Tarsem Singh hat mit Self/less - Der Fremde in mir einen im wahrsten Sinne des Wortes unpopulären Film gedreht. In Amerika war seine filmische Kritik am Kapitalismus und am Transhumanismus ein Flop und auch die meisten Kritiker verrissen das Werk. Zu fragen ist, ob das wirklich allein an der Qualität des Films liegt, die im Vergleich zu vielen anderen, teils sehr gelobten Filmen des Jahres gar nicht so schlecht ist. Kann es nicht eher sein, dass die Botschaft des Films überhaupt nicht gut ankam? In einer Zeit, in der der Machbarkeitswahn regiert, macht man sich mit einem Plädoyer für Grenzen und die Anerkennung des Schicksals nicht beliebt.
Erzählt wird die Geschichte eines krebskranken Milliardärs, dem ein transhumanistisches Unternehmen eine strenggeheime und äußerst innovative Verjüngung für 250 Millionen Dollar anbietet. Der Milliardär (gespielt von Ben Kingsley) kann dabei sein Bewusstsein in den Körper eines jungen und attraktiven Mannes transferieren lassen und so seine Zeit auf Erden verlängern. Die Versprechungen des Unternehmens erinnern eindeutig an die Ideen, die Ray Kurzweil mit seiner Singularitäten-Forschung verfolgt und bei der der Mensch in digitaler Form bald ein ewigen Leben ‚genießen‘ soll bzw. der Mensch und vor allem die Menschlichkeit eigentlich abgeschafft werden. Der Milliardär willigt in diesen Pakt ein, auch weil man ihm versichert, dass dieser junge Körper nicht einem Menschen gehört, sondern im Labor gezüchtet wurde. Wenig später stellt sich aber heraus, dass dem keineswegs so ist: Der Körper gehörte einem Mann (gespielt von Ryan Reynolds), der aus finanzieller Not heraus seinen Körper und also sein Leben verkaufte, damit seine Tochter überleben kann. Self/less konfrontiert uns in aller Deutlichkeit mit der kapitalistischen Ideologie, die den transhumanistischen Überlegungen zugrunde liegt. Das ewige Leben ist nur etwas für die, die es sich leisten können. Wir denken dabei aber auch an das Thema Leihmutterschaft: Arme Frauen aus der Dritten Welt werden als Gebärmaschinen versklavt, damit westliche Reiche ihre diffusen Kinderträume verwirklichen können.
Der Milliardär, nun ein spät Geläuterter, erkennt die tieferen Zusammenhänge des Kapitalismus und er begreift, dass er selbst Teil des Problems ist. Self/less ist nicht nur deshalb ein mutiger Film.
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