Sci-Fi-Thriller von Tarantino-Kumpel über Gedankenkontrolle war 20 Jahre in Arbeit – und dann das

30.05.2023 - 16:00 Uhr
Hypnotic lief in den Midnight Screenings von Cannes
Double R Productions
Hypnotic lief in den Midnight Screenings von Cannes
0
0
Von From Dusk Till Dawn, Sin City und Alita ist im neuen Science-Fiction-Film von Robert Rodriguez nichts zu spüren. Selbst Ben Affleck spielt in Hypnotic wie ein Schlafwandler.

Die Entstehungsgeschichte des neuen Science-Fiction-Films von Robert Rodriguez liest sich twistreicher als sein Drehbuch. Seit 20 Jahren träumt der Sin City- und Alita-Regisseur von der Verfilmung, die dann dreimal pausiert wurde, in einen Rechtsstreit stürzte und der Finanzier insolvent ging. Trotz aller Widerstände stellte Rodriguez den Film fertig.

Bei den Filmfestspielen in Cannes präsentierte er das Ergebnis in den nachsichtigen Midnight Screenings (um die Zeit jubelt man schon, um im Kino wach zu bleiben), Hypnotic stellte sich jedoch als langweiliger heraus, als man es von einem Robert Rodriguez-Film erwarten konnte. Der schlafwandelnde Ben Affleck trägt daran eine Mitschuld.

In dem Sci-Fi-Film stolpert Ben Affleck über eine Verschwörung

Auf dem Papier hat Affleck seinen eigenen kleinen Inception-Verschnitt ergattert, mit einem ordentlichen 80-Millionen-Budget, einem gestandenen Kult-Regisseur und in Gestalt von Alice Braga einer Kollegin, die selbst aus dem schmalsten Drehbuch noch etwas herausholen kann.

Affleck spielt den Ermittler Daniel Rourke, dessen Tochter entführt wurde. Ähnlich wie John Travoltas trauernder Papa in Im Körper des Feindes wird er von Flashbacks zu diesem Tag verfolgt. Bei der Observation eines geplanten Überfalls bemerkt er The Dark Knight-Bank-Manager William Fichtner, der Fremde mit wenigen Worten wie Marionetten seinem Willen unterjocht. Mithilfe der Wahrsagerin Diana Cruz (Alice Braga) geht Rourke der Sache auf den Grund.

Der Trailer für Hypnotic:

Hypnotic - Trailer (English) HD
Abspielen

Irgendwann in Hypnotic biegt sich wirklich eine Skyline über den Himmel, wie in Inception und wer dachte, dass Doctor Strange die Billo-Version davon zeigt, wird bei Rodriguez Zeuge eines ungeahnten Effekte-Preissturzes. So unglaubwürdig und unmotiviert platzt das semi-surreale Spektakel in den Film.

Aufgesetzt wirkt der Inception-Moment auch, weil Hypnotic ansonsten ein recht bodenständiger Sci-Fi-Thriller ist. Seine traumartige Atmosphäre zieht er in erster Linie aus bizarren Situationen: eine Frau, die sich mitten auf der Straße auszieht; zwei Cops, die einander mit der Waffe bedrohen. Mit Nolans Traumwelten kann Hypnotic sowieso nicht mithalten, was den Film an sich nicht schlechter macht.

Hypnotic ist eine große Enttäuschung von Tarantino-Kumpel Rodriguez

Eine riesige Enttäuschung ist Hypnotic, weil Rodriguez ihn wie eine 90-minütige Expositionsorgie erzählt, die aufhört, als es richtig losgeht. Anders als bei seinem Spezi Quentin Tarantino schaut man Rodriguez-Filme in der Regel nicht wegen der Dialoge (außer sie stammen von Frank Miller oder Tarantino selbst), sondern wegen spektakulärer Gewalt-Einlagen, originell inszenierter Action und einprägsamen Charaktermomenten. Hypnotic bietet nichts davon, sondern versenkt sich in die ermüdende Erklärung seines Sci-Fi-Konzepts, ohne uns begreiflich zu machen, warum das irgendjemanden interessieren sollte.

Nach der überraschend guten Sportschuh-Dramödie Air - Der große Wurf erweist sich Hypnotic überdies als Rückschlag für Ben Afflecks Comeback. Affleck fehlt, was wirklich starke Action-Stars und Leading Men wie Tom Cruise, Jason Statham oder selbst Gerard Butler ausmacht. Sie wachsen über schwach geschriebene Figuren hinaus und füllen die entstehende Lücke mit der geballten Macht ihrer Star-Persona. Was manchmal den Eindruck hinterlässt, sie spielten immer dieselbe Figur. Hypnotic braucht so einen Star, um halbwegs zu unterhalten.

Hypnotic

Ben Affleck ließ diese Qualität schon bei seinem Auftritt in Pearl Harbor vermissen, bei seiner Daredevil-Einlage und seinem Einsatz als Jack Ryan in Der Anschlag, oder auch: während seiner gesamten Blockbuster-Karriere.

In Hypnotic betreibt er Schauspielerei nach Zahlen, wirkt kaum involviert und wandert im Autopilot durch die Twists des Drehbuchs. Umso trauriger ist das, weil diese Art Film mit diesem Budget kaum noch in Hollywood gedreht wird. Ein Sci-Fi-Thriller mit Star-Power ohne Franchise-Anbindung. Aber das allein verwandelt Hypnotic nicht in einen guten Film – egal zu welcher Uhrzeit man ihn schaut.

Hypnotic kommt am 10. August in die deutschen Kinos.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News