Netflix-Film Extraction: So entkommt Chris Hemsworth den Avengers nie

24.04.2020 - 14:30 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Tyler Rake: ExtractionNetflix
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Chris Hemsworth ballert sich durch den neuen Netflix-Film Tyler Rake: Extraction. Dabei stellt sich die Frage: Warum dreht der Thor-Darsteller so einen Möchtegern-Rambo?

Jeder Chris könnte Tyler Rake spielen, egal ob Hemsworth, Pratt, Evans oder Pine. Die beiden größten schauspielerischen Hindernisse der Hauptfigur aus Tyler Rake: Extraction sind die körperliche Fitness und das australische Englisch. Warum nun ausgerechnet Chris Hemsworth den Helden des neuen Netflix-Films spielt, erschließt sich auch nach dem Abspann nicht. Seine australische Herkunft überzeugt als Grund jedenfalls nicht.

Produziert von den Avengers-Machern Joe und Anthony Russo, ist Tyler Rake: Extraction ein harter, ironiefreier Militär-Reißer, dessen Action sich kräftig bei John Wick, The Raid 2 und anderen bedient. Dabei liefert der generische Baller-Marathon abseits vom Kugelsturm kaum einnehmende Qualitäten. Das liegt auch am Möchtegern-Rambo Tyler Rake selbst: In dieser Rolle ist Hemsworth schlicht langweilig und das ist zum Teil seine Schuld.

3 Dinge, die ihr über Tyler Rake: Extraction wissen solltet:

  • Joe und Anthony Russo, die Regisseure von Avengers: Endgame, haben Tyler Rake: Extraction mit ihrer Produktionsfirma AGBO produziert, Joe Russo schrieb auch das Skript.
  • Das Russo-Label sollte niemanden täuschen. Der Film ähnelt weder in Ton noch Story dem Marvel-Universum, sondern Genre-Kollegen wie Lone Survivor, Act of Valor, Tränen der Sonne und Operation: 12 Strong.
  • In den ersten 20 Minuten tötet Tyler Rake jemanden mit einem Rechen, aber leider geht er dann zu anderen Waffen über.
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Tyler Rake: Extraction - Darum geht's im Baller-Marathon bei Netflix

Wenn Tyler Rake nicht gerade um sich schießt, sitzt er am liebsten angetrunken im Schneidersitz am Boden eines Sees. Tyler muss nämlich selbst aus einem privaten Trauma extracted werden. Gegenüber Bindungen und sonstigen Emotionen hat er sich abgeschottet. Seinen Job als international agierender Söldner übt er ohne Nachfragen aus. Bis ein neuer Auftrag eine Gewissensentscheidung abverlangt.

Schaut euch den Trailer für Tyler Rake: Extraction an:

Tyler Rake: Extraction - Trailer (Deutsch) HD
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Als Ovi (Rudhraksh Jaiswal), der Sohn eines indischen Drogenbosses, von einem Konkurrenten aus Bangladesch entführt wird, stürzt sich Tyler in die neue Aufgabe. Doch die Situation in Dhaka verkompliziert sich und Tyler steht vor einer ungewohnten Frage: Was wäre eigentlich das beste für den Jungen?

Zu den überraschenden Hürden gehört unter anderem Randeep Hooda als Saju, der ebenso wie Tyler hinter dem Jungen her ist. Zwischen schematisch fiesen Bösewichten macht der indische Darsteller am meisten Eindruck. Saju ist als einzige Figur kein Abziehbild. Ein ernstzunehmender Gegenspieler für den fast unschlagbaren Thor - äh - Tyler ist er noch dazu.

Brachiales Herzensprojekt der Avengers-Macher

Für ihr brachiales Herzensprojekt Tyler Rake haben die Russo-Brüder einen Fachmann engagiert. Stunt-Koordinator und Chris Evans-Double Sam Hargrave sitzt erstmals auf dem Regiestuhl und seine langjährige Erfahrung ist spürbar. Die Action-Inszenierung ist um ein Vielfaches ansehnlicher als das, was die Russos etwa bei ihrem großen Avengers-Doppelschlag abgeliefert haben.

Hemsworths Rake schießt und prügelt sich durch die Straßen und Apartments von Dhaka, er liefert sich Verfolgungsjagden und wird von Motorhauben gegen Wände geschleudert. Abwechslung beim Töten ist das oberste Gebot in Tyler Rake: Extraction und eine Stärke des Films. Mal schießt der Held im Nahkampf wie John Wick, dann schwingt er eine Klinge wie Iko Uwais in The Raid 2.

Das 12 Minuten lange Kernstück des Netflix-Films

Die großen Vorbilder sind offensichtlich, bleiben aber auch ein schwer abzuschüttelnder Schatten. Kernstück des Films ist eine aufwendige 12-minütige Sequenz ohne sichtbare Schnitte, in der die Kamera bei einer Verfolgungsjagd fließend von Auto-Kollisionen hinein zum Lenkrad und wieder hinaus auf die Straße gleitet.

Chris Hemsworth und Rudhraksh Jaiswal

Der Aufwand beeindruckt ebenso wie Hargraves spürbare Leidenschaft für handfeste, körperbetonte Action. Gleichzeitig verliert die Sequenz an Authentizität. Die Übergänge wirken unnatürlich und forciert. Die Action schwankt zwischen viszeralem Eindruck und distanzierter Bewunderung.

Das mag man als Kritik auf hohem Niveau ansehen, allerdings würde auch das nur für das gegenwärtige Hollywood-Kino gelten. In Filmen wie Wolf Warrior 2, Operation Red Sea, BuyBust, The Night Comes for Us oder eben The Raid und dessen Nachfolger hat man vergleichbare Szenarien eben schon in deutlich besserer Ausführung gesehen. Beim letzten großen Netflix-Actionfilm 6 Underground wurde die Action zwar impressionistisch aufgebröselt, doch jedes Fragment für sich besaß mächtig Drall und Energie. Man denke nur an die wahnwitzige Verfolgungsjagd durch Florenz.

Chris Hemsworth als Tyler Rake - warum eigentlich?

Als annehmbaren Action-Reißer kann man Tyler Rake: Extraction natürlich trotzdem wegschauen. Allerdings betont der Film die schauspielerischen Grenzen von Chris Hemsworth. Flache Actionhelden kann der Thor-Darsteller kaum mit Leben füllen und die muskulöse Sensibilität eines Sylvester Stallone geht ihm auch ab. Actionstars wie Stallone, Bruce Willis oder Keanu Reeves lassem klischeebeladene Szenarien durch ihr Charisma einzigartig wirken. Ihre Präsenz formt den Film mit.

Chris Hemsworth und Rudhraksh Jaiswal

Hemsworth spielt nicht in derselben Klasse. Sein Thor begeisterte nicht nur durch seinen stählernen Körper, sondern vor allem seine arrogante und manchmal einfältige Göttlichkeit. In Thor 3: Tag der Entscheidung, Ghostbusters und Vacation - Wir sind die Griswolds zeigte der Australier sein Comedy-Talent. Chris Hemsworths Leinwand-Image ähnelt einem Channing Tatum oder gar Dwayne Johnson. Das Zwinkern liegt ihm. Der todernste Rambo-Verschnitt aus Tyler Rake: Extraction dagegen sieht wie harte Arbeit aus.

Es ist ein langweiliger Auftritt, was immer dann auffällt, wenn Tyler Rake zur Abwechslung stehen bleibt und spricht. Dafür trägt das Drehbuch von Joe Russo eine Mitverantwortung, aber Hemsworth ebenso. Sollte Chris Hemsworths MCU-Laufbahn einmal enden, wird sich niemand an Tyler Rake: Extraction erinnern. Ein weiterer Netflix-Film, der in den Content-Fluten verschwindet. Doch auch Marvel-Stars erhalten nur begrenzte Chancen, sich ohne Superheldenkostüm zu beweisen. Diese hier blieb ungenutzt.

Hört den Podcast zu Tyler Rake: Extraction!

Im Kurz-Check über den neuen Netflix-Film gehe ich noch etwas tiefer auf die Action ein, falls ihr gerade noch unentschieden seid, ob ihr das Wochenende mit Tyler Rake verbringen wollt.

Habt ihr Interesse an Tyler Rake: Extraction?

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