede weitere Thor-Minute nach dem Love and Thunder-Finale dem Schauspieler und seiner Figur schaden würde, fühle ich mich zu diesem wirklich nett gemeinten Appell gezwungen: Lieber Chris Hemsworth, liebes MCU, es ist Zeit, den Donnergott loszulassen.
Thor 4 im Kino: Chris Hemsworth hat alles aus dem Donnergott rausgeholt
Die erste und nie ausreichend hervorgehobene Leistung von Chris Hemsworth war, dass er eine Figur cool gemacht hat, die in den Comics einen Helm mit Federn trägt. Das haben auch die blond gefärbten Augenbrauen nicht verhindert, die der Darsteller in den ersten Asgard-Jahren aus irgendeinem Grund trug. (Seriously, wer hat sich das ausgedacht?)
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Die Figur ist zusammen mit ihrem Darsteller gewachsen – auch physisch. Die schrankartigen Körperideale gezeichneter Comic-Superhelden sind eigentlich nicht nachahmbar. Der Fitness-Freak Chris Hemsworth näherte sich ihnen weiter an als menschenmöglich.
In Thor 4 widmet sich eine minutenlange Gaff-Szene den Ergebnissen seines unbändigen Trainingsdrangs. Körperlich hat Hemsworth alles aus der Figur herausgeholt. (Allein aus gesundheitlichen Gründen sollte man ihn von der Rolle abziehen, denn Muskelaufbau wird mit dem Alter nicht leichter.)
Vor allem aber hat Hemsworth in den Thor-Jahren bewiesen, dass er massigen Figuren Tiefe verleihen und sie mit Humor ausbalancieren kann. Auch deshalb wurde er für das Hulk Hogan-Biopic besetzt.
Er arbeitete zielgerichtet an der Ausschürfung des Helden. Sein eigenes makelloses Männklichkeitsbild ödete ihn nach Thor 2 so sehr an, dass er zusammen mit Taika Waititi die Figur systematisch verletzte.
In Thor 3 ging es darum, alle Regeln zu brechen. Im Sinne 'Sobald es sich vertraut anfühlt, tu etwas anderes', und Taika Waititi hat die gleiche Vision und das gleiche 'Alles ist möglich'-Ding.
Hemsworth ermöglichte dem Avenger eine MCU-Charakterreise, die noch vollendeter ist als sein brotkastenartiger Bizeps. Der nordische Gott begann 2011 als gedankenloser Playboy. In Thor 4 sehen wir ihn ... wieder als gedankenlosen Playboy. Nur breiter als vor 11 Jahren, besser angezogen – und zutiefst traumatisiert.
Thor 4 hat genug gelitten für 20 Superheldenleben
Damit ein Muskel wächst, muss man ihn zuerst belasten. Wenn er sich wieder erholt, wird er größer und kräftiger. In dieser Fitness-Analogie ist selbstverständlich Thor der Muskel und der wurde häufiger belastet als jeder andere Avenger.
Schaut euch Yves Meinung zu Thor 4 an
Thor 4 beginnt mit einer verdichteten Darstellung dessen, was der Superheld in seiner Karriere durchmachen musste: Vom Bruder Loki betrogen, den dennoch geliebten Bruder mehrfach verloren, Mutter gestorben, Vater gestorben, Freunde wie Heimdall gestorben, die Heimatwelt Asgard zerstört. Wenn man das alles so geballt sieht, kriegt man Mitleid mit dieser fiktiven Figur. Es ist mehr als genug für ein Superheldenleben.
Taika Waititis neuer Film zeigt einen Helden, der sich von diesen Verlusten erholt hat. Thor wirkt glücklich, er hat Spaß. Nur angekommen ist er noch nicht. Das hat einen besonderen Grund: Dass der Donnergott nach dieser T(h)ortur überhaupt nochmal zurückkehren konnte und sogar was zu erzählen hat, ist einem MCU-Glitch geschuldet. Die Reihe hatte etwas nachzuholen.
Thor 4 löst den letzten offenen Konflikt in der Donnergott-Vita: Jane Foster
Thor 4 gibt zwar vor, als wäre das alles geplant gewesen, aber Natalie Portmans plötzlicher Abgang als Jane Foster nach Thor 2 war so natürlich nicht vorgesehen. Ein Streit mit den MCU-Verantwortlichen verhinderte die frühere Rückkehr und Jane Fosters Abwesenheit war lange ein Elefant im Raum, um den MCU-Drehbücher herumschrieben.
Die Thor-Geschichte hätte sich ohne ein letztes aussöhnendes Gespräch zwischen Jane und Thor rumpfartig angefühlt. In Love and Thunder erfahren wir, dass das Paar sich auseinanderlebte und Thor natürlich nie über die Trennung von seiner großen Liebe hinweggekommen ist. An neuen Punkten in ihren Biografien angelangt, finden beide wieder zueinander. Die große Liebesgeschichte, die die ersten beiden Filme prägte, findet einen tragischen Abschluss.
- Lest unser Thor 4-Interview mit Taika Waititi
Jane stirbt an ihrer Krebserkrankung, der nächste Verlust für Thor. Ihre komplexe Geschichte wird damit zu einem Erzählelement, dass am Ende vor allem Thor wachsen lässt. Die unvollendete Beziehung fesselte ihn an die Vergangenheit. Janes Tod befreit ihn sozusagen ins Erwachsenenleben, was uns der Film (glaube ich) verdeutlichen will, indem er dem Donnergott das Kind des Schurken an die Backe klebt, den er gerade erst kennengelernt und besiegt hat.
Es ist ein eigenwilliges, aber schönes Ende, das genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Seinen Zenit hatte der Held nämlich schon vor Thor 4 überschritten.
Chris Hemsworths großartige MCU-Reise hat einen natürlichen Endpunkt erreicht
Wir sehen in Love and Thunder zwar den am besten gelaunten Thor – aber nicht den besten Thor. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird er zum reinen Marvel-Clown. Das wäre fatal, denn wirklich großartig war der Donnergott, als er in Avengers: Infinity War taub vom Schmerz über die Zerstörung seiner Heimat durch einen Tränenschleier mit den Guardians of the Galaxy scherzte. Oder in Avengers: Endgame, als gescheiterter, gedemütigter Mann, der mit grimmigem Blick dann doch auf den zuvor verfehlten Thanos-Kopf zielte.
Thor 4 ist das Kontrastprogramm dazu – eine Superheldenkomödie mit vielen Witzen, schreienden Ziegen und einem fantastischen Russell Crowe-Zeus, die nebenbei ein bisschen in der Thor-Seele aufräumt. Sie will ihren Helden nicht noch mehr leiden lassen, sie will noch ein letztes Mal Spaß haben mit dieser großartigen Figur
Chris Hemsworth ist der größte Muskel dieses Filmuniversums. Aber wenn Muskeln zu sehr belastet werden, ermüden sie erst und dann reißen sie. Das weiß Chris Hemsworth eigentlich am besten.
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